Positive Bilanz nach 10 Jahren Gewaltschutzgesetz  

erstellt am
02. 05. 07

Eigener Straftatbestand bei lang anhaltenden Gewaltbeziehungen geplant
Wien (bmj) - Ein durchwegs positives Resümee zum zehnjährigen Bestehen des Gewaltschutzgesetzes zogen Justizministerin Maria Berger, Frauenministerin Doris Bures und Sozialminister Erwin Buchinger sowie Innenminister Günther Platter bei einer gemeinsamen Pressekonferenz im Vorfeld einer Enquete zum Thema "10 Jahre Gewaltschutzgesetz" am 02.05. in Wien. "Gewalt in der Familie ist keine Privatangelegenheit mehr" und "nicht das Opfer, der Täter muss gehen", betonte Berger als die wesentlichsten Auswirkungen des Gesetzes, das am 1. Mai 1997 in Kraft getreten war. Bures verwies auf die höhere Sensibilisierung und die damit verbundene Zunahme der Anzeigen - was bedeutet, dass mit dem Hilfsangebot nachgezogen werden muss. Und Buchinger erklärte, dass bezüglich der Gewalt gegen ältere und behinderte Menschen eine Untersuchung geplant sei, anhand deren Ergebnisse man gezielte Hilfs- und Präventionsmaßnahmen setzen wolle.

Die Justizministerin kündigte die Einrichtung einer Koordinationsstelle für Opferhilfe an, die von der Opferschutzorganisation "Weißer Ring" geführt werden wird. "Die Opferhotline 0800 112 112 bietet ab 1. Juli 2007 Opfern von Straftaten nicht nur eine rein juristische, sondern auch umfassende psychosoziale Betreuung im Krisenfall", und das rund um die Uhr, bundesweit und gebührenfrei, wie Berger betonte. Betreffend lang anhaltender Gewaltbeziehungen soll ein eigener Straftatbestand geschaffen werden. "Wir wollen mit dem neuen Straftatbestand die Realität lang anhaltender Gewaltbeziehungen besser abdecken." Es ist dabei an einen Strafrahmen von 6 Monaten bis 5 Jahren gedacht. Ein diesbezüglicher Entwurf soll noch vor dem Sommer in Begutachtung gehen.

Auch soll das "Anti-Stalking"-Gesetz, das seit 1. Juli 2006 in Kraft ist, evaluiert und allenfalls gesetzliche Verbesserungen überlegt werden. Und die einstweilige Verfügung zum Schutz vor Gewalt in der Familie soll von derzeit drei Monaten auf sechs Monate ausgedehnt werden können, um dem Opfer genügend Zeit zum Ausstieg aus der Gewaltbeziehung zu lassen. Auch für Migrantinnen, die im Zuge des Familiennachzugs nach Österreich kommen und Opfer familiärer Gewalt werden, soll die Situation verbessert werden. Sie haben derzeit während der ersten fünf Jahre kein autonomes Aufenthaltsrecht, es sei denn, das Familiengericht spricht eine einstweilige Verfügung aus.

Bures - Jede 5. bis 10. Frau ist mindestens einmal im Leben Opfer männlicher Gewalt
Frauenministerin Bures wies darauf hin, dass 75 Prozent aller Gewalttaten im familiären und häuslichen Bereich ausgeübt werden und dass jede fünfte bis zehnte Frau mindestens einmal in ihrem Leben Opfer von männlicher Gewalt ist. Auch steigt die Zahl der Hilfesuchenden bei den Interventionsstellen gegen Gewalt ständig. "Allein in den letzten fünf Jahren hat sich die Zahl der Hilfesuchenden mehr als verdoppelt", sagte Bures. Im Jahr 2001 wurden knapp 5.000 Personen von den insgesamt neun Interventionsstellen betreut, im Jahr 2006 waren es bereits rund 10.500. Das entspricht einem Plus von 116 Prozent. "Das heißt zum einen, dass die Dunkelziffer sinkt, die Bewusstseinsbildung greift und Gewaltschutzgesetz und die Arbeit der Interventionsstellen Wirkung zeigen. Zum anderen aber muss das auch unbedingt heißen, dass wir mit dem Hilfsangebot dringend nachziehen müssen", sagte Bures. Deshalb, betonte Bures, habe sie sich so dafür eingesetzt, dass die Mittel für die Gewaltschutzzentren aufgestockt werden - um 60 Prozent mehr erhalten nun die Interventionsstellen. Auch soll die rund um die Uhr besetzte "Frauenhelpline gegen Männergewalt" (0800/222 555) künftig stärker beworben werden.

Bei der Aufstockung der Mittel für die Interventionsstellen handle es sich um "gut investiertes Geld", denn erstens geht es um die Hilfe und die Unterstützung der vielen weiblichen Opfer, zweitens um Investitionen in eine Gesellschaft, der ein friedliches Zusammenleben auch etwas wert ist, und drittens um Investitionen in die Prävention. "Denn wo Gewalt unterbunden wird, kann sie sich nicht weiter ausbreiten und Folgegewalt produzieren", so Bures.

Mehr Sensibilisierung für ältere und behinderte Gewaltopfer
"Gewalt ist der massivste Eingriff in die persönliche Integrität des Menschen", betonte Sozialminister Buchinger. Mit seinem Ressort sei er in drei Themenfeldern damit Betroffen: Männergewalt, Gewalt an behinderten Menschen und Gewalt an älteren Menschen. Gezielte Präventions- und Interventionsmaßnahmen im Bereich Gewalt gegen ältere Menschen bedingen als Ausgangspunkt fundiertes Fachwissen und gezielte Forschungsarbeit. Um umfassende Forschungsergebnisse zu erhalten beteiligt sich das Sozialressort daher an einer paneuropäischen Erhebung, die noch in diesem Jahr bei der EU eingereicht wird. "Auf dieser Grundlage können dann in Österreich gezielt flächendeckend Präventions- und Interventionsmaßnahmen entwickelt werden." Auch wird eines der Kapitel im 2. Seniorenbericht "Zur Lebenssituation Hochaltriger in Österreich", der heuer fertig gestellt wird, sich mit dem Thema "Gewalt gegen ältere Menschen" befassen, kündigte Buchinger an.
 
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