In der Außenpolitik mit einer Stimme sprechen  

erstellt am
27. 04. 07

Nationalrat debattiert Budget des Außenministeriums
Wien (pk) - Letzter Punkt der Tagesordnung am 26.04. war das Budget des Bundesministeriums für Europäische und Internationale Angelegenheiten. Abgeordnete Mag. LUNACEK (G) äußerte sich zunächst positiv zur Arbeit der BeamtInnen im Außenministerium. Sie thematisierte dann das Engagement der OMV im Iran und bemerkte, dass die OMV durchaus auch einmal in Richtung erneuerbarer Energien gehen sollte. Dennoch habe sie kein grundsätzliches Problem mit diesem aktuellen Geschäft, jedoch der Zeitpunkt sei ihrer Meinung nach problematisch, zumal derzeit die EU versuche, stärkeren Druck auf den Iran zu machen. Firmen hätten Verantwortung, wie sie in anderen Ländern agieren, deshalb sollte die OMV Signale setzen, dass sie die Verhaltensweisen des Regimes im Iran nicht akzeptiert, sagte Lunacek und nannte in diesem Zusammenhang den Bereich der Pressefreiheit. Gesetze der USA sollten generell keine Rechtswirkung in Europa entfalten, so Lunacek weiter. Abschließend stellte sie die Frage, ob bilaterale Botschaften in der EU tatsächlich noch Sinn machen. Sie bedauerte auch, dass die Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit nicht entsprechend erhöht wurden.

Abgeordneter Dr. SCHÜSSEL (V) hob hervor, dass es beim OMV-Projekt keine staatlichen Garantien gebe. Er gratulierte der Ministerin für die erfolgreichen Budgetverhandlungen sowie für deren Initiativen zur Unterstützung von Frauen auf internationaler Ebene. Im Hinblick auf den Verfassungsvertrag merkte Schüssel an, man müsse Flexibilität wahren, aber auch vorsichtig sein, um wesentliche Bestimmungen nicht allzu sehr aufzuweichen. So gebe es im Vertragsentwurf neue energiepolitische Bestimmungen, die wichtig seien, und auch eine Auflösung des Drei-Säulen-Modells würde zu einer Vereinfachung der Entscheidungsstruktur führen. Schüssel appellierte schließlich an alle, mit einer Stimme zu sprechen, da dies für ein kleines Land wichtig sei.

Abgeordneter Dr. BÖSCH (F) hielt es für notwendig, für eine EU-Verfassung ein eigenes Konzept zu entwickeln, da der Verfassungsentwurf gescheitert sei. Man müsse dem Prinzip Bürgernähe durch eine Volksabstimmung zum Durchbruch verhelfen, forderte er. Kritisch äußerte sich Bösch zu den Beitrittsverhandlungen mit der Türkei, insbesondere vor dem Hintergrund der fortschreitenden Islamisierung in diesem Land. Ein Beitritt der Türkei wäre auch nach der kürzlich erfolgten Erweiterung der EU finanziell schwer zu verkraften, so seine Auffassung, und man müsse auch den sicherheitspolitischen Aspekt berücksichtigen. Bösch verlangte daher, die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei zu beenden und brachte einen diesbezüglichen Entschließungsantrag ein. Er forderte auch eine grundlegende Änderung der europäischen Politik. Diese habe sich an den BürgerInnen zu orientieren und nicht an den Interessen großer Wirtschaftsbereiche. Die EU müsse auch klarmachen, dass sie es mit der Sicherung der Außengrenzen ernst meint. Die Entwicklungszusammenarbeit sollte laut Bösch neu gewichtet werden, denn man sei daran gescheitert, den Menschen in Afrika ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen. Es komme weniger darauf an, wie viel Geld man bezahle, sondern wo und wie es eingesetzt werde. Zum Konflikt im Nahen Osten meinte Bösch, die österreichische Außenpolitik dürfe nicht mit zweierlei Maß messen. Auch bei den Auslandseinsätzen müsse man immer wieder überprüfen, wo die Interessen Österreichs liegen und wo nicht.

