Debatte über Finanzierung der Pflege  

erstellt am
08. 06. 07

Buchinger: Erstmals wird Fokus auf Pflege gelegt
Bedauerlich, dass ÖVP gemeinsamen Weg verlassen hat
Wien (sk) - "Die Frage der Pflege ist eines der wichtigsten Themen und mit der demographischen Entwicklung wird es in der Zukunft noch wichtiger", betonte Sozialminister Erwin Buchinger am 06.06. im Nationalrat. Es sei "uneingeschränkt positiv", dass sich das Hohe Haus heute und schon vorher im Sozialausschuss mit diesem Thema so umfassend und auf hohem Niveau beschäftige. Um die Herausforderungen im Pflegebereich zu meistern, brauche es eine breite Palette an Maßnahmen, so Buchinger. Mit der Unterstützung der pflegenden Angehörigen habe man bereits einen notwenigen Punkt diskutiert, mit dem Hausbetreuungsgesetz werde ein weiteres "Mosaiksteinchen" beschlossen, wenn auch ein sehr wichtiges, da es bisher keine legale Möglichkeit der 24-Stunden-Betreuung zu Hause in Österreich gegeben habe. "Diese Bundesregierung schaut erstmals hin und versucht eine Lösung zu finden", unterstrich der Sozialminister.

In anderen Bereichen gebe es bereits Angebote, was nicht heiße, dass man nicht auch dort Verbesserungen vornehmen müsse. Als Beispiel nannte Buchinger unter anderem die teilstationäre Betreuung, die sich fast nur auf den urbanen Raum beschränke. Der Hinweis, dass von der neuen Regelung nur fünf Prozent erfasst würden sei richtig, aber könne nicht als Kritikpunkt angeführt werden. 70 Prozent der Pflegebedürftigen seien in stationärer Betreuung und ein weiterer großer Teil würde von Angehörigen gepflegt. Bei letzterer Gruppe brauche es andere Maßnahmen, wie beispielsweise den Ausbau von Tageszentren. Geschätzt würden derzeit 5.000 bis 20.000 Familien illegale Betreuung in Anspruch nehmen, für diese schaffe man ein legales Angebot.

Nicht stehen lassen wollte Buchinger auch den Vorwurf der Freiheitlichen, dass die Behindertenorganisationen nicht genügend eingebunden gewesen wären. Innerhalb zwei Monaten habe vier Termine mit Vertretern von Behindertenorganisationen gegeben und seien im gleichen Maße eingebunden gewesen wie etwa die Vertreter der Bundesländer, in Wirklichkeit seien die Behindertenorganistionen "eingebunden wie noch nie" gewesen, unterstrich der Sozialminister.

Buchinger unterstrich in seiner Rede, dass er immer darauf hingewiesen habe, dass er bei der 24-Stunden-Pflege immer die Unselbständigkeit der Pflegenden präferiert habe, denn, so der Sozialminister, "wir müssen ein Interesse haben, dass auf dem Pflegemarkt auch unselbständige Beschäftigungsverhältnisse für Österreicher möglich sind". "Ich bin skeptisch bei der Fördernotwendigkeit von Selbständigkeit", so Buchinger. Er sei aber gerne bereit, sich auf weitere Gespräche einzulassen und diverse Argumente zu prüfen.

Zur Förderung der 24-Stunden-Betreuung ab Pflegestufe fünf meinte Buchinger, dass festgehalten worden sei, dass diese Förderung "in der ersten Phase" durchgeführt werde und dann evaluiert werde. Personen ab Pflegestufe fünf hätten eben einen höheren Pflegebedarf und nicht vergessen dürfe man, dass Vertreter des Finanzministeriums dafür gewesen wären, eine Förderung erst ab Pflegestufe sechs einzuführen. "Ich verstehe budgetäre Gründe. Diese dürfen aber nicht im Vordergrund stehen", sagte Buchinger.

Insgesamt sei es bedauerlich, dass von Seiten der ÖVP der gemeinsame Kurs verlassen wurde. "Ich bin gerne bereit, den gemeinsamen Weg wieder zu beschreiten", bot Buchinger an. Das Wesen von Kompromissen sei es, gemeinsame Berührungspunkte zu finden und wichtig sei es auch, dann zu den gemeinsam ausgearbeiteten Vorhaben zu stehen. An die Abgeordneten und Regierungskollegen richtete Buchinger abschließend den Appell, die Menschen über das Themen Pflege zu informieren und beraten und die "gute Nachricht" über die neue Pflegeregelung den Menschen weiter zu geben.

