Endstation Grenze  

erstellt am
04. 04. 07

Österreichische Polizisten bilden Grenzwachebedienstete in den EU-Staaten Ost- und Südosteuropas im Erkennen gestohlener Kraftfahrzeuge aus. Mit Erfolg.
Wien (bmi) - Der VW-Transporter mit dem tschechischen Kennzeichen näherte sich dem Grenzübergang Röszke an der ungarisch-serbischen Grenze. Die ungarischen Grenzwachebeamten begannen mit der Kontrolle des Kraftfahrzeugs und wurden misstrauisch. Kurze Zeit später stellte sich heraus, der Wagen war in Deutschland gestohlen worden. Die Fahrzeuginsassen, bulgarische Staatsbürger, wurden vorläufig festgenommen.

Es war das erste Auto, das die Grenzwachebeamten im Rahmen einer Schulung im Erkennen gestohlener Kraftfahrzeuge kontrolliert hatten. Die Ausbildung erfolgte durch Polizeibeamte aus Österreich. Seit Februar 2007 bilden die Österreicher in zehn viertägigen Kursen an ungarischen Grenzübergängen bis zu 20 Grenzwachebeamte pro Turnus aus. In Zahony und Beregsurany an der unkrainischen Grenze sowie in Röszke und Tompa an der serbischen Grenze wurde die Ausbildung bereits beendet; im April 2007 werden die Kurse in Nagylak und Gyula an der rumänischen Grenze abgehalten; im Juni in Artand und Csenger (ebenfalls an der rumänischen Grenze) und im Juli 2007 in Letenye und Dravaszabolc an der Grenze zu Kroatien.

Die Ausbildung durch österreichische Experten ist eine Folge der Schengen-Evaluierung der ungarischen Landgrenzen im Mai 2006 während der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft. Die Prüfgruppe unter Oberstleutnant Werner Fasching vom Bundesministerium für Inneres stellte damals einen hohen Schulungsbedarf der ungarischen Grenzwache im Erkennen gestohlener Kraftfahrzeuge fest. Auch die zu den ungarischen "Focal Point Offices" entsandten österreichischen Beamten bemängelten die fehlende Ausbildung in diesem Bereich. "Focal Point Offices" sind Dienststellen an der Schengen-Außengrenze Österreichs, Deutschlands und Italiens, in denen Grenzwachebeamte aus den Mitgliedstaaten zusammenarbeiten.

Bei einer Strategiebesprechung wurde der ungarischen Grenzwache eine Ausbildung durch österreichische Trainer angeboten. Gleichzeitig wurde die vom österreichischen Experten Oberst Reinhard Lintner geleitete Ausbildungseinheit der Europäischen Grenzschutzagentur Frontex ersucht, die Ausbildung zu koordinieren. Frontex übernahm die Kosten für die österreichischen Trainer und für die Ausstattung der Grenzwachebeamten mit den notwendigen Ausrüstungsgegenständen, wie etwa UV-Lampen und Leuchtlupen.

Im Mai 2007 werden auch slowakische Grenzwachebeamte im Erkennen gestohlener Kraftfahrzeuge ausgebildet; im Herbst 2007 wird das Schulungsprogramm auf die Grenzwache in Estland, Lettland und Litauen ausgedehnt. Für 2008 sind Kurse für die Grenzpolizei in Bulgarien und Rumänien geplant.

EU-Grenzschutzagentur FRONTEX
Frontex mit Sitz in Warschau ist zuständig für die Unterstützung, Koordination und Finanzierung von Operationen der Mitgliedstaaten an den EU-Außengrenzen. Vorläuferin war die 2002 eingerichtete Common Unit mit operativen Fachzentren, darunter das Trainingszentrum (ACT) in Traiskirchen, Niederösterreich. Am 26. Oktober 2004 beschloss der Rat die Errichtung der "Europäischen Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union" (Frontex). Die Agentur wurde am 1. Mai 2005 formell gegründet und nahm am 3. Oktober 2005 den operativen Betrieb auf. Die neue Zentrale von Frontex in Warschau ist im März 2007 bezogen worden.

