Außenministerin bei Symposium zum Jahr 1968 in Znaim
Znaim (bmeia) - "Die Menschen in der Tschechoslowakei konnten im August 1968 die Panzer
der Invasionstruppen nicht aufhalten. Die Panzer aber konnten die Menschen nicht mundtot machen, konnten weder
die Entstehung einer Bürgeropposition in der Tschechoslowakei noch die spontane Hilfsbereitschaft von Menschen
auf der anderen Seite des Eisernen Vorhanges aufhalten", sagte Außenministerin Ursula Plassnik am 14.06.
anlässlich der Eröffnung des Symposiums "Das Jahr 1968 im europäischen Kontext" in Znaim.
Die Außenministerin erinnerte daran, dass nach der Niederschlagung des Prager Frühlings durch die Truppen
des Warschauer Paktes rund 160.000 Menschen aus der Tschechoslowakei nach Österreich gekommen waren, von denen
10.000 hier blieben. Jahre der diplomatischen Kälte zwischen der Tschechoslowakei und Österreich hätten
auch in der Folge nicht dazu geführt, dass der Kontakt zu den Menschen und Freunden jenseits der Grenze abgerissen
wäre. "Aus heutiger Sicht betrachtet haben die Österreicherinnen und Österreicher - wie zuvor
im Jahr 1956 - mit ihrer Solidarität einen elementaren Beitrag zur Festigung des humanitären Selbstverständnisses
des modernen Österreich geleistet", betonte Plassnik.
Im Zusammenhang mit den Ereignissen von 1968 hob Plassnik die Kraft der Bürgergesellschaft hervor: "Aus
einer kritischen Öffentlichkeit entwickelte sich eine "Zivilgesellschaft", eine emanzipierte Öffentlichkeit.
Ihre Arbeit basierte auf europäischen Werten. Für die Überwindung des geteilten Europas konnte nur
der geduldige Weg gegangen werden, der beharrlich und mit größtem persönlichen Risiko Menschenrechte
und Grundfreiheiten einfordert", so die Außenministerin. "1968 hat die Kernpunkte des gemeinsamen
europäischen Selbstverständnisses bewusst gemacht: Freiheit, Menschenrechte, Demokratie und Rechtstaatlichkeit".
"Die Kraft des europäischen Lebensmodells hat das System überwunden - das macht Mut auch heute,
im neuen Europa. Denn was das neue Europa mit all seiner Vielfalt im Innersten zusammenhält, ist genau diese
gemeinsame Vorstellung davon, wie wir Europäer leben wollen", betonte Plassnik und fuhr fort: "Dieses
unverwechselbare Lebensmodell verbindet heute in der Europäischen Union fast eine halbe Milliarde Menschen.
Unter Respektierung aller Unterschiede. Denn wir wollen, dass Europa bunt und vielfältig bleibt. Dieses europäische
Lebensmodell zu unterstützen, zu fördern und zu stärken, ist auch ein Auftrag aus 1968".
In diesem Zusammenhang rief die Außenministerin dazu auf, Freunde zu unterstützen, "die mit uns
am europäischen Lebensmodell teilhaben wollen. Das Friedensprojekt Europa ist noch nicht abgeschlossen. Ohne
die Länder des Westbalkans bliebe es unvollständig. Wir stehen deshalb zu einer klaren und greifbaren
Beitrittsperspektive für alle Länder im Südosten unseres Kontinents".
"Unsere Generation darf in Freiheit jenes Fundament schaffen, auf dem die künstlichen Trennlinien in
Europa überwunden werden können. Wir haben die Verantwortung, diese Chance zu realisieren. Europa muss
ein Kontinent der Zuversicht bleiben - auch das ist ein Auftrag aus 1968", so Plassnik abschließend. |