Wien (wifo) - Die österreichische Wirtschaft verzeichnete im Jahr 2006 einen kräftigen Konjunkturaufschwung,
das Bruttoinlandsprodukt wuchs real um 3,2%. Die Expansion stützte sich auf eine hohe Steigerung der Exporte
und der Investitionstätigkeit, während die private Konsumnachfrage neuerlich eher verhalten blieb. Diese
Nachfragefaktoren wirkten sich auf das regionale Muster der Konjunktur aus, das durch unterschiedlich kräftige
Auftriebstendenzen in allen Bundesländern gekennzeichnet war. Der dynamische Export begünstigte das Wirtschaftswachstum
in den westlichen Bundesländern, deren Unternehmen insbesondere mit den traditionellen Handelspartnern in
engen Lieferbeziehungen stehen. Die Bruttowertschöpfung wuchs in der Westregion um 3,6%, in der Südregion
um 3,3% und in der Ostregion um 2,7%.
Innerhalb dieser Großregionen verzeichneten jene Bundesländer das höchste Wirtschaftswachstum,
deren Wirtschaftsstruktur am stärksten von der Sachgüterproduktion geprägt ist: Vorarlberg (+4,1%),
Niederösterreich (+3,8%), Oberösterreich (+3,7%) und Steiermark (+3,5%). In Vorarlberg und in Niederösterreich
entwickelten sich die meisten Wirtschaftsbereiche dynamisch, während in Oberösterreich und in der Steiermark
das Wachstum keine so breite Basis hatte.
Leicht überdurchschnittlich entwickelte sich die Wirtschaft in Tirol (+3,3%) und Salzburg (+3,2%). In diesen
Bundesländern hat die Sachgüterproduktion zwar eine geringere Bedeutung, sie wurde aber im Jahr 2006
aufgrund der hohen Exportintensität erheblich ausgeweitet. Etwas gedämpft wurde das Ergebnis durch die
schwache Steigerung in jeweils einer Schlüsselbranche (Tirol: Gast- und Beherbergungswesen, Salzburg: unternehmensnahe
Dienste).
Im Süden blieb Kärnten (+2,9%) zurück; die Wirtschaft ist hier etwas weniger exportorientiert. Überdies
verzeichnete Kärnten in zwei Schlüsselbranchen (Tourismus, Energiewirtschaft) einen Rückgang.
Am deutlichsten blieben mit Wien (Bruttowertschöpfung +2,2%) und dem Burgenland (+2,6%) jene Bundesländer
unter dem Österreich-Durchschnitt, deren Unternehmen stärker den heimischen Markt beliefern. Im Burgenland
verbesserte die gute Baukonjunktur das Wirtschaftsergebnis etwas. In Wien ist die Bedeutung der expansiven Sektoren
Beherbergungs- und Gaststättenwesen und Energiewirtschaft zu gering, um das Wachstum der gesamten Stadtwirtschaft
entscheidend zu erhöhen.
Vom Konjunkturaufschwung wurden die meisten Branchen der Sachgüterproduktion erfasst (Umsätze insgesamt
+10,8%). Wegen der sektoralen Breite des Aufschwungs fielen auch die regionalen Unterschiede in der Umsatzentwicklung
gering aus. Sie ergaben sich in erster Linie aus dem unterschiedlichen Exportengagement der Unternehmen. Das begünstigte
die Entwicklung der Sachgütererzeugung im Westen (insbesondere Vorarlberg, Tirol, Salzburg) und beeinträchtigte
jene im Osten (insbesondere Wien, Burgenland).
Nach eher schwachen Wachstumsraten in den vergangenen Jahren brachte die gute Konjunktur 2006 der Bauwirtschaft
den stärksten Aufschwung seit mehr als einem Jahrzehnt (Umsätze +16,4%). Dieser ging insbesondere von
der Nachfrage der öffentlichen Hand und von der Zunahme des Wohnungsbedarfs aus. In allen Bundesländern
nahmen die Bauumsätze mit zweistelligen Raten zu, besonders kräftig in den westlichen Bundesländern
(ausgenommen Oberösterreich) und in Niederösterreich.
Die österreichische Tourismuswirtschaft schnitt im Jahr 2006 eher mäßig ab (Ankünfte +2,7%,
Übernachtungen +0,1%). Einer guten Wintersaison folgte eine schwache Sommersaison. Am stärksten expandierten
der internationale Städtetourismus, der durch das "Mozart-Jahr" zusätzliche Impulse erhielt,
sowie der Wellness- und Kurzurlaubstourismus inländischer Reisender. Hingegen ging die Nachfrage der deutschen
Gäste, welche langfristig die Entwicklung der intensiven Tourismusregionen in den Alpen prägt, weiterhin
zurück. Dieser Faktoren begünstigten die extensiven Tourismusregionen und bewirkten ein deutliches Ost-West-Gefälle
mit höchsten Nächtigungsgewinnen in Wien und Niederösterreich und Rückgängen in Kärnten,
Tirol und Vorarlberg.
Die gute Konjunktur wirkte sich positiv auf den Arbeitsmarkt aus. Im Jahr 2006 nahm in allen Bundesländern
die Beschäftigung zu (aktive Beschäftigung Österreich insgesamt +1,7%), die Zahl der Arbeitslosen
verringerte sich (Österreich –5,3%). Die regionale Nachfrage nach Arbeitskräften hing eng mit der Konjunktur
zusammen: Sie war im Westen am stärksten und im Osten am schwächsten. Die Entwicklung der Arbeitslosigkeit
war auch vom Arbeitskräfteangebot beeinflusst, das weiterhin zunahm (Österreich +1,1%). Am deutlichsten
sank die Arbeitslosigkeit in Salzburg und Oberösterreich, am wenigsten in Kärnten, Wien und Tirol. Der
Konjunkturaufschwung übertrug sich auf den Arbeitsmarkt am stärksten in den von der Industrie geprägten
Zentralräumen der Bundesländer und am schwächsten in den ländlichen Randgebieten.
Quelle: WIFO
Autor: Gerhard Palme |