Innsbruck beteiligt sich an Qualitätssicherung bei Arzneimitteln
für Kinder
Innsbruck (universität) - Viele Medikamente gegen schwere Erkrankungen sind nur an Erwachsenen
getestet und nur für diese zugelassen. Die Reaktion des Körpers auf diese Arzneimittel ist bei Kindern
aber schwer vorauszusehen. Die Kinderklinik der Medizinischen Universität Innsbruck hat nun ein Kompetenzzentrum
für pädiatrische Studien eingerichtet, das am 19.06. mit einem Symposium zu Arzneimitteln und Arzneimittelsicherheit
bei Kindern eröffnet wird.
"Bis zu drei Viertel der Medikamente, die Kindern verordnet werden, sind nur bei Erwachsenen getestet worden",
sagt Univ.-Prof. Dr. Lothar Zimmerhackl, Leiter der Pädiatrie I an der Innsbrucker Kinderklinik. "Die
Anwendung erfolgt entweder außerhalb der zugelassenen Dosierung, Altersgruppe, Indikationen oder in einer
nicht zugelassenen Formulierung." Die Kinder sind damit einem erhöhten Risiko ausgesetzt, denn verlässliche
Daten über Wirkung und Nebenwirkungen gibt es nicht. Der in der Entwicklung befindliche Organismus funktioniert
anders als bei Erwachsenen und auch altersabhängige Faktoren wie die Enzymtätigkeit beeinflussen die
Wirksamkeit von Medikamenten. Das Alterspektrum reicht dabei vom Frühgeborenen über Kleinkinder bis zu
Jugendlichen. Für die pharmazeutische Industrie sind diese Zielgruppen kein wirtschaftlich attraktiver Markt.
Auch sind ethische Überlegungen bei pädiatrischen Studien besonders zu berücksichtigen.
Anreize für die Industrie
Anfang dieses Jahres ist die Europäische Verordnung über Kinderarzneimittel in Kraft getreten.
Damit stellt die Europäische Union erstmals die Kinder in den Mittelpunkt der Arzneimittelgesetzgebung und
räumt diesen eine privilegierte Stellung bei der Entwicklung von Medikamenten ein. Seither entscheiden Experten
vor der Zulassung von Arzneimitteln, ob diese für Kinder einen Nutzen haben und deshalb auch getestet werden
müssen. Auch bereits auf dem Markt befindliche Arzneimittel können nachträglich für Kinder
zugelassen werden. Belohnt werden diese Bemühungen zur Verbesserung der Arzneimittelsicherheit für Kinder
durch einen verlängerten Patentschutz.
Durchgeführt und überwacht wird das Verfahren von der Europäischen Arzneimittelagentur (EMEA) in
London.
Vernetzte klinische Forschung
Mit der Einrichtung eines Kompetenzzentrums für pädiatrische Studien (KIDS-IP) leistet auch die
Innsbrucker Kinderklinik einen wichtigen Beitrag zur Qualitätssicherung von Kinderarzneimitteln. Das von Prof.
Lothar Zimmerhackl geleitete Studienzentrum ist am Koordinationszentrum für Klinische Studien (KKS) der Medizinischen
Universität Innsbruck untergebracht und als assoziiertes Mitglied an das deutsche Netzwerk für Arzneimittelstudien
in der Pädiatrie (PAED-Net) angeschlossen. In diesem Netzwerk sollen gemeinsame Studien durchgeführt,
die Behandlungen standardisiert und die Ausbildung von Prüfärzten vorangetrieben werden.
"Mit der Teilnahme an diesem Netzwerk folgen wir den europäischen Bemühungen und werden zu einem
potentiellen Ansprechpartner der Europäischen Arzneimittelagentur. Darüber hinaus bietet es uns die Möglichkeit,
das Know-how unserer Partner verstärkt zu nutzen", erklärt Prof. Zimmerhackl. Eröffnet wird
das neue Zentrum am 19. Juni 2007 mit einer Tagung an der Innsbrucker Kinderklinik, die unter dem Ehrenschutz der
Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend, Dr. Andrea Kdolsky, steht. |