Abgeordneter Dr. EINEM (S) stimmte mit Abgeordnetem Schüssel überein, die Kräfte in der Außenpolitik zu bündeln und mit einer Sprache zu sprechen, gleichzeitig müsse man aber auch nach bestimmten Prinzipien vorgehen, nämlich Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Menschenrechte sowie wirtschaftlichen und sozialen Ausgleich als Grundlage friedlichen Zusammenlebens zu unterstützen. Man sollte aber als kleiner Staat die großen Chancen nützen, da mitunter mit einem kleinen Staat die Gesprächsbasis eine leichtere sei, Österreich keine belastete koloniale Vergangenheit habe und als neutraler Staat glaubwürdig sei. Was den Iran betrifft, so halte man sich selbstverständlich an Sanktionen. In Bereichen, die davon nicht betroffen sind, sei es wichtig, in vernünftigem Kontakt zu bleiben. Denn das sei auch eine Grundlage zur Lösung von Konflikten, und dazu zählen auch wirtschaftliche Aktivitäten. Deshalb halte er die Aktivitäten der OMV für sinnvoll. Er unterstützte auch die Eröffnung einer Botschaft in Kasachstan. Österreich sollte auch seine besondere Stärke bei der Bewältigung des Kosovo-Problems einsetzen. Man wolle nicht vom Ahtisaari-Vorschlag abgehen, sagte Einem, aber man müsse sich auch bewusst sein, dass Serbien eine europäische Perspektive brauche, um auf den Kosovo verzichten zu können. Besorgt zeigte er sich über die Entwicklung in Russland, denn das Vorgehen gegen politisch Andersdenkende sei ein Anschlag auf Rechtsstaat und Demokratie. Was die EU-Verfassung betrifft, schloss er sich Schüssel an und sprach sich dafür aus, darauf zu achten, dass die wesentlichen Säulen darin nicht ausgehöhlt werden.

Abgeordneter SCHEIBNER (B) bewertete das Budget durchaus positiv; man werde als Signal dem Kapitel seitens des BZÖ die Zustimmung erteilen, kündigte er an. Auch die parlamentarische Kooperation im Bereich der Außenpolitik habe sich gut entwickelt, sagte Scheibner, ihm fehle jedoch ein reger Kontakt zum Außenministerium. Scheibner befürchtete, dass der Europäische Verfassungsvertrag nicht mehr umsetzbar sei und sprach sich für eine neue Struktur aus. So plädierte er für die Möglichkeit eines Kerneuropa, in dem sich die Bevölkerung durchaus auch nach einer Volksabstimmung für das höchste Maß an Integration entscheiden könne. Wer das nicht möchte, sollte sich bestimmte Module herausnehmen können. Er befürwortete auch eine maßgeschneiderte Kooperation mit Drittländern, in Form einer Partnerschaft mit Europa. Ähnliches hätte man mit der Balkanpolitik machen können, denn es sei vorhersehbar gewesen, dass die internen ethnischen Konflikte nicht so rasch überwunden werden können. Er würde sich wünschen, dass die Diskussion um den Umweltschutz seitens der EU auch an die Regionen außerhalb Europas wie Asien und die USA herangetragen werden können. Scheibner unterstützte grundsätzlich die Aufstockung der Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit, zweifelte jedoch, dass die Ziele auch erreicht werden. Scharf kritisierte er die Legalisierungsmaßnahmen für illegale Einwanderer anderer europäischer Länder.

Bundesministerin Dr. PLASSNIK berichtete, dass ihr Ressort über ein Budget in der Höhe von 388,1 Mill. € verfüge, womit die Substanz gesichert und die Kernaufgaben erfüllt werden können. Damit wurde auch gewährleistet, dass mehr Personal im Bereich Visa eingestellt werden könne. Etwas mehr Geld gebe es auch für die Kultur, die für sie ein Markenzeichen darstelle, um Österreich noch besser im "global village" positionieren zu können. Im Speziellen werden mehr Mittel für den Dialog der Kulturen sowie für die Österreich-Bibliothek, die neue Standorte in Istanbul, Odessa und Podgorica erhält, eingesetzt. Eine Erhöhung gab es auch im Bereich Konferenzen, teilte Plassnik mit, so werde unter anderem Ende Mai eine Nahost-Konferenz zum Frauenthema stattfinden. Erfreut zeigte sich die Ressortchefin zudem, dass mehr Mittel für die freiwilligen Beiträge zu internationalen Organisationen zur Verfügung stehen. Dass auch kleinere und mittlere Staaten eine außenpolitische Vorzeigewirkung haben können, beweise ein Pilotprojekt in Moldawien, wo Österreich zusammen mit Ungarn, Slowenien und Lettland eine gemeinsame Visaeinreichstelle eingerichtet hat.

