Der Sonderkoordinator für Südosteuropa Dr. Erhard Busek spricht
bei GEKE-Symposium "Europäische Integration und Nachbarschaftspolitik in Südosteuropa"
Wien (epdÖ) - Die Integrationskraft der Kirchen steht zur Debatte. Die Gemeinschaft Evangelischer
Kirchen in Europa (GEKE) hat zusammen mit der Kommission für Kirche und Gesellschaft der Konferenz Europäischer
Kirchen (KEK) anlässlich der Neukonstituierung der GEKE-Regionalgruppe Südosteuropa zu einem Symposium
am 8. Mai nach Wien geladen. Unter dem Thema "Europäische Integration und Nachbarschaftspolitik in Südosteuropa"
sind rund fünfzig Vertreterinnen und Vertreter aus den südosteuropäischen GEKE-Mitgliedskirchen
der Einladung gefolgt.
Über die politische Entwicklung der Region sprach Dr. Erhard Busek, Sonderkoordinator des Stabilitätspaktes
für Südosteuropa. Durch die Kriege auf dem Boden des ehemaligen Jugoslawien habe die gesamte Region erst
spät einen Transformationsprozess begonnen. Trotzdem betonte Busek die europäischen Perspektiven: "Innerhalb
der EU bestreitet niemand, dass hier potentielle Kandidatenländer vertreten sind", für Kroatien
könnte der Beitritt zum Beispiel zwischen 2009 und 2013 möglich sein. Wichtig sei jedoch die nachhaltige
Entwicklung der Zivilgesellschaft, denn auch im Bereich der Religion nähmen die Spannungselemente wieder zu.
Zudem sei wichtig, neben einer finanziellen Förderung der Region vor allem die infrastrukturellen Grundlagen
nachhaltig zu unterstützen. So könnte auch dem Problem der Abwanderung junger und gut ausgebildeter Menschen
entgegengewirkt werden.
Welche Rolle haben in diesem Zusammenhang die Kirchen? Für Erhard Busek liegt die Stärke der Kirchen
vor allem im integrativen Charakter der Förderung des gegenseitigen Verständnisses. "Wir brauchen
Ihr Engagement - ganz praktisch". In einer Podiumsdiskussion wurde der Frage kontrovers nachgegangen. Gergely
Pröhle, Landeskurator der Lutherischen Kirche in Ungarn, machte auf die problematische Verbindung von Staat
und Kirche aufmerksam. "Kirchen, die sich von nationalstaatlichen Interessen instrumentalisieren lassen, sind
Teil des Problems, nicht der Lösung." Um dieser Gefahr zu widerstehen, sei es unerlässlich, sich
als Kirchen der eigenen Geschichte zu stellen, betonte der Generalsekretär der GEKE, Prof. Michael Bünker.
Die Nationalität sei nur das Vorletzte. Die Kirchen sollten statt dessen die Verschiedenheit bewusst leben
und daraus Konsequenzen für die Gemeinschaft ziehen. Dies sei auch das Konzept der GEKE. Verena Taylor, Direktorin
des Verbindungsbüros des Europarats zur Europäischen Union, sieht in diesem gemeinschaftsfördernden
Element eine wichtige Aufgabe der Kirchen. Insbesondere in Fragen der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit
und der gemeinsamen Aufarbeitung der Geschichte könnten und sollten sich die Kirchen weiter engagieren.
Die Südosteuropagruppe der GEKE ist vor über dreissig Jahren unter der Prämisse gegründet worden,
angesichts der politischen Teilung des südöstlichen Europas einen Brückenschlag zwischen den Staaten
und Kirchen über den Eisernen Vorhang hinweg zu wagen. Ihr gehören vor allem Minderheitskirchen aus Frankreich,
der Schweiz, Deutschland, Spanien/Portugal, Italien, Tschechien, der Slowakei, Slowenien, Polen, Rumänien,
Russland und aus anderen Ländern der ehemaligen Sowjetunion an. Mit einer noch bis Donnerstag dauernden Tagung
wird im Anschluss an das Symposium die Arbeit der Gruppe für die kommenden Jahre konstituiert.
Zur "Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa" (GEKE) - Leuenberger Kirchengemeinschaft haben sich
105 protestantische Kirchen in Europa (und in Südamerika) zusammen geschlossen. Lutherische, reformierte,
unierte, methodistische und hussitische Kirchen gewähren einander durch ihre Zustimmung zur Leuenberger Konkordie
von 1973 Kanzel- und Abendmahlsgemeinschaft. Die fünf protestantischen Kirchen in Südamerika, die zur
GEKE gehören, haben sich aus früheren Einwandererkirchen entwickelt. Zwischen den Vollversammlungen führt
der 13 Personen umfassende Rat die Geschäfte. |