Wien (fwf) - Nanodrähte aus Nickel-Rhodium besitzen eine überraschend hohe Reaktionsfähigkeit
gegenüber Sauerstoff. Damit bieten sie ein zukünftiges Entwicklungspotenzial für neuartige chemische
Katalysatoren. Zu diesem Ergebnis kam eine österreichisch-schwedische Gruppe, der es gelang, eindimensionale
Nickelbahnen kontrolliert auf einer Rhodiumunterlage aufzubringen. Das Team arbeitet als Teil des Nationalen Forschungsnetzwerks
"Nanowissenschaften auf Oberflächen", das seit Dezember 2003 vom Wissenschaftsfonds FWF unterstützt
wird.
Atome an den Ober- und Grenzflächen von Körpern verhalten sich aufgrund ihrer Randposition anders als
Atome im Volumeninneren. Wird nun das Verhältnis von Oberfläche zu Volumen signifikant geändert,
so kann dies grundlegenden Einfluss auf die chemischen und physikalischen Eigenschaften eines Materiales haben
- trotz unveränderter chemischer Zusammensetzung. Da Strukturen des Nanobereichs im Extremfall eindimensional
sind - und damit quasi nur noch Oberfläche darstellen -, kommt der Erforschung von Oberflächeneffekten
in den Nanowissenschaften eine ganz besondere Bedeutung zu. Genau diesem Aspekt widmet sich das Nationale Forschungsnetzwerk
"Nanowissenschaften auf Oberflächen" unter der Koordination von Prof. Falko Netzer, Institut für
Physik, Karl-Franzens-Universität Graz.
Die Dimension der Forschung
Vor kurzem gelang es Prof. Netzer und seinem Team, ein Modell zu etablieren, an dem die Reaktionsfähigkeit
metallischer Nanosysteme auf atomarer Ebene erforscht werden kann. Dazu Prof. Netzer: "Es gelang uns, quasi-eindimensionale
Nickelatomreihen auf eine spezielle Rhodium-Unterlage aufzudampfen. Diese einkristalline Rhodiumunterlage besitzt
eine präzise gestaltete Treppenstruktur. Bei dieser wechseln sich Stufen, die nur den Abstand zweier Rhodium-Atome
hoch sind, mit Terrassen ab, die mehrere Atome weit sind." Tatsächlich konnte das Team durch die Ablagerung
von Nickelatomen genau am Verlauf der Stufen ein Bimetall-System mit präzise definierten Dimensionen auf der
Nanoskala herstellen.
In der Folge ermittelte die Gruppe um Prof. Netzer die chemische Reaktionsfähigkeit dieses Systems. Dazu wurden
neben Raster-Tunnel-Mikroskopie und aufwendigen Berechnungen auch Röntgen-Photoelektronenspektroskopie mittels
Synchroton-Strahlung an der Universität Lund in Schweden durchgeführt. Interessanterweise zeigten diese
Analysen, dass die Nickelbahnen eine ungewöhnlich hohe Reaktivität mit Sauerstoff aufwiesen. Ursächlich
für diese erhöhte Reaktivität sind zunächst Verschiebungen bestimmter Elektronenzustände
von Rhodium-Atomen der Stufenstruktur. Diese Verschiebung wirkt in der Folge auf die unmittelbar benachbarten Nickelatome
und erleichtert deren Reaktion mit Sauerstoff.
Reaktionsfähig
Zum Potenzial dieser hohen Reaktivität mit Sauerstoff meint Prof. Netzer: "Unsere Messungen und
Berechnungen belegen eindeutig, dass die eindimensionalen Nickelbahnen bei entsprechendem Gasdruck vollständig
mit Sauerstoff reagieren können - ohne dass auch nur ein Rhodium-Atom mit Sauerstoff reagiert. Damit bietet
dieses System Möglichkeiten zur Entwicklung von neuen Katalysatoren, deren Reaktionen die Adsorption und Dissoziation
von Sauerstoff-Atomen beinhalten."
Für Prof. Netzer verdeutlicht dieses Ergebnis einmal mehr die wichtige Rolle, die grundlegende Forschung an
Nanomaterialien für deren zukünftige Anwendung in alltäglichen Prozessen hat. Diese Bedeutung der
Grundlagenforschung motivierte Prof. Netzer und einige österreichische KollegInnen im Jahr 2003, das vom FWF
unterstützte Nationale Forschungsnetzwerk "Nanowissenschaften auf Oberflächen" zu gründen.
Diesem gehören Gruppen aus dem Bereich der Oberflächenwissenschaft an der Karl-Franzens-Universität
Graz, an den Universitäten Wien, Linz und Innsbruck sowie an den Technischen Universitäten Wien und Graz
an. Dieses heterogene Netzwerk ermöglicht nun eine interdisziplinäre Zusammenarbeit unter Rückgriff
auf verschiedene Methoden aus Physik, Chemie und Materialwissenschaften mit dem Ziel der Herstellung und Charakterisierung
von definierten Nanostrukturen auf Oberflächen. Denn nur wenn die chemischen und physikalischen Vorgänge
auf der Nanoebene verstanden und beherrscht werden, ist an einen effizienten und sicheren Einsatz dieser Technologie
in Zukunft zu denken. |