 

 Bartenstein skizziert vier Varianten zur Betreuung daheim
Langfristiges Ziel ist Pflege daheim zu denselben Bedingungen wie im Heim
Wien (övp-pk) - "Das Pflegepaket, das Sozialminister Dr. Erwin Buchinger und ich heute vorlegen, ist ein erster Schritt - nicht mehr, aber auch nicht weniger. Nach den positiven Beratungen heute im Ministerrat halte ich aber einen zweiten Schritt bis zum nächsten Plenum Anfang Juli für möglich." Das sagte Bundesminister Dr. Martin Bartenstein am 06.06. bei der Debatte über das Hausbetreuungsgesetz im Plenum des Nationalrats. Selbst wenn der zweite Schritt gelinge, könne dies "noch nicht das Ende der Fahnenstange" sein. Langfristiges Ziel müsse eine Pflege und Betreuung daheim zu denselben - auch finanziellen - Bedingungen wie im Heim sein.

Die Beratungen im heutigen Ministerrat und die Schlussfolgerungen von Bundeskanzler und Vizekanzler machen Bartenstein optimistisch, dass dieser zweite Schritt auch gelingen könne. Positiv unterstrich der Minister, dass jetzt wieder zur Sachpolitik zurückgekehrt werde und in den nächsten Tagen und Wochen die Verlängerung der Amnestie, die Einbeziehung von selbständigen Betreuungspersonen in das Fördermodell und die Möglichkeit für Förderungen ab Pflegestufe 3 verhandelt werden. Die Stufe 3 sei die untere Messlatte, so Bartenstein, der in diesem Zusammenhang darauf verwies, dass auch im Hausbetreuungsgesetz die Pflegestufe 3 angeführt werde.

Behauptungen, wonach die SPÖ einen Vorschlag zu Förderung schon ab Stufe 3 gemacht habe, wies der Minister zurück. Das entspreche nicht den Tatschen. Der Vorschlag, Förderungen erst ab Stufe 5 zu ermöglichen, sei vom Sozialministerium gekommen.

Maßnahmen im Bereich der Pflege, so Bartenstein weiter, müssten aber jedenfalls im Kontext mit den Ländern erfolgen. Deren Einbindung sei "kein einfaches Unterfangen", die Finanzausgleichsverhandlungen seien aber de facto eröffnet und es gebe auch ein Angebot der Länder über eine 15a-Vereinbarung. Die Länder sollten seiner Ansicht aber nicht erst zum 1. Jänner 2008 in eine indirekte Kofinanzierung dieses Pflegemodells eintreten.
Für den zweiten Schritt bis Anfang Juli sieht Bartenstein folgende Varianten als Möglichkeit:

  1. Realität sei, dass Pflege und Betreuung zuhause in vielen Fällen von ausländischen Pflegekräften durchgeführt wird. Hier wäre die "Inanspruchnahme der Dienstleistungsfreiheit auf Basis einer selbstständigen Tätigkeit" möglich. Dabei werden der Sozialversicherungsschutz und die Steuerleistung im jeweiligen Herkunftsland fällig.
  2. Ausländische Pflegekräfte, die von der Niederlassungsfreiheit Gebrauch machen, und österreichische Pflegekräfte könnten einen Gewerbeschein lösen, im Rahmen des freien Gewerbes selbstständig in Österreich tätig werden und hier Sozialversicherung zahlen. Diese Variante sei förderfähig, im Zuge der Förderung könne ein Teil der Sozialversicherungskosten übernommen werden.
  3. Bei einer unselbstständigen Betreuung könnte die Anstellung bei einer Hilfsorganisation wie Caritas, Hilfswerk oder Volkshilfe erfolgen. Diese Variante sei ebenfalls förderfähig.
  4. Anstellung bei der direkt zu betreuenden Person oder deren Familie; auch diese Variante ist förderfähig.

