Wien (meduni) - Hochwirksame IgE-Antikörper, die sich gegen Tumore richten,
können nach einer aktiven Immunisierung im Körper selbst hergestellt werden. Entscheidend für diesen
im Tiermodell erzielten Erfolg ist die geschickte Kombination zweier bereits etablierter experimenteller Methoden.
Die Ergebnisse werden nun in Cancer Research publiziert und sind Teil einer vom Österreichischen Wissenschaftsfonds
FWF unterstützten Arbeit. Die im Rahmen des Projekts hergestellten Antikörper zählen zu einer Klasse,
die auch eine wesentliche Funktion bei der Entstehung von Allergien haben. Somit werden die Ergebnisse eine zentrale
Rolle auf dem heute in Wien eröffneten 1. International AllergoOncology Symposium einnehmen.
AllergikerInnen ist das Immunglobulin E (IgE) bestens bekannt. Ist es doch diese Klasse von Antikörpern, die
eine wesentliche Funktion bei den leidigen Immun-Überreaktionen einnimmt. Auch OnkologInnen kennen das IgE
gut. Zahlreiche umfassende Studien zeigen nämlich, dass Personen mit erhöhten IgE-Werten signifikant
seltener an bestimmten Krebsarten erkranken. Oder mit anderen Worten: AllergikerInnen haben ein geringeres Krebsrisiko.
Allergie & Krebs
"Tatsächlich aber richtet sich das IgE, das im Laufe einer Allergie gebildet wird, nicht gegen
einen Krebstumor, sondern gegen den allergieauslösenden Stoff wie zum Beispiel Pollen", erläutert
Studienleiterin Prof. Erika Jensen-Jarolim, Leiterin des Instituts für Pathophysiologie der Medizinischen
Universität Wien. "Dass IgE trotzdem auch gegen Tumore wirkt, ist eher ein erfreulicher Nebeneffekt der
hohen Wirksamkeit dieser Klasse von Antikörpern. Unser Ziel war es nun, diese für Allergien typische
Klasse von Antikörpern mit einer direkten Wirksamkeit gegen Tumore zu versehen. Gleichzeitig sollte der Körper
mittels aktiver Immunisierung zu einer dauerhaften Produktion des IgE angeregt werden."
Letzteres - eine aktive Immunisierung gegen bestimmte Tumore - gelang der Gruppe um Prof. Jensen-Jarolim bereits
vor einiger Zeit in Mäusen. Doch auf Grund der gewählten Art der Immunisierung (Injektion unter die Bauchdecke)
gehörten die produzierten Antikörper zur IgG-Klasse. Eine Art von Antikörpern, die eine deutlich
geringere und kürzere Wirkung gegen Tumore zeigen als IgE-Antikörper.
Durch den Magen
Damit nun aber die Immunisierung die gewünschte Aktivierung von IgE hervorruft, machte sich Prof.
Jensen-Jarolim ein anderes erfolgreiches Ergebnis ihrer Arbeitsgruppe zu Nutze, welches im Rahmen eines weiteren
FWF-Projekts über Nahrungsmittel-Allergien erzielt wurde. Dieses Ergebnis belegt, dass es Nahrungsmittel-Peptide
schaffen, IgE-abhängige Immunreaktionen zu provozieren, wenn sie den sauren Bedingungen im Magen widerstehen.
So fütterte das Team um Prof. Jensen-Jarolim Mäusen ein Peptid, das starke Ähnlichkeit mit einem
Tumor-Peptid hat. Gleichzeitig wurde die Ansäuerung im Magen reduziert und so die Verdauung des Peptids verhindert.
Tatsächlich trat in der Folge eine Art allergische Reaktion gegen dieses tumorähnliche Peptid auf - die
Mäuse produzierten tumorspezifische IgE-Antikörper. Damit gelang weltweit die erste aktive IgE-stimulierende
Tumorimpfung.
Für Prof. Jensen-Jarolim kommt die Veröffentlichung dieser Arbeit in Cancer Research zu einem persönlich
sehr erfreulichen Zeitpunkt: Zeitgleich mit dem Beginn des 1. International AllergoOncology Symposium am 16. April
in Wien. Dieses Symposium, das von ihr initiiert und organisiert wird, bringt ExpertInnen aus England, Frankreich,
Italien, Kanada, Österreich und den USA zusammen, um erstmals die Verbindung zwischen Allergien und Krebs
zu analysieren und zu besprechen. Dabei reicht das Themenfeld von der Nutzung allergischer Reaktionen für
die Krebstherapie bis zur Verwendung von Mimotopen für die aktive Immunisierung gegen Krebstumore. Mit der
laufenden Unterstützung ihrer Arbeit hat auch der Wissenschaftsfonds FWF einen Beitrag dazu geleistet, dieses
neue medizinwissenschaftliche Fachgebiet international und in Österreich zu etablieren. |