"Im Wirtshaus" im Wien Museum  

erstellt am
19. 04. 07

Wien (rk) - Einem Wiener Mythos, der durchaus auch gelebte Realität ist, geht das Wien Museum mit seiner Ausstellung "Im Wirthaus" nach, die vom 19. April bis 23. September zu sehen ist. Erstmals, so Dir. Wolfgang Kos bei der Pressepräsentation am 17.04, wurde dem Wirtshaus eine Ausstellung gewidmet - in einer Zeit, in der es nach einer Periode des Niedergangs wieder eine Renaissance erlebt, auf der "Kulturschiene" wieder entdeckt wurde. Wenn die Geschichte des Wirtshauses auch bis in die römische Zeit zurückreicht, so konzentriert sich die Schau doch auf das 19. und 20. Jahrhundert, die Zeit, in der sich die heutige Form herausbildete, für die heute auch die Bezeichnungen Beisel oder Gasthaus stehen. Eine Galerie heutiger Wirtshäuser im Atrium des Wien Museums steht für die Vitalität dieser Wiener Einrichtung, die, so Kos, "städtischen Normalbetrieb" signalisiert und die soziale Topographie der Stadt abbildet. Insgesamt 700 Objekte - Bilder von Wirtshäusern, historisches Küchengerät, Flaschen, Gläser, Speisekarten, Schilder, Fässer, Hauszeichen, Möbel, Plakate, Filmausschnitte, Flugschriften und Kunstwerke geben ein umfassendes Bild der Wiener Wirtshauskultur., zu sehen jeweils Dienstag bis Sonntag und Feiertag von 9 bis 18 Uhr.

Klassisches Wirtshausdesign: Schank, Kühlwand, Lamperie
Die Schank mit der klassischen Kühlwand, die Lamperie, die Garderobehaken, die Raumteiler von Schank- und Speiseraum als klassische Designmerkmale charakterisieren bis heute das Wirtshausdesign. In schönen alten Beispielen schaffen sie die Atmosphäre am Entree der Ausstellung, die sich dem Phänomen Wirtshaus mit verschiedenen Themenschwerpunkten annähert. So wird seine Rolle als Treffpunkt und Nahversorger ausgeleuchtet, das Vereinsleben vom Spar- bis zum Sportverein und die Bedeutung als Versammlungsort für die politischen Parteien beschrieben, die Rolle der Frau im Wirtshaus hinterfragt, den vielen Unterhaltungsmöglichkeiten von Tanz und Musik über Kartenspielen Kegeln und auch Fernsehen nachgegangen, das Wirtshaus als wichtiger Ort im Theater und im Film, aber auch als Arbeitsplatz dargestellt etc. Auch den poetischen Auslassungen an den versteckten Orten der Lokale, den "Wirtshaus-Graffiti", ist ein Kapitel gewidmet, drei verschiedene Arten, Wiener Schnitzel zuzubereiten, werden mittels Video demonstriert, weitere Videos erinnern an die Wirtshauslegende Grete Nowak vom Gmoa-Keller und an das alte Koranda in der Wollzeile als Treffpunkt intellektueller Runden.

Die Schau erzählt auch vom alten Neulerchenfeld um 1800, wo jedes zweite Haus ein Wirtshaus war, deren letztes, das "Sittl", heute noch existiert. Insgesamt gab es damals in Wien rund 1000 Wirtshäuser, bei einer Einwohnerzahl von 200.000 ein guter Schnitt. Riesige Etablissements mit großen Tanzsälen wie der "Schwender" sorgten im 19. Jahrhundert für die Unterhaltung der Wiener und dienten auch der Strauß-Dynastie als Podium. Durch die wechselvolle Geschichte Wiens bis in die Gegenwart erlebte das Wirtshaus Blüten und Krisen und wurde zuletzt in den Siebzigerjahren des 20. Jahrhunderts tot gesagt. Heute hat es eine Renaissance in vielfältigen Formen hinter sich und ist wieder ein Treffpunkt für die Menschen, ein Ort der Geselligkeit und des Genusses und ein stück Wiener Identität.

Im "Museumsbeisl" im Atrium des Museums gibt es, passend zur Schau, Wirtshauskost mit Klassikern der Wiener Küche, eine "Kinderwirtschaft" bietet Spielmöglichkeiten für die Kleinsten. In Begleitung der Ausstellung kommt in Kürze ein Katalog "Im Wirthaus. Eine Geschichte der Wiener Geselligkeit" heraus. Führungen durch die Ausstellung gibt es an Sonn- und Feiertagen, 11 und 16 Uhr. Der Eintrittspreis beträgt 6, ermäßigt 4 Euro.

Informationen: http://www.wienmuseum.at/
 
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