LH Haider: Lehre soll mit anderen Ausbildungsformen gleichberechtigt sein
– Regierungsbeauftragter Blum: "Lehre mit Matura" wirkt Facharbeitermangel entgegen
Klagenfurt (lpd) - Die "Lehre mit Matura" stand am Abend des 12.04. im Mittelpunkt einer
Podiumsdiskussion in der "LION"-Halle am Klagenfurter Messegelände. Egon Blum, der Regierungsbeauftragte
für Jugendbeschäftigung und Lehrlingsausbildung, sieht darin eine entscheidende Lösung zur Beseitigung
des Facharbeitermangels und zur Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit. Er warnte vor dem Verlust der "betrieblichen
Fachelite", ohne die wir unsere Wirtschaft nicht aufrecht erhalten könnten. Lob gab es von Blum für
das Kärntner Modell der "Lehre mit Matura". Hier werden ab Herbst für alle Lehrberufe kostenlose
Lehrgänge an den Berufsschulen angeboten, die nach vier Jahren in der Berufsreifeprüfung gipfeln.
Landeshauptmann Jörg Haider sagte bei der Diskussion, dass Kärnten die Ausbildung mit der wirtschaftlichen
Entwicklung im Land optimal abstimme. Qualifizierte Mitarbeiter zur Verfügung zu haben, sei für Betriebe
wichtiger als Förderungen, betonte er. Daher sollte die Lehre gleichberechtigt mit anderen Ausbildungsformen
sein. Kärntens Lehrlinge müssten ab Herbst kein eigenes Geld mehr für das Erlangen der Matura setzen.
Die Kurse trage das Land aus der Arbeitnehmerförderung. Betriebe, die nicht selbst ausbilden, will Haider
zur Beitragszahlung in einen Fonds verpflichtet sehen. Wichtige Bedeutung im Sinne der Berufsvorbereitung und -wahl
kommt für ihn dem Kärntner Modell der Gemeinsamen Schule der Sechs- bis 15Jährigen zu, in dem alle
Jugendlichen die gleiche Ausgangsposition haben würden.
"Die Erfolge von Morgen gehören denen, die bereit sind, etwas zu tun", sagte Regierungsbeauftragter
Blum. Er zeigte auf, dass wir "am Zenit der 15Jährigen stehen". Deren Zahl wird in den nächsten
Jahren rapide abnehmen. Dazu kommt, dass sich immer mehr Junge – oft gesellschaftlich motiviert – für die
Schule statt Lehre entscheiden. Nachdem auch der Ruhestand Tausender Facharbeiter bevorstehe, müsse dringend
etwas unternommen werden. Ohne die "betriebliche Fachelite" würde es zu einem Wettbewerbsverlust
kommen, der den Verlust von Arbeitsplätzen und Unternehmen bedeuten würde.
"Der Weg kann nur über die 'Lehre mit Matura' gehen", betonte er. Wer diese absolviert, sei "multifunktional
einsetzbar", habe die besten Voraussetzungen für ein Studium und sehr gute Jobaussichten. Blum sprach
sich zudem für eine "Berufswahl nach Eignung und Neigung" aus. Auch solle man die Fähigkeiten
der Jugendlichen möglichst früh erkennen. "Karriere bedeutet nämlich auch Berufserfüllung
und Lebensqualität", meinte der Regierungsbeauftragte.
Das Kärntner Modell der "Lehre mit Matura" stellte Berufsschulinspektor Herbert Torta näher
vor. Im dualen Ausbildungssystem ist der Lehrling zehn Wochen in der Berufsschule und 30 Wochen im Betrieb. Bei
"Lehre mit Matura" verbringt er in diesen 30 Wochen je einen Tag bei den Lehrgängen. Der Betrieb
erhält für die Freistellung einen Kostenersatz von 2.500 Euro, erklärte Torta. Zudem muss der Betrieb
den Lehrling bis zum Ende der Ausbildung behalten, die sich durch die "Lehre mit Matura" auf vier Jahre
verlängert. An den Berufsschulen werden in den Lehrgängen Deutsch, Englisch, Mathematik und ein Fachbereich
von Professoren Höherer Schulen unterrichtet. Dazu kommen noch Persönlichkeitsentwicklung, Offenes Lernen
und der Europäische Computerführerschein (ECDL). Die Kurse sind für die Lehrlinge kostenlos, lediglich
geringe Prüfungsgebühren sind zu entrichten. Alle 270 Lehrberufe sind für die Anmeldung zur "Lehre
mit Matura" berechtigt. Bisher gibt es laut Torta auch bereits 50 deklarierte Partnerbetriebe.
An der von Ute Pichler moderierten Podiumsdiskussion nahmen neben Haider, Blum und Torta auch Kelag-Personalchef
Wolfgang Bacher, Andreas Wilhelmer von Metallbau Wilhelmer, Reinhold Urschitz von Kostwein, Hotelier Siggi Neuschitzer
und "Lehre mit Matura"-Absolventin Angelika Schury teil. |