Kdolsky präsentiert eigenes Modell zur Umsetzung der Rezeptgebührendeckelung  

erstellt am
04. 06. 07

Wien (bgf) - "Nach Analyse der vom der Hauptverband vorgeschlagenen Umsetzungsvariante zur Deckelung der Rezeptgebühren haben wir festgestellt, dass dieses Modell auf Grund mangelnder Datenaktualität nicht praktikabel und umsetzbar erscheint", so Gesundheitsministerin Andrea Kdolsky am 01.06. in Ergänzung zu ihrem Interview in der heutigen Ausgabe der Tageszeitung "Die Presse". "Als zuständige Ressortministerin habe ich nun die Initiative ergriffen und einen eigenen Vorschlag auf den Tisch gelegt." Das von Kdolsky präsentierte Modell knüpft an die seit 2003 bestehende Leistungsinformation der Krankenkassen an die Versicherten an und nutzt dadurch ein bereits bestehendes System.

Das "Kdolsky-Modell" sieht im Detail wie folgt aus:

  • Personen, die bereits jetzt rezeptgebührenbefreit sind, bleiben es auch weiterhin. An der geltenden Regelung wird nichts geändert.
  • Darüber hinaus soll es für chronisch Kranke mit niedrigem Einkommen, die jedoch nach geltender Rechtslage von den Rezeptgebühren nicht befreit sind, entsprechend dem Regierungsprogramm eine Entlastung geben, wenn die bezahlten Rezeptgebühren mehr als zwei Prozent des Einkommens des Versicherten ausmachen.
  • Von Juni bis Oktober werden an die Versicherten die sog. Leistungsinformationsblätter verschickt, die die Aufwände des vorangegangenen Kalenderjahres in den Bereichen ärztliche Hilfe, Heilmittel und Anstaltspflege versichertenbezogen ausweisen. Bis zum Juni sollen die auf dem Rezeptgebührenkonto aufgebuchten Rezeptgebühren mit der Einkommensgrenze von zwei Prozent des Versicherten verglichen werden. Der Überschreitungsbetrag an zuviel bezahlten Rezeptgebühren wird im Leistungsinformationsblatt dem Versicherten als Gutschrift bekannt gegeben. Der Versicherte kann den ausgewiesenen Betrag unter Bekanntgabe seiner Kontonummer bei seinem zuständigen Krankenversicherungsträger zurückfordern.


- Um Kleinstanweisungen von z.B. ein bis zwei Euro und den damit verbundenen unverhältnismäßigen administrativen Aufwand zu vermeiden, soll ein Sockelbetrag eingeführt werden. Erst wenn die zuviel bezahlten Rezeptgebühren diesen übersteigen, ist eine Rückforderung möglich. Damit der Versicherte aber nichts verliert, werden Überschreitungsbeträge unterhalb des Sockelbetrages ins Folgejahr übertragen und können dann zusammen mit dem Überschreitungsbetrages des Folgejahres rückgefordert werden.

Durch das "Kdolsky-Modell" ergeben sich gegenüber dem Modell des Hauptverbandes folgende Vorteile:

  • Allfällige Streitereien bei den Ärzten oder in den Apotheken werden vermieden, da die Datenverzögerung über die bereits bezahlten Rezeptgebühren keine Rolle mehr spielt.
  • Das Problem der Ungleichbehandlung der Personengruppen wegen der mangelnden Datenaktualität über die Jahresbeitragsgrundlagen wird dadurch entschärft, dass das erste Leistungsinformationsblatt im Juni verschickt wird, wo die Jahresbeitragsgrundlagen des vorangegangenen Jahres bereits überwiegend bekannt sind.
  • Änderungen in den Versicherungsverläufen während des Kalenderjahres können sauber erfasst werden, wodurch die im Hauptverbands-Modell auftretenden Fälle von möglicherweise zu Unrecht bestehenden Rezeptgebührenbefreiungen vermieden werden.


Zum Modell des Hauptverbandes hat Gesundheitsministerin Kdolsky folgende Bedenken:

  • Wie der Hauptverband selbst zugibt, liegen die Daten über die bezahlten Rezeptgebühren erst mit einer zeitlichen Verzögerung von zwei Monaten (bei Abgabe durch Apotheken) bzw. vier Monaten (bei Abgabe durch hausapothekenführende Ärzte) vor. Dadurch kann es dazu kommen, dass von Versicherten Rezeptgebühren verlangt werden, die gar nicht mehr zu leisten wären, da die Grenze von zwei Prozent des Einkommens bereits überschritten, aber durch die Verzögerung der Datenmeldung noch nicht ersichtlich ist.
  • Im Modell des Hauptverbandes werden bei aktiv Erwerbstätigen die sog. Jahresbeitragsgrundlagen zur Ermittlung der Einkommensgrenze herangezogen. Diese sind dem Hauptverband jedoch erst im Mai/Juni des Folgejahres bekannt. Davor muss auf die Jahresbeitragsgrundlagen des zweitvorangegangenen Jahres zurückgegriffen werden. Hier besteht demnach wiederum ein Problem der Datenaktualität, das dazu führt, dass Nachberechnungen notwendig werden. Bei Leistungsbeziehern (z.B. Pensionisten oder Arbeitslosengeldbeziehern) kennt der Hauptverband hingegen die aktuellen Daten, wodurch es zu einer Ungleichbehandlung der Personengruppen kommt.


- Bei veränderten Versicherungsverläufen während eines Kalenderjahres kann es im Modell des Hauptverbandes ebenfalls zu Unschärfen kommen. Wenn z.B. ein Arbeitslosengeldbezieher zunächst wegen Überschreitung der Einkommensgrenze von den Rezeptgebühren befreit wird, später im selben Kalenderjahr aber eine berufliche Tätigkeit aufnimmt, bliebe die Rezeptgebührenbefreiung trotz veränderter Einkommensverhältnisse erhalten. Aus dem Modell des Hauptverbandes geht aber nicht hervor, ob und wie eine Rückforderung der zu Unrecht nicht bezahlten Rezeptgebühren erfolgt.

"Diese Analyse zeigt, dass die Umsetzung des Modells des Hauptverbandes zu Ungerechtigkeiten führen kann. Zum einen müssten Personen Rezeptgebühren zahlen, die eigentlich befreit sein müssten. Zum anderen würden Personen befreit werden, die bei Berücksichtigung ihrer Einkommensverhältnisse keinen Anspruch darauf hätten", so die Gesundheitsministerin. "Weiters fürchte ich, dass es auf Grund der geschilderten Unklarheiten zu Diskussionen in den Arztpraxen und Apotheken kommen wird, was ich aus gesundheitspolitischer Sicht unbedingt vermeiden möchte." Genau aus diesem Grund habe sie, Kdolsky, ein eigenes Modell entwickelt, das auf das bereits seit 2003 bestehende Leistungsinformationsblatt zurückgreift. "Dieses Modell ist im Vergleich zur Empfehlung des Hauptverbandes administrativ leichter umsetzbar und bringt mehr Transparenz", betonte Kdolsky abschließend.

 
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