Die Aufgaben:

  • Koordination der operativen Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten an den Außengrenzen,
  • Erstellung periodischer und maßgeschneiderter Risikoanalysen,
  • Unterstützung der Mitgliedstaaten bei der Ausbildung ihrer nationalen Grenzschutzbeamten zur Schaffung gemeinsamer Ausbildungsstandards,
  • Verfolgung der Entwicklung der Forschung im Bereich Grenzsicherheit,
  • Unterstützung der Mitgliedstaaten in Situationen, die eine verstärkte technische und operative Unterstützung an den Außengrenzen erfordern (z.B. Bereitstellung von Spezialgeräten),
  • Unterstützung der Mitgliedstaaten bei der Organisation gemeinsamer Rückführungen.


Frontex besitzt eigene Rechtspersönlichkeit und hat ein autonomes Budget, großteils aus Mitteln des EU-Haushalts. 2006 betrug das Budget 12,4 Millionen Euro. 2007 22,2 Millionen Euro. Wichtigstes Organ ist der Verwaltungsrat, der sich aus zwei Vertretern der Europäischen Kommission und jeweils einem Vertreter der EU-Mitgliedstaaten sowie der Schengen-assoziierten Länder Island und Norwegen zusammensetzt. Rumänien und Bulgarien sowie die Schweiz haben Beobachterstatus. Zu den wichtigsten Aufgaben des Verwaltungsrats zählen neben der Ernennung des Exekutivdirektors und seines Stellvertreters vor allem die Festlegung des Arbeitsprogramms sowie Entscheidungen über Budget und Personal. Österreich ist im Verwaltungsrat durch Brigadier Robert Strondl (Leiter des Referats II/2/a im BMI) vertreten, Ersatzmitglied ist Oberstleutnant Werner Fasching (ebenfalls Referat II/2/a). Exekutivdirektor ist der Finne Ilkka Laitinen. In den Mitgliedstaaten besteht ein National Frontex Point of Contact (NFPOC).

Frontex hat mit Europol und OLAF strategische Kooperationsabkommen unterzeichnet, operative Kooperationsabkommen werden angestrebt, um den Informationsaustausch verbessern zu können.

European Mid-Level Course
Für die Ausbildung von Grenzpolizisten der EU-Mitgliedsländer hat Frontex heuer vier "European Mid-Level Courses" vorgesehen. Die Kurse dauern je vier Wochen und finden in vier Ländern statt (Deutschland, Litauen, Ungarn und Slowenien). Ein Kurs umfasst 15 Teilnehmer aus 15 Staaten. Der erste Kurs begann am 5. März 2007 in Lübeck und endete am 30. März 2007 in Laibach. Aus Österreich nahm Kontrollinspektor Rudolf Dax vom Polizei-Kooperationszentrum Nickelsdorf im Burgenland teil. Zielgruppen des Kurses sind "1st Lieutenant" und "2nd Lieutenant", das entspricht dem E2a-Personal auf den österreichischen Grenzdienststellen.

Ziel des Kurses ist, jungen polizeilichen Führungskräften nicht nur weitergehende Kenntnisse über Führungs- und Einsatzstrukturen anderer Grenzpolizeien zu vermitteln, sondern ihnen darüber hinaus die Möglichkeit zu eröffnen, das eigene Wissen über polizeiliche Zusammenarbeit zu optimieren und die grenzpolizeiliche Aufgabe als europäische Gemeinschaftsaufgabe zu betrachten. Kursschwerpunkt ist die Vermittlung polizeitaktischer Grundlagen, Abläufe, Verfahren und Einsatzstrukturen in den jeweiligen Staaten. Seminarsprache ist Englisch. Die Gesamtkosten werden von Frontex getragen. Der nächste Kurs beginnt am 21. Mai 2007.

 
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