Der Branchenumsatz steigt um 17,7 Prozent auf 9,5 Milliarden Euro, die
Produktion nur um 4 Prozent, das Ertragswachstum fehlte
Wien (ba-ca) - Österreichs Chemieindustrie verbuchte 2006 eine Umsatzsteigerung von 17,7 Prozent.
Der Umsatzrekord brachte allerdings keine entsprechenden Ertragszuwächse mit sich. Zu diesem Ergebnis kommt
der neueste Branchenbericht der Bank Austria Creditanstalt (BA-CA) Konzernvolkswirtschaft. Das hohe Umsatzwachstum
im Vorjahr beruhte maßgeblich auf hohen Preissteigerungen, die wesentlich von der Rohstoffpreishausse getrieben
waren. Gleichzeitig ist die Produktionsleistung der Branche nur um 4 Prozent gestiegen und damit sogar langsamer
als im langfristigen Durchschnitt von rund 6 Prozent in den letzten zehn Jahren. Vermutlich konnten die gestiegenen
Kosten im Branchendurchschnitt nicht zur Gänze mit den höheren Preisen aufgefangen werden.
"Treibende Kraft hinter dem Branchenwachstum 2006 war einmal mehr die Exportnachfrage, die grundsätzlich
für das Branchenwachstum aufgrund des relativ kleinen Inlandsmarktes essenziell ist", so Günter
Wolf von der Bank Austria. Im Vorjahr stiegen die Ausfuhren von chemischen Grundstoffen und Chemiewaren um 18 Prozent
auf 11 Milliarden Euro, wobei die höchsten Zuwächse im Export mit Rohkunststoffen verbucht wurden (+32
Prozent auf 1,4 Milliarden Euro). Die wichtigsten Exportgüter der österreichischen Chemie sind seit Jahren
pharmazeutische Produkte; die Pharmaexporte sind 2006 um 17,3 Prozent auf 4,2 Milliarden Euro gestiegen. Demgegenüber
standen Importe im Wert von 3,9 Milliarden Euro, womit die Sparte auch wieder einen wesentlichen positiven Beitrag
zur Außenhandelsbilanz mit Chemiewaren leistete.
Die Chemiekonjunktur bleibt 2007 und wahrscheinlich auch 2008 lebhaft, unterstützt vom kräftigen Wirtschaftswachstum
im Inland und in wichtigen Exportmärkten. Das Umsatzwachstum der Chemieindustrie wird heuer zwar das Vorjahresergebnis
verfehlen, sollte aber zumindest das langfristige Niveau von 5 bis 6 Prozent im Jahr erreichen.
"Österreichs Chemieindustrie verteidigt seit Jahren erfolgreich ihre Konkurrenzfähigkeit",
sagt Günter Wolf von der BA-CA. In erster Linie ist die Produktivität der Branche schneller als im EU-Durchschnitt
gestiegen. Seit Mitte der 90er Jahre sind die Produktionsleistung der heimischen Chemieindustrie um mehr als 70
Prozent und die Beschäftigung um knapp 2 Prozent gestiegen. Im EU25-Schnitt betrug das Produktionswachstum
im selben Zeitraum nur rund 40 Prozent und die Beschäftigung ist um 11 Prozent gesunken. Darüber hinaus
bestätigt die langfristige Verbesserung der Außenhandelsbilanz die stabile Position der Branche: Das
Handelsbilanzminus mit Chemiewaren von 1,3 Milliarden Euro Mitte der 90er Jahre auf zuletzt 900 Millionen Euro
gesunken.
"Trotz der anhaltend lebhaften Nachfrage wird sich der Ertragsdruck in der Chemieindustrie nicht lockern.
Im Juni kommt mit 'Reach' ein neuer Kostenfaktor auf die Branche zu, einer EU-Regelung hinsichtlich der Registrierung
chemischer Substanzen", hält Branchenanalyst Günter Wolf fest. Brancheninterne Schätzungen
gehen davon aus, dass EU-weit 10 bis 30 Prozent der rund 30.000 registrierungspflichtigen Stoffe vor allem in der
Feinchemie vom Markt genommen werden, beziehungsweise ihre Produktion ins Nicht-EU-Ausland verlagert wird. |