Wien (wifo) - Die österreichische Wirtschaft wuchs im Jahr 2006 real um 3,2%. Damit ist die Phase verhaltener
Konjunktur überwunden, die seit dem Jahr 2001 anhielt. Angetrieben von starker Exportnachfrage entwickelte
sich vor allem die Sachgütererzeugung günstig. Dies löste zusätzliche Investitionen in Maschinen,
Fahrzeuge und Elektrogeräte aus. Kräftig zeigte sich auch die Bautätigkeit. Hingegen blieb die Erholung
in den von der Konsumnachfrage der privaten Haushalte abhängigen Wirtschaftsbereichen, vor allem im Handel,
gedämpft. Die Verbesserung der Wirtschaftslage schlug sich in einem merklichen Anstieg der Beschäftigung
nieder, die Zahl der Arbeitslosen ging leicht zurück.
Zum kräftigen Wachstum der österreichischen Wirtschaft im Jahr 2006 leistete die Sachgütererzeugung
den größten Beitrag. Die Wertschöpfung überstieg den Vorjahreswert real um 7½% – die
höchste Rate seit Jahren. Die Industrieproduktion wurde vor allem von der lebhaften Auslandsnachfrage getragen.
Die Ausfuhr von Gütern übertraf das Vorjahresergebnis real um 10,2%. Darin spiegelt sich primär
das starke Wachstum auf den ausländischen Märkten, insbesondere in den erdölexportierenden Ländern,
in Asien und Nordamerika, den zwölf neuen EU-Ländern, aber auch in den anderen EU-Ländern. Die heimischen
Unternehmen sind zudem gemessen an ihren Preisen und ihrer Produktqualität sehr wettbewerbsfähig.
In der überwiegend auf den Export ausgerichteten Sachgütererzeugung sanken die Lohnstückkosten gegenüber
den Handelspartnern im Jahr 2006 um 2,3%. Die starke Ausweitung der Produktion schlug sich im Laufe des Jahres
in einer deutlichen Verbesserung der Kapazitätsauslastung nieder?(von 81,3% im IV. Quartal 2005 auf 84,3%
im IV. Quartal 2006). Die ausgezeichnete Gewinnlage, die günstigen Absatzerwartungen und die hohe Kapazitätsauslastung
veranlassten die Unternehmen zu einer kräftigen Ausweitung ihrer Ausrüstungsinvestitionen (+5,3%). Trotz
des außerordentlich hohen Zuwachses der Stundenproduktivität (+6,9%) stellte der Sektor der Sachgütererzeugung
erstmals seit 2001 zusätzliche Arbeitskräfte ein.
Auch in der Bauwirtschaft wuchs die Wertschöpfung 2006 kräftig (real knapp +5% gegenüber dem Vorjahr).
Während der Schienen- und Straßenbau schon länger expandiert, wurde nun auch die Produktion im
Wohnbau und im Industriebau merklich ausgeweitet. Günstige Finanzierungsbedingungen, höhere Nachfrage
der ausgegliederten Bereiche der öffentlichen Hand, das Bevölkerungswachstum und die Steigerung der Unternehmensinvestitionen
bildeten die Rahmenbedingungen für die gute Baukonjunktur. Die rege Nachfrage ermöglichte einen merklichen
Anstieg der Beschäftigung, gleichzeitig löste sie auch einen beträchtlichen Anstieg der Baupreise
aus – diese lagen im IV. Quartal bereits um 3,5% höher als im Vorjahr.
Viele Branchen des Dienstleistungssektors entwickelten sich verhalten. Sie hängen stärker von der gedämpften
Konsumnachfrage der privaten Haushalte ab als vom kräftig expandierenden Export. Die reale Zunahme des privaten
Konsums um 1,8% entsprach dem durchschnittlichen Wachstum von 2000 bis 2005, lag aber um etwa ½ Prozentpunkt
unter dem langfristigen Durchschnitt. Die Schwäche der Konsumnachfrage war primär durch den verhaltenen
Anstieg der real verfügbaren Einkommen (+2,1%) bedingt. Überdies nahm die Sparquote der privaten Haushalte
von 9,1% (2005) auf 9,4% der verfügbaren Einkommen zu.
Besonders der Handel leidet unter der Konsumschwäche. Seine Wertschöpfung erhöhte sich im Jahr 2006
real um nur 1,3% – das sechste schwache Jahr in Folge. Dabei drückte vor allem das ungünstige Ergebnis
im Groß- und Kfz-Handel das Wachstum der Wertschöpfung. Aber auch der Einzelhandel expandierte um nur
etwa 2%. Trotz des mäßigen Geschäftsgangs wurde die Zahl der Beschäftigten im Handel merklich
ausgeweitet (+1,6%). Der gesamte Zuwachs dürfte auf Teilzeitarbeitsplätze zurückgehen. Auch im Beherbergungs-
und Gaststättenwesen wurde die Wertschöpfung mit real +1,3% nur verhalten ausgeweitet. Neben der schleppenden
Konsumnachfrage der Inländer schlägt sich hier auch der geringe Zuwachs im Tourismus nieder.
Der Anstieg des Verbraucherpreisindex fiel im Jahr 2006 mit +1,5% gegenüber dem Vorjahr sehr verhalten aus,
obwohl die Weltmarktrohstoffpreise (vor allem die Erdölnotierungen) um etwa ein Fünftel stiegen. Der
Preisauftrieb wurde vom mäßigen Wachstum der Lohnstückkosten und der Stabilität der Preise
industriell-gewerblicher Güter gedämpft.
Die Zahl der aktiv unselbständig Beschäftigten war im Durchschnitt des Jahres 2006 um 51.500 (+1,7%)
höher als im Vorjahr. Dies war der stärkste Zuwachs seit Anfang der neunziger Jahre. Zur Ausweitung der
Beschäftigung trug insbesondere der Dienstleistungssektor bei, doch entstanden dank der guten Konjunktur auch
in der Sachgütererzeugung und im Bauwesen neue Arbeitsplätze.
Erstmals seit dem Jahr 2000 war die Zahl der Arbeitslosen rückläufig. Im Jahresdurchschnitt 2006 waren
239.000 Personen arbeitslos gemeldet, um 13.500 weniger als 2005. Damit betrug die Arbeitslosenquote 6,8% der unselbständigen
Erwerbspersonen laut traditioneller österreichischer Berechnungsmethode bzw. 4,8% der Erwerbspersonen laut
Eurostat. Die um Personen in Schulung, mit Pensionsvorschussbezug oder Übergangsgeld und sofort verfügbare
Lehrstellensuchende erweiterte Zahl der Arbeitslosen war im Durchschnitt des Jahres 2006 mit 330.000 um 4.500 niedriger
als ein Jahr zuvor.
Quelle: WIFO
Autor: Markus Marterbauer |