Einigung über Cross Compliance-Vereinfachung bis Juni geplant
Wien (bmlfuw/aiz) - Beim Agrarministerrat in Luxemburg am 16.04. führte insbesondere die von
der EU-Kommission geplante Marktöffnung für die ehemaligen Kolonien Frankreichs und Großbritanniens
- die afrikanischen, karibischen und pazifischen (AKP-)Staaten - zu heftigen Diskussionen. Auch Österreich
kritisierte die Kommissionsvorhaben speziell im Hinblick auf den Zuckersektor. Ein weiteres wesentliches Thema
war - neben der Obst- und Gemüsereform - die Vereinfachung der Cross Compliance, also die Bindung von Beihilfen
an Tierschutz- und Umweltauflagen.
Nicht unkalkulierbare Mengen hereinlassen
Eigentlich wollte die EU-Kommission am Montag unter dem Tagesordnungspunkt "Verschiedenes" nur
kurz über ihre Pläne mit den AKP-Ländern informieren. Daraus wurde nichts. Zahlreiche Minister ergriffen
das Wort, ließen ihrem Unmut freien Lauf und warfen der Kommission unter anderem sogar Geheimdiplomatie vor.
Frankreich, Österreich, Deutschland, Polen, Belgien, Italien, Spanien, Zypern und Portugal argumentierten,
man könne nicht die Erzeuger in der EU zur Rückgabe von Zuckerquoten auffordern und gleichzeitig unkalkulierbare
Mengen aus Drittländern hereinlassen. Die jüngste Reform dieses Sektors sei noch nicht einmal gänzlich
vollzogen, da würden schon weitere Zugeständnisse an Drittstaaten gemacht.
Drei-Phasen-Modell für den Zuckersektor
Die Kommission konterte mit Sicherheitsklauseln, die in das neue Abkommen mit den AKP-Ländern eingebaut werden
sollen. Es ist vorgesehen, diese Möglichkeit in ein Drei-Phasen-Modell einzubetten. In einem ersten Schritt
soll das Zuckerprotokoll in seiner ursprünglichen Form bis September 2009 gelten. Somit wären bis zu
diesem Zeitpunkt keine neuen Zugeständnisse mengenmäßig oder in punkto Zölle vorgesehen. Ab
Oktober 2009 bis 2015 sollen die ehemaligen Kolonien die Möglichkeit erhalten, Zucker zollfrei einzuführen,
allerdings nur bis zu einer Menge von höchstens 3,5 Mio. t. Diesen Umfang habe die EU in ihrer Reform ohnehin
einkalkuliert, erklärte die Kommission. Außerdem habe sich die EU zur Marktöffnung gegenüber
den AKP-Ländern vor der Welthandelsorganisation (WTO) verpflichtet, argumentierte die Kommission. Sollte die
Menge von 3,5 Mio. t überschritten werden, gebe es Schutzklauseln mit entsprechenden Zöllen. Als dritte
Phase ist ab 2015 eine Zoll- und Quotenfreiheit vorgesehen.
Deutliche Kritik vieler Mitgliedstaaten gab es aber nicht nur im Hinblick auf den Zuckersektor, sondern auch bei
anderen Produkten wie Bananen oder Reis. Lediglich drei Mitgliedstaaten, Schweden, das Vereinte Königreich
und Irland, unterstützten die Kommissionspläne. Sie zeigten sich sogar zu einer noch rascheren Marktöffnung
bereit, was die anderen Staaten vehement ablehnen. Die Entscheidung über das neue AKP-Abkommen fällt
jedoch nicht im kritischen EU-Agrarministerrat, sondern im wohlwollenderen EU-Ministerrat für Allgemeine Angelegenheiten.
Entscheidung über CC-Vereinfachung bis Juni geplant
Weiters wurde der am 29.03. veröffentlichte Bericht über die Anwendung der Cross Compliance (CC) offiziell
vorgestellt. Eigentlich war keine Diskussion geplant, doch einige Minister meldeten sich trotzdem zu Wort. Übereinstimmung
herrschte dabei, dass eine Entscheidung über die CC-Vereinfachung möglichst schnell fallen soll. Tiefergehende
Änderungen für die Umwelt- und Tierschutzauflagen könnten schließlich noch während des
"Health Checks" im kommenden Jahr besprochen werden, zeigte sich eine Mehrheit im Agrarrat einig. Das
Ziel der deutschen EU-Ratspräsidentschaft, bis Juni eine Einigung herbeiführen zu wollen, erscheint nach
dem überwiegend positiven Echo der Mitgliedstaaten auf die Kommissionspläne somit realistisch.
Die Kommission kündigte noch für Herbst konkrete Gesetzesvorschläge an, die anschließend vom
Rat verabschiedet werden müssen. Dabei geht es um Bagatellgrenzen für kleine Verstöße der
Auflagen, um die Abschaffung der Zehn-Monatsregel für Flächen, die nach der ersten Ernte von anderen
genutzt werden, und um die Einführung der Cross Compliance in den neuen EU-Mitgliedstaaten. Die anderen Vereinfachungen
kann die Kommission ohne den Rat im Verwaltungsausschussverfahren regeln. Umstritten blieben in dieser Woche in
Luxemburg allerdings die Kontrollen, die zukünftig zuvor angekündigt werden sollen. Die Kommission beschränkt
die Ankündigungen auf die flächenbezogenen Auflagen. Irland forderte dagegen im Rat, die Ankündigungen
der Kontrollen auch auf den Tierschutz und die Tierkennzeichnung auszudehnen. Dies würde die Verhandlungen
aber deutlich in die Länge ziehen, da hierzu das entsprechende Fachrecht ebenfalls geändert werden müsste. |