Klimaökonomisch ausgerichtete Verkehrspolitik gefordert  

erstellt am
25. 05. 07

Kontinuierlich steigender Trend der verkehrsbedingten Treibhausgasemissionen kann umgekehrt werden
Wien (wifo) - Der österreichische Verkehrssektor gehört zu den größten Einzelquellen an klimawirksamen Treibhausgasen, insbesondere an Kohlendioxid (CO2), und zeigt gegenüber dem Referenzjahr 1990 die größte Wachstumsdynamik. Die traditionellen fiskalischen Instrumente der Verkehrspolitik weisen jedoch kaum klima- und energiepolitische Anreize für emissionsarme Verkehrsformen und -technologien auf. Die erforderliche Senkung der verkehrsbedingten Treibhausgasemissionen bedarf einer kohärenten klimaökonomisch motivierten Verkehrspolitik, die die Präferenzen der Straßenverkehrsteilnehmer in Richtung Energieeffizienz beeinflusst und die Entwicklung und Markteinführung von entsprechenden Technologien forciert. Zentrale Instrumente sind eine ökologische Kraftfahrzeugsteuer, die sich u. a. an den spezifischen CO2-Werten orientiert, und eine stufenweise Anhebung der Mineralölsteuersätze, deren Einnahmen in die Entwicklung und Diffusion von verbrauchsarmen Fahrzeugen fließen.

Die Emissionen des Verkehrssektors haben in Österreich kontinuierlich steigende Tendenz. So erhöhten sich die Treibhausgasemissionen von 1990 bis 2005 um 91,6% (Abbildung 1). Die Wachstumsdynamik ist im Verkehrssektor also am höchsten (zum Vergleich: Energieaufbringung +16%, Industrie und produzierendes Gewerbe +10,9%). Da die Emissionen anderer Wirtschaftsbereiche wie Elektrizitätserzeugung, Erzeugung von Raumwärme und Industrie ebenfalls zunehmen, kann die Zunahme der Emissionen im Verkehrssektor nicht kompensiert werden. Klimaökonomische Maßnahmen und eine Strukturanpassung zur Umkehr des steigenden Trends der Treibhausgasemissionen müssen daher am Verkehrssektor selbst ansetzen.

Die Energiebasis des Verkehrssektors bilden bisher fast ausschließlich fossile Rohstoffe; Hauptenergielieferant ist das Erdöl. Die Erdölprodukte Dieselkraftstoff, Benzin und Petroleum machten im Jahr 2005 zusammen 93% des energetischen Endverbrauchs des Verkehrssektors aus. Eine Diversifizierung der Energiebasis hin zu Erdgas, Elektrizität und erneuerbaren Energieträgern wie biogenen und synthetischen Kraftstoffen – sowie längerfristig zu Wasserstoff –, die weitgehend CO2-neutral verbrannt werden können, setzt allmählich ein, kann aber die verkehrsbedingten Emissionen nur begrenzt reduzieren. Das macht die Implementierung von Maßnahmen erforderlich, die Anreize für den Einsatz von energieeffizienten Verkehrsträgern setzen.

Der Großteil der Emissionen (95,5%) wird durch den Straßenverkehr verursacht (Abbildung 2). Der Straßenpersonenverkehr ist weiterhin der größte Einzelverursacher von CO2-Emissionen mit einem Anteil von 53% (2005). Im Kyoto-Referenzjahr 1990 betrug dieser Anteil noch 70,5%. Der Anteil des Straßengüterverkehrs (leichte und schwere Nutzfahrzeuge) nahm in diesem Zeitraum stetig zu (von 25,3% im Jahr 1990 auf 42,3% im Jahr 2005).

Eine klimaökonomisch ausgerichtete Verkehrspolitik muss einerseits im Verhaltensbereich, d. h. nachfrageseitig ansetzen und eine Lenkungswirkung auf die Präferenzen bezüglich der technologischen Ausstattung der Fahrzeuge entfalten. Hier haben preisbezogene Anreizsysteme, wie etwa die Kraftfahrzeug- und Mineralölsteuer, eine zentrale Bedeutung. Laut eines Richtlinienvorschlags der Europäischen Kommission soll die Kfz-Steuer künftig ein stärkeres umweltpolitisches Lenkungspotential erhalten. In einem ersten Schritt bis 2008 wären mindestens 25%, in einem weiteren Schritt (bis 2010) mindestens 50% des gesamten Steueraufkommens auf eine CO2-Basis zu stellen. Zweitens sollen Zulassungssteuern (in Österreich etwa die Normverbrauchsabgabe) innerhalb einer Übergangszeit von fünf bis zehn Jahren abgeschafft werden, da sie das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes beeinträchtigen. Eine Abschaffung der Zulassungssteuern würde ein monetäres Hemmnis für den (vorzeitigen) Kauf neuer verbrauchs- bzw. emissionsarmer Pkw, wie Hybrid-, Gas- und Elektrofahrzeuge, beseitigen. Das würde einen Innovationsanreiz für den Kauf energieeffizienter Pkw bieten, wenn zugleich die regelmäßig erhobenen Kfz-Steuern auf CO2-Emissionsstandards basieren.

Als flankierende klimapolitische Maßnahme empfiehlt die WIFO-Analyse die Anhebung der Mineralölsteuer. Die Mineralölsteuer gilt als die zentrale Klimasteuer des Verkehrssektors, da sie direkt bei der fossilen Rohstoffbasis anknüpft und so dem Verursacherprinzip entspricht. In Österreich könnte die Erhöhung der Mineralölsteuer auch die für den "Tanktourismus" bestimmenden Kraftstoffpreisdifferentiale zu den Nachbarländern glätten und damit die im Kyoto-Protokoll eingegangene Verpflichtung zur Verringerung der Treibhausgasemissionen erfüllen helfen. Eine teilweise Zweckbindung der Mineralölsteuereinnahmen für die Erforschung, Entwicklung und Markteinführung von alternativen Kraftstoffen, Antrieben und Kraftstoffinfrastruktur, etwa die Energieinfrastruktur für Biogas- und Elektro- bzw. Hybridfahrzeuge sowie langfristig für Brennstoffzellenfahrzeuge, würde in kohärenter Weise die technologiebezogene, d. h. die Angebotsseite des Straßenverkehrs ansprechen. Eine verkehrs- und klimabezogene Zweckbindung der Mineralölsteuereinnahmen kann unter Umständen die Akzeptanz einer Anhebung der Mineralölsteuer verbessern helfen.

Quelle: WIFO
Autorin: Ina Meyer
 
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