Ingesamt sehe der Minister im heutigen Beschluss den ersten Schritt. Der zweite Schritt werde per Anfang Juli gesetzt. "Langfristige Perspektive muss es aber sein, dass die Pflege daheim zu vergleichbaren Rahmenbedingungen möglich ist wie im Heim. Wir müssen langfristig den Menschen noch stärker unter die Arme greifen, Betreuung und Pflege daheim im Kreise der Familie erbringen zu können", so der Minister abschließend.


 

Neubauer: Regierung scheitert an Pflegemodell für Österreich
Freiheitliches Modell für eine langfristige Gewährleistung der Pflege
Wien (fpd) - Der FPÖ-Seniorensprecher und Generalsekretär des Österreichischen Seniorenringes, NAbg. Werner Neubauer attestiert der Regierung am Pflegemodell gescheitert zu sein. "Ein Ruhmesblatt der Regierung waren die letzten beiden Tage wahrlich nicht", so Neubauer.

"Mehr als zwei Millionen Menschen in Österreich sind 60 Jahre oder älter. Diese Menschen wurden in den letzten Wochen durch das unprofessionelle Vorgehen der Regierung in Sachen Pflegemodell für Österreich mehr und mehr verunsichert", bemerkt Neubauer. Das "unwürdige Schauspiel" durch die beiden Regierungsparteien, welches auf dem Rücken der Betroffenen ausgetragen werde, sei ein "peinlicher Akt am Beginn der ersten Bewährungsprobe dieser Regierung". Weiters würden 40.000 Menschen, die im Pflegebereich tätig seien, genauso verunsichert, weil sie von einem Tag auf den anderen nicht mehr wissen würden, ob sie legal oder illegal ihre Arbeit verrichten dürften.

Neubauer: "Diese Regierung ist von den Sorgen und Nöten der Bevölkerung soweit entfernt, wie kaum eine Regierung zuvor. Davon konnte man sich auch in der heutigen Debatte im Nationalrat überzeugen. Die Regierung hätte die Chance, dem freiheitlichen Pflegemodell ihre Zustimmung zu geben, welches bei einer Erhöhung des BIP-Anteils von 1,1% auf 2,0% und einer jährlichen Evaluierung des Pflegegeldes eine langfristige Gewährleistung der Pflege in Österreich darstellen würde. Rot und Schwarz haben die Chance nicht genutzt sondern ein Flickwerk aus Widersprüchen vorgelegt. Auch in dieser Frage ist offensichtlich, dass die FPÖ die einzige 'Soziale Heimatpartei' ist."

 

 Haubner: Rasche Lösungen statt Verunsicherung
Unterstützung bereits ab Pflegestufe 3 notwendig, Erhöhung des Pflegegeldes um 5 Prozent
Wien (bzö) - BZÖ Sozialsprecherin Ursula Haubner forderte in ihrem Debattenbeitrag im Nationalrat zum Hausbetreuungsgesetz rasche Lösungen statt Verunsicherung der Pflegebedürftigen, ihrer Angehörigen und der tausenden im Pflegebereich Beschäftigten. "Pflege muss leistbar und bedarfsorientiert sein und es darf keine zusätzliche Belastung für die Betroffenen geben," so Haubner.

"Wenn es schon nicht möglich ist, im Bereich der 24-Stunden Pflege innerhalb der Regierung eine Einigung zu erzielen, wie sieht es dann bei einem Gesamtkonzept für die Pflege aus, wo noch viele offene Fragen anstehen. Was ist mit den Anregungen und Projekten für Prävention, Erweiterung des Dienstleistungsangebotes, was ist mit der Frage des Lehrberufes Pflege und Betreuung, wo sind die Antworten im Bezug auf das freiwillige soziale Jahr und wo sind weitere Entlastungen für pflegende Angehörige," fragte Haubner.

"Das BZÖ fordert daher eine sofortige Erhöhung des Pflegegeldes um mindestens 5 Prozent und die jährliche Valorisierung sowie Förderungen bereits ab Pflegestufe 3. Wir brauchen tragfähige und leistbare Lösungen, anstatt so ein unwürdiges Schauspiel wie es zwischen zwei Ministern passiert. Alt werden zu Hause und selbständig qualitativ leben zu können ist mit dem derzeitigen Modell nicht möglich," kritisierte Haubner abschließend.
 

Wir übernehmen hier Stellungnahmen aller im Parlament
vertretenen Parteien – sofern vorhanden! Die Redaktion

 
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