Neuerlicher Rückgang bei Verkehrsunfällen, Verletzten und Getöteten
– KfV fordert ein Mehrphasenausbildungs-Modell
Wien (kfv) - Die Zahl der im österreichischen Straßenverkehr getöteten Menschen sinkt
kontinuierlich weiter. Während 2005 768 Personen ums Leben kamen, mussten 2006 730 Menschenleben beklagt werden.
„Das Ziel des Österreichischen Verkehrssicherheitsprogramms für 2006 von maximal 671 Toten haben wir
klar verfehlt“, sagt Dr. Othmar Thann, Direktor des Kuratoriums für Verkehrssicherheit (KfV). „Man muss aber
auch sehen, dass sich die Zahl der Unfälle um 2,5 Prozent auf 39.884 und die Zahl der Verletzten um 2,4 Prozent
auf 51.930 weiter verringert hat. Im Jahr 2002 standen wir bei 43.175 Unfällen und 56.684 Verletzten.“ Dass
in diese beiden Variablen nun auch Bewegung kommt, zeigt, dass die Maßnahmen der letzten Jahre zu greifen
beginnen. So gab es dank Mehrphasenausbildung auch 2006 wieder weniger Unfälle mit 18- bis 24-jährigen
Pkw-Lenkern (2005: 11.001, 2006: 10.095) und auch die Zahl der Alkoholunfälle ist rückläufig (2005:
2.746, 2006: 2.579), nachdem die Kontrolldichte durch die Alkoholvortestgeräte drastisch erhöht werden
konnte.
Absolute Sorgenkinder sind hingegen die 15-jährigen Mopedlenker, ein Bereich, in dem die Unfall- und Verletztenzahlen
förmlich explodieren. Das KfV fordert daher ein Mehrphasenausbildungs-Modell analog zu den Pkw-Führerscheinanfängern.
Überdacht werden sollten auch die gesetzlichen Vorschriften zu ungeregelten Schutzwegen, außerdem steht
noch immer nicht jedem Kind im Schulbus per Gesetz ein eigener Sitzplatz zu. Geschwindigkeitsdelikte, Telefonieren
am Steuer und Nichtangurten sollten ins Vormerksystem aufgenommen werden. Und mit einer einfachen Unterschrift
unter der entsprechenden Verordnung kann der Verkehrsminister das nach wie vor laufende Tempo-160-Experiment auf
der A10 in Kärnten endlich aufheben.
Moped 15 – Gegenmaßnahmen dringend notwendig!
Seit 1997 ist es möglich, mit 15 Jahren den Mopedausweis zu erwerben. Ursprünglich war daran
eine Reihe von Bedingungen geknüpft, wie etwa eine verkehrspsychologische Untersuchung und eine Erklärung
von Arbeitgeber oder Schule, dass der tägliche Weg mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht zumutbar ist.
Diese zwei Bestimmungen wurden in den Jahren 2002 bzw. 2005 aufgehoben, seither steigen die Unfallzahlen unaufhaltsam.
Gegenmaßnahmen wie ein achtstündiger Theorieteil und sechs Stunden praktische Ausbildung haben den Trend
nicht gestoppt. Im Jahr 2002 gab es 232 Unfälle mit 15-jährigen Mopedlenkern, 2006 liegt die Zahl der
Unfälle mittlerweile bei 1.378. Insgesamt wurden dabei 1.311 15-Jährige Lenker verletzt und drei getötet.
Damit machen Unfälle mit 15-jährigen Mopedfahrern bereits 29 Prozent an allen Mopedunfällen (2006:
4.761) aus, mit einem Anteil von beinahe 31 Prozent sind dabei die Alleinunfälle sehr stark vertreten. „Diese
Zahlen sollten alle Alarmglocken schrillen lassen“, betont Thann. „Wir sehen wie erfolgreich die Mehrphase für
Pkw-Fahranfänger ist. Ein ähnliches Modell sollte daher auch für Moped 15 überlegt werden.“
Vor allem müssten auch die Erziehungsberechtigten intensiver in Vorgespräche einbezogen werden, bevor
ein Jugendlicher den Mopedausweis erwerben kann.
