RUB-Forscher klären den molekularen Mechanismus des Rezeptor-Recyclings Feinregulation des
Transports von peroxisomalen Rezeptoren
Bochum (universität) - Peroxisomen sind Multifunktionswerkzeuge der Zellen: 50 Enzyme sind in
ihnen aktiv, ihre Aufgaben entsprechend vielfältig und wichtig. Peroxisomale Erkrankungen, bei denen die Multifunktionswerkzeuge
der Zellen nicht normal arbeiten, verlaufen meist tödlich. Die Arbeitsweise der Peroxisomen folgt nicht den
bekannten Regeln anderer Organellen. Ein Schlaglicht darauf erlauben die neuesten Erkenntnisse der Forschergruppe
von Prof. Dr. Ralf Erdmann (Abteilung Systembiochemie, Medizinische Fakultät der Ruhr-Universität), bestehend
aus Biologen, Biochemikern und Medizinern. Die Forscher konnten einen Reaktionsschritt nachweisen, der sich als
zentrales Ereignis für den Ablauf des Proteintransports herausstellte: die Modifikation des Importrezeptors
Pex5p mit verschiedenen Formen des Signalmoleküls Ubiquitin. Die Ergebnisse sind in der aktuellen online-Ausgabe
des renommierten Journal of Cell Biology veröffentlicht. Die aus den gewonnenen Daten folgenden Konsequenzen
für die Modellvorstellung über den Ablauf der peroxisomalen Biogenese wurde zeitgleich in einem Übersichtsartikel
in der Zeitschrift FEBS Letters online veröffentlicht.
Peroxisomen: "Multi-Funktionswerkzeuge" der Zelle
Nachdem die klassischen Komponenten kernhaltiger Zellen, wie Zellkern, Mitochondrien oder die Chloroplasten
der Pflanzen, schon längere Zeit bekannt waren, wurden die Peroxisomen als letzte der zentralen Zellorganellen
erst relativ spät entdeckt. Wie die anderen Organellen sind Peroxisomen definierte, membran-umschlossene Reaktionsräume
innerhalb der Zelle; sie zeichnen sich jedoch durch eine ungewöhnlich hohe Dynamik in Anzahl, Struktur und
Funktion aus, die spezifisch für den jeweiligen Organismus oder das entsprechende Gewebe sein kann. So wurden
in ihnen nicht weniger als 50 Enzymaktivitäten nachgewiesen, die je nach Bedarf der Zelle an- oder abgeschaltet
werden können. Eine zentrale Funktion ist der Abbau von Fettsäuren und die damit verbundene Entgiftung
des schädlichen Wasserstoffperoxids. Durch diese Aufgabe kommt den Peroxisomen auch eine Rolle beim molekularen
Prozess des Alterns zu. Weitere prominente Funktionen in anderen Organismen stellen z. B. die Beteiligung an der
Lichtatmung bei Pflanzen oder der Penicillin-Biosynthese in einigen Pilzen dar. Bei Menschen sorgen Peroxisomen
zudem für die Bildung von Plasmalogenen, welche bis zu 80 Prozent der sog. Weißen Substanz im Gehirn
ausmachen.
Motorproteine der peroxisomalen Importmaschinerie
Diese funktionelle Vielfalt der Peroxisomen ist durch den Transport ihrer Enzyme aus dem Cytosol (Zellflüssigkeit)
durch die peroxisomale Membran ins Innere der Organellen bedingt, welcher durch eine dynamisch arbeitende Importmaschinerie
ermöglicht wird. Die zu importierenden Enzyme werden von spezifischen Import-Rezeptoren nach dem Schlüssel-Schloss-Prinzip
erkannt. Der wichtigste Rezeptor ist dabei Pex5p. Der Rezeptor dockt an das zu importierende Enzym an, und der
ganze Komplex wird dann an die peroxisomale Membran dirigiert. Die "Ladung" des Rezeptors wird dann auf
bislang unbekannte Weise in gefalteter Form durch die Membran ins Innere des Peroxisoms transportiert. Nach der
Freisetzung des Enzyms wird der Rezeptor unter Aufwendung von Energie in Form von ATP vom peroxisomalen AAA-Komplex
aus der Membran gelöst und in das Cytosol entlassen. "Die Peroxine dieses AAA-Komplexes fungieren somit
als ein Energie-verbrauchender Motor der peroxisomalen Maschinerie, die über eine ATP-abhängige Veränderung
ihrer Struktur das Pex5p aus der Membran herausziehen", erklärt Prof. Erdmann.
Die "molekulare Gangschaltung" der Recycling-Maschinerie: Ubiquitin
Vollkommen unklar war bisher, wie die AAA-Peroxine zwischen dem gerade angebundenen, noch beladenen Pex5p
und der zu exportierenden Pex5p-Form unterscheiden können. Mit Hilfe von molekularbiologischen und zellbiochemischen
Methoden konnten die RUB-Forscher nun nachweisen, dass die Pex5p-Form, welche zum Recycling bestimmt ist, durch
das Signalmolekül Ubiquitin modifiziert wird. Ubiquitin ist ein kleines Protein, das kovalent an seine Zielproteine
gebunden wird und dadurch deren Zielsteuerung innerhalb der Zelle verändert. Das peroxisomale Ubiquitin-bindende
Enzym Pex4p (Ubc10p) wurde als das für diese Modifikation verantwortliche Enzym identifiziert. Somit konnten
die Forscher dem 1992 ebenfalls an der RUB entdeckten Enzym erstmals eine Funktion und ein Substrat zuweisen. Pex5p,
das mit nur einem einzigen Molekül Ubiquitin versehen ist (Monoubiquitinylierung), wird dabei von den AAA-Peroxinen
aus der Membran wieder in die Zellflüssigkeit gezogen und recycelt. Pex5p, das mit einer ganzen Kette von
Ubiquitin-Molekülen versehen ist (Polyubiquitinylierung), wird hingegen abgebaut: Es wird zum 26S Proteasom,
einer Art "intrazellularer Schrottpresse", dirigiert um dort entsorgt zu werden. Dieser Mechanismus ist
Teil eines Systems zur Qualitätskontrolle. "Die verschiedenen Formen der Ubiquitinylierung fungieren
als eine Art "molekularer Gangschaltung" für die Motorproteine des Exports, den AAA-Peroxinen, da
die unterschiedlichen Modifikationen Pex5p zu verschiedenen Zielen in das Cytosol entlassen", fasst Prof.
Erdmann zusammen.
Förderung des Projekts
Die Arbeiten an dem Projekt wurden durch die Fonds der Chemischen Industrie, der Deutschen Forschungsgemeinschaft
in Form des Sonderforschungsbereiches 642 sowie durch das European Union Project "Peroxisome" gefördert. |