Der südosteuropäische Raum bzw. der Balkan sei für jede österreichische Außenministerin prioritär, wobei es nicht nur um Sicherheitsfragen, sondern auch um wirtschaftliche und vor allem menschliche Kontakte geht. Was Serbien angeht, so habe sich Österreich in den letzten Monaten wie kaum ein anderes Land in dieser Frage angestrengt, vor allem um der Bevölkerung klar zu machen, dass die europäische Perspektive greifbar sei. Sie stehe voll und ganz hinter den Vorschlägen von Ahtisaari, die mit Klugheit und Weisheit verfasst worden sind und auf eine überwachte Unabhängigkeit des Kosovo hinauslaufen. Plassnik war überzeugt, dass die Europäische Union diesen Weg geschlossen gehen wird.

Beim Thema Iran sprach sich die Außenministerin für einen Dialog mit klaren Botschaften aus. Es gebe eine geschlossene Meinung der Staatengemeinschaft im nuklearen Bereich, und der Iran sei nun gefordert, vertrauensbildende Maßnahmen zu setzen. Völlig klar sei aber auch, dass Österreich nicht der 51. Bundesstaat der USA ist und daher auch nicht amerikanisches Recht anzuwenden sei. In der Causa BAWAG habe sie die notwendigen Schritten ergriffen und – wie vom Gesetz her vorgeschrieben – wurde ein Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet.

Schließlich ging Plassnik auf den EU-Verfassungsvertrag ein, der eine erstklassige Grundlage darstelle. Sie hoffe, dass man am Ende der deutschen Präsidentschaft einen entscheidenden Schritt weiterkomme.

Abgeordneter GROSSRUCK (V) gratulierte der Außenministerin für ihre Courage, die sie in der Causa BAWAG wieder unter Beweis stelle. Eine klare Haltung nehme Plassnik auch bezüglich des Iran ein, wo sie die OMV, die im Einklang mit den europäischen Richtlinien stehe, voll unterstütze. Grossruck dankte zudem der Ministerin für ihren Einsatz beim Visaregime, wo sie sich sehr bemüht habe, dass vor allem die Jugendlichen aus den Balkanstaaten Einreiseerleichterungen bekommen.

Auch Abgeordneter ÖLLINGER (G) freute sich darüber, dass die Außenministerin zum Thema BAWAG heute sehr klar Stellung bezogen habe. Es stehe außer Zweifel, dass für jede Person, die in Österreich lebt und arbeitet, ausschließlich österreichisches Recht anzuwenden ist. Eine EU-Verordnung regle sehr klar, wie ein heimisches Unternehmen bei entsprechenden Interventionen, Vorschriften oder Gesetzesbeschlüssen von amerikanischer Seite vorgehen muss. Das Unternehmen muss sich nämlich in jedem Fall an die Kommission wenden und dies wird vom Außenministerium überwacht.

Abgeordnete BAYR (S) erinnerte zunächst daran, dass die freie und demokratische Republik Südafrika heute ihren 13. Geburtstag feiere. Ohne internationale Solidarität und weltweiten politischen Druck wäre es wohl kaum gelungen, dass sich dieses Land von seinen Fesseln befreit hätte. Weiters sprach die Rednerin die aktuelle Situation in Uganda an, das ein Schwerpunktland der österreichischen Entwicklungshilfe ist. Sie hätte gehofft, dass deutlich mehr Geld für die EZA zur Verfügung gestellt wird. Österreich sollte sich zudem verstärkt in Krisenregionen involvieren und eine friedensstiftende und vermittelnde Rolle spielen.

