Außenministerin Plassnik beim evangelischen Kirchentag für
Ostösterreich
Wien (bmeia) - "In der Wiedervereinigung Europas, in der endgültigen Überwindung der
Trennlinien auf unserem Kontinent sehe ich die zentrale Aufgabe unserer Generation. Dieses faszinierende Projekt
ist noch lange nicht vollendet. Wir alle befinden uns in einem Lernprozess", erklärte Außenministerin
Plassnik am 07.06. beim Podiumsgespräch anlässlich des evangelischen Kirchentags für Ostösterreich
im südburgenländischen Oberwart, das dieses Jahr dem Thema "Gesellschaftliche Verantwortung der
evangelischen Kirchen im neuen Europa" gewidmet war. "Dabei sind wir alle gefordert. Die Politik kann
nur die Rahmenbedingungen gestalten. Sie sind es aber" - so Plassnik an die anwesenden Kirchenvertreter -
"die letztlich die notwendige menschliche Nähe schaffen. Europapolitiker - das sind wir heute alle."
Die Ministerin verwies auf den positiven wirtschaftlichen Befund der Erweiterung der EU und der damit einhergehenden
tiefgreifenden Transformationsprozesse in Mittel- und Osteuropa. "Die sprachliche und gedankliche Trennung
zwischen neuen und alten Mitgliedstaaten ist heute überholt. Heute sind alle Mitgliedstaaten gleichberechtigte
Teilhaber und Mitgestalter im gemeinsamen Europa. Oft ist gerade in diesen dynamischen Ländern noch das "europäische
Feuer" spürbar", erklärte die Außenministerin.
Dabei habe es aber auch Enttäuschungen gegeben, da viele neue EU-Bürger zu hohe Erwartungen an eine rasche
Erhöhung ihres Lebensstandards hatten. Es sei nicht gelungen, alle Menschen bei den enormen aber oft auch
schmerzhaften Transformationsprozessen mitzunehmen. "Diese Ängste und Gefühle der Enttäuschung
müssen ernst genommen werden. Wir müssen sie offen ansprechen und lernen, politisch und gesellschaftlich
mit ihnen umzugehen. Wir müssen auch lernen, genau zuzuhören. Gerade dabei können die Kirchen einen
wesentlichen Beitrag leisten. Denn Europa muss ein Kontinent der Zuversicht bleiben, wir dürfen uns nicht
von diesen Ängsten treiben lassen", unterstrich Plassnik.
Als besonderes persönliches Anliegen sprach Plassnik den Dialog der Religionen und Kulturen an, wobei sie
auch auf die jüngste internationale Nahost-Frauenkonferenz in Wien verwies. Bei diesem Dialog gehe es aber
nicht nur um das Verhältnis zur islamischen Welt, sondern auch um die zunehmende "Vielfalt im Inneren".
"Wir alle müssen lernen, mit dieser neuen Vielfalt im Inneren umzugehen. Die Menschen haben aber auch
ein Bedürfnis nach Orientierung, denn Unübersichtlichkeit schafft Verunsicherung. Dieser Dialog sollte
daher sorgsam, behutsam und verantwortungsvoll geführt werden", so Plassnik, die daran erinnerte, dass
es auch in Österreich nicht immer möglich war, an protestantischen Gotteshäusern Kirchtürme
anzubringen.
"Das neue Europa braucht Brückenbauer - zwischen den Ländern und Gesellschaften, aber auch innerhalb
unserer Gesellschaften. In diesem Europa der friedlichen Wiedervereinigung müssen wir das Zusammenwachsen
und das Zusammenhalten in unseren Gesellschaften jeden Tag neu lernen und uns aktiv darum bemühen", so
die Ministerin abschließend. |