Viel Antikörper. Wenig Krebs?  

erstellt am
16. 04. 07

Wien (meduni) - Hochwirksame IgE-Antikörper, die sich gegen Tumore richten, können nach einer aktiven Immunisierung im Körper selbst hergestellt werden. Entscheidend für diesen im Tiermodell erzielten Erfolg ist die geschickte Kombination zweier bereits etablierter experimenteller Methoden. Die Ergebnisse werden nun in Cancer Research publiziert und sind Teil einer vom Österreichischen Wissenschaftsfonds FWF unterstützten Arbeit. Die im Rahmen des Projekts hergestellten Antikörper zählen zu einer Klasse, die auch eine wesentliche Funktion bei der Entstehung von Allergien haben. Somit werden die Ergebnisse eine zentrale Rolle auf dem heute in Wien eröffneten 1. International AllergoOncology Symposium einnehmen.
AllergikerInnen ist das Immunglobulin E (IgE) bestens bekannt. Ist es doch diese Klasse von Antikörpern, die eine wesentliche Funktion bei den leidigen Immun-Überreaktionen einnimmt. Auch OnkologInnen kennen das IgE gut. Zahlreiche umfassende Studien zeigen nämlich, dass Personen mit erhöhten IgE-Werten signifikant seltener an bestimmten Krebsarten erkranken. Oder mit anderen Worten: AllergikerInnen haben ein geringeres Krebsrisiko.

Allergie & Krebs
"Tatsächlich aber richtet sich das IgE, das im Laufe einer Allergie gebildet wird, nicht gegen einen Krebstumor, sondern gegen den allergieauslösenden Stoff wie zum Beispiel Pollen", erläutert Studienleiterin Prof. Erika Jensen-Jarolim, Leiterin des Instituts für Pathophysiologie der Medizinischen Universität Wien. "Dass IgE trotzdem auch gegen Tumore wirkt, ist eher ein erfreulicher Nebeneffekt der hohen Wirksamkeit dieser Klasse von Antikörpern. Unser Ziel war es nun, diese für Allergien typische Klasse von Antikörpern mit einer direkten Wirksamkeit gegen Tumore zu versehen. Gleichzeitig sollte der Körper mittels aktiver Immunisierung zu einer dauerhaften Produktion des IgE angeregt werden."

Letzteres - eine aktive Immunisierung gegen bestimmte Tumore - gelang der Gruppe um Prof. Jensen-Jarolim bereits vor einiger Zeit in Mäusen. Doch auf Grund der gewählten Art der Immunisierung (Injektion unter die Bauchdecke) gehörten die produzierten Antikörper zur IgG-Klasse. Eine Art von Antikörpern, die eine deutlich geringere und kürzere Wirkung gegen Tumore zeigen als IgE-Antikörper.

Durch den Magen
Damit nun aber die Immunisierung die gewünschte Aktivierung von IgE hervorruft, machte sich Prof. Jensen-Jarolim ein anderes erfolgreiches Ergebnis ihrer Arbeitsgruppe zu Nutze, welches im Rahmen eines weiteren FWF-Projekts über Nahrungsmittel-Allergien erzielt wurde. Dieses Ergebnis belegt, dass es Nahrungsmittel-Peptide schaffen, IgE-abhängige Immunreaktionen zu provozieren, wenn sie den sauren Bedingungen im Magen widerstehen.

So fütterte das Team um Prof. Jensen-Jarolim Mäusen ein Peptid, das starke Ähnlichkeit mit einem Tumor-Peptid hat. Gleichzeitig wurde die Ansäuerung im Magen reduziert und so die Verdauung des Peptids verhindert. Tatsächlich trat in der Folge eine Art allergische Reaktion gegen dieses tumorähnliche Peptid auf - die Mäuse produzierten tumorspezifische IgE-Antikörper. Damit gelang weltweit die erste aktive IgE-stimulierende Tumorimpfung.

Für Prof. Jensen-Jarolim kommt die Veröffentlichung dieser Arbeit in Cancer Research zu einem persönlich sehr erfreulichen Zeitpunkt: Zeitgleich mit dem Beginn des 1. International AllergoOncology Symposium am 16. April in Wien. Dieses Symposium, das von ihr initiiert und organisiert wird, bringt ExpertInnen aus England, Frankreich, Italien, Kanada, Österreich und den USA zusammen, um erstmals die Verbindung zwischen Allergien und Krebs zu analysieren und zu besprechen. Dabei reicht das Themenfeld von der Nutzung allergischer Reaktionen für die Krebstherapie bis zur Verwendung von Mimotopen für die aktive Immunisierung gegen Krebstumore. Mit der laufenden Unterstützung ihrer Arbeit hat auch der Wissenschaftsfonds FWF einen Beitrag dazu geleistet, dieses neue medizinwissenschaftliche Fachgebiet international und in Österreich zu etablieren.
 
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