Abgeordneter Dr. KURZMANN (F) sprach insbesondere die mangelnde Unterstützung der Heimatvertriebenen und der altösterreichischen Minderheiten im südosteuropäischen Ausland an. Da dürfe man sich nicht wundern, wenn sich diese Personen im Stich gelassen fühlen. Er brachte einen Entschließungsantrag ein, in dem die Bundesministerin für europäische und internationale Angelegenheiten aufgefordert wird, sich im Sinne der Erhaltung und Stärkung der deutschen Minderheiten in den Nachfolgestaaten der österreichisch- ungarischen Monarchie aktiv und im höchstmöglichen Ausmaß sich für diese einzusetzen und die entsprechenden Fördermittel in ausreichendem Maße zu erhöhen.

Die Budgets 2007 und 2008 haben im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit beinahe jenen Wert erreicht, der für 2010 angepeilt ist (0,51 % des BIP), konstatierte Abgeordneter GLASER (V). Bei der Entwicklungszusammenarbeit gehe es für ihn auch um konkrete Menschenrechts-, Sicherheits- und Nachhaltigkeitspolitik sowie um das Erreichen der Milleniumsziele.

Abgeordnete Mag. MUTTONEN (S) konzentrierte sich in ihrer Wortmeldung auf das Budget für die kulturellen Vorhaben, das erfreulicherweise eine steigende Tendenz aufweist. Während im Jahr 2006 rund 6 Mill. € zur Verfügung standen, gibt es für die Jahre 2007 und 2008 7,6 Mill. €. Damit könne ein weltweites Netzwerk von 28 Kulturforen, 50 Österreich-Bibliotheken, fünf Sprachinstituten, speziellen Kooperationsbüros in Washington und Lemberg sowie die Einbindung von Botschaften und Konsulaten finanziert werden. Wenig Aufschluss gebe der Bundesvoranschlag jedoch über das tatsächliche operative Budget der Standorte sowie über Schwerpunktsetzungen. Zu gering sei auch die Anhebung der Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit ausgefallen.

Abgeordneter MURAUER (V) sprach von einem guten Budget, um die internationalen Aufgaben, die Servicetätigkeiten und das Netzwerk aufrechtzuerhalten. Er dankte der Außenministerin für ihren Einsatz für Kroatien, das mittlerweile auf einem guten Weg sei, neues EU-Mitglied zu werden. Lobend erwähnte Murauer auch das Engagement von Plassnik im Bereich der Visaerteilung.

Abgeordneter HEINZL (S) kam auf den Visa-Skandal zu sprechen, in den die Botschaften in Budapest, Buenos Aires und Belgrad involviert waren. Der Rechnungshof habe festgestellt, dass die Präventionsmaßnahmen im Konsularbereich in diesen drei Botschaften unzureichend waren, weshalb eine Reihe von Maßnahmen vorgeschlagen wird. Er würde gerne wissen, inwieweit diese Empfehlungen bereits umgesetzt wurden. Positiv bewertete er die Errichtung von gemeinsamen Visa-Stellen mit anderen EU-Staaten.

Abgeordnete HAGENHOFER (S) unterstützte den von der Außenministerin eingeschlagenen Weg, ihr Ressort zu einer noch besseren Servicestelle für Bürger und Wirtschaft auszubauen. Sehr positiv beurteilte Hagenhofer, dass Ministerin Plassnik in Menschenrechtsfragen beharrlich vorgehe und Probleme direkt anspreche. Es wäre wichtig, dass auch die Unternehmen, die im Ausland tätig sind, noch mehr in Menschenrechtsfragen sensibilisiert werden.

Abgeordneter EHMANN (S)befasste sich vor allem mit der Entwicklungszusammenarbeit. Die UNO schätzt, dass es bis zum Jahr 2010 50 Millionen Menschen geben wird, die ihr Land aufgrund der veränderten Umweltbedingungen verlassen. Alle Beiträge und Maßnahmen, dass Menschen nicht flüchten müssen und dafür ihr Leben aufs Spiel setzen, seien daher in jeglicher Form zu begrüßen.
 
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