Fußgängerunfälle auf Zebrastreifen
Die erfreuliche Nachricht zuerst: Insgesamt sind Unfälle mit Fußgängern im Jahr 2006 um
weitere 2,3 Prozent gesunken (2005: 4.277, 2006: 4.179). Auch die Unfälle mit Fußgängern am Zebrastreifen
haben sich gegenüber 2005 von 1.136 auf 1.072 verringert. Betrachtet man aber die Unfälle mit Fußgängern
am ungeregelten Zebrastreifen, ist das nur ein schwacher Trost. Während es 1995 in diesem Bereich 501 Unfälle
gab, lag die Zahl im Jahr 2006 bei 704. Hier dürften mehrere Faktoren zusammenspielen: Eine etwas schwammige
Regelung durch die Straßenverkehrsordnung, durch die Autofahrer einem Fußgänger das Queren ermöglichen
müssen, sobald dieser einen Schutzweg „erkennbar“ benutzen will. Diese Regelung hat sich in einem teilweise
sehr bewusst unklaren Verhalten von Fußgängern und Autofahrern niedergeschlagen, wie sich in einer kürzlich
vom KfV durchgeführten Befragung gezeigt hat. „Leider ist man auch viel zu oft der Meinung, dass ein Zebrastreifen
alle Probleme lösen kann“, sagt Thann. „Dadurch werden viele Zebrastreifen falsch und technisch mangelhaft
angelegt. Das führt wiederum zu Kommunikationsproblemen bei den Beteiligten, wenn zum Beispiel die notwendigen
Sichtweiten nicht gegeben sind.“
Die Forderungen des Kuratoriums für Verkehrssicherheit
Dass sich die Unfallbilanz weiter verbessert hat, darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass es
nach wie vor einiges in punkto Verkehrssicherheit zu tun gibt.
Mehrphase für Moped 15
„Vordringlichstes Problem ist Moped 15. Zu diesem Thema müssen sich alle Verantwortlichen so schnell
wie möglich an einen Tisch setzen, um den permanenten Unfallanstieg endlich zu stoppen“, fordert Thann. „Wir
sprechen uns auf jeden Fall für ein Mehrphasenmodell für 15-jährige Mopedlenker aus.“
Problemfeld „Schutzweg“
Ebenso vorrangig sollten Unfälle auf ungeregelten „Schutzwegen“ – die ihren Namen derzeit zu Unrecht
tragen – behandelt werden. „Es wäre sinnvoll, alle ungeregelten Schutzwege zu überprüfen“, fordert
Thann. „Und beim Anlegen neuer Schutzwege sollte genauer darauf geachtet werden, ob sie wirklich sinnvoll sind.“
In punkto Kommunikation müsse man langfristig eine Verhaltensänderung durch Bewusstseinsbildung bewirken.
Daher fordert das KfV, bei der Verkehrserziehung stärker anzusetzen und Kindern zu vermitteln, dem Gegenüber
eindeutige Signale zu geben. Natürlich müsse man sich vor allem über die gesetzliche Regelung noch
einmal Gedanken machen. Und schließlich sollte die Bezeichnung „Schutzweg“ überhaupt gestrichen werden
– denn er täuscht eine Sicherheit vor, die in vielen Fällen nicht gegeben ist.
1:1-Regelung für Schulbusse
Erst vor kurzem gab es in Niederösterreich einen haarsträubenden Unfall mit einem Schulbus. Die
Kinder mussten sich teilweise mit lebensgefährlichen Plätzen auf Holzkisten begnügen, denn statt
der erlaubten neun wurden 14 Schüler in den Bus gepfercht. „Für Schulbusse im Gelegenheitsverkehr mit
mehr als neun Sitzen fehlt noch immer die durchgängige Regelung, dass jedes Kind einen eigenen Sitzplatz haben
muss und sich somit auch anschnallen kann“, erinnert Thann. „Man sollte sich aber auch Gedanken darüber machen,
was an der Ausbildung der Busfahrer verbessert werden kann.“
Erweiterung des Vormerksystems
Von 2005 auf 2006 ist die Kindersicherungsquote um fünf Prozent gestiegen und liegt mit 91 Prozent
so hoch wie noch nie. Starken Einfluss hatten sicher die vermehrten Kontrollen im Rahmen des Vormerksystems, das
„Nichtbeachten der Vorschriften über die Kindersicherung“ als Delikt ahndet. „Das Vormerksystem leistet einen
wertvollen Beitrag zur Bewusstseinsbildung“, meint Thann. „Es sollte auf jeden Fall erweitert werden, und zwar
um Geschwindigkeitsdelikte, Telefonieren mit Handy am Steuer und Nichtangurten.“
Fortsetzung der gezielten Verkehrssicherheitsarbeit mit VSP 2010-2020
Die Erfolge seit 2002 haben gezeigt, dass eine systematische und zielorientierte Vorgehensweise der beste
Weg ist, um die Verkehrssicherheit zu erhöhen. „Daher darf damit im Jahr 2010 nicht Schluss sein“, betont
Thann. „Es werden neue Herausforderungen auf uns zukommen, mit denen wir uns in einem neuen Österreichischen
Verkehrssicherheitsprogramm für die Jahre 2010 bis 2020 Gedanken machen sollten.“ |