Pröll bewertet Stärkung der Erzeugerorganisationen sehr positiv
Wien / Luxemburg (bmlfuw/aiz) - Die EU-Agrarminister haben am 13.06. beim Rat in Luxemburg einstimmig
einen Kompromiss zur Reform der gemeinsamen Obst- und Gemüse-Marktordnung beschlossen. Damit soll die Wettbewerbsfähigkeit
des Sektors gestärkt, der Obst- und Gemüseverbrauch gesteigert, das Krisenmanagement verbessert und der
Umweltschutz sichergestellt werden. Österreichs Landwirtschaftsminister Josef Pröll bewertet diese Einigung
positiv - insbesondere die Stärkung der Erzeugerorganisationen (EOs).
"Angesichts der zunehmenden Konzentration des Handels ist der stärkere Marktauftritt der bäuerlichen
Erzeuger eine zukunftsweisende und wichtige Weichenstellung", so Pröll. "Ich bin besonders erfreut,
dass alle Mitgliedstaaten die Reform befürwortet haben. Die altmodischen, produktionsgekoppelten Beihilfen
werden durch entkoppelte Zahlungen ersetzt", betonte EU-Agrarkommissarin Mariann Fischer Boel. "Wir haben
auch eine Reihe von Maßnahmen eingeführt, um den Verbrauch anzukurbeln, und werden nun ein Obst- und
Gemüse-Programm für Schulen vorstellen, das auf detaillierten Folgeabschätzungen basiert",
so die Kommissarin.
Produzenten zu Mitgliedschaft an Erzeugerorganisationen motivieren
Da das Krisenmanagement künftig über die EOs abgewickelt wird, wobei 50% aus dem EU-Budget finanziert
werden, hofft man, die Produzenten zu einer Teilnahme beziehungsweise Neugründung von Erzeugerorganisationen
zu motivieren. "Auch für Österreich haben wir das Ziel, mehr Produzenten für die Mitgliedschaft
in Erzeugerorganisationen zu gewinnen. Die größere Flexibilität wird uns hier neue Möglichkeiten
geben", meint Pröll. So können Betriebe auch nur mit einzelnen Produkten einer Erzeugerorganisation
beitreten, anstatt wie bisher ihre gesamte Produktpalette darüber vermarkten zu müssen. EU-weit werden
bisher erst unter 40% der Obst und Gemüse-Erzeugung über EOs vertrieben, wobei Österreich einen
knapp überdurchschnittlichen Wert aufweist. Mit der Reform soll der Anteil in Europa auf 60% erhöht werden.
10% der Mittel für Umweltmaßnahmen
Der Kompromiss erlaube einerseits größere nationale Flexibilität bei der Unterstützung
von Erzeugerorganisationen, wobei gleichzeitig allerdings mindestens 10% der Mittel für Umweltmaßnahmen
eingesetzt werden müssen, so Pröll. Insgesamt stehen Österreich rund EUR 5 Mio. zur Stärkung
der Erzeugerorganisationen zur Verfügung. Die EU wird EOs bis zu 4,6% ihres Umsatzes bezuschussen, damit diese
die Vermarktung verbessern und ihre Mitglieder im Fall von Krisen unterstützen können. Durch die Entkopplung
der Beihilfen soll der Markt im Gleichgewicht bleiben. Sollte es dennoch zu Überschüssen kommen, werden
Grünernten bevorzugt oder die Erzeugnisse kostenlos an Schulen, Krankenhäuser oder Altersheime verteilt.
Verarbeitungsbeihilfen in entkoppelte Zahlungen überführen
Ab 2008 sollen die EU-Mitgliedstaaten keine Verarbeitungsbeihilfen für einzelne Erzeugnisse mehr
gewähren. Stattdessen ist vorgesehen, die freiwerdenden Gelder in Gesamthöhe von rund EUR 800 Mio. in
Form von entkoppelten Direktzahlungen an die Erzeuger von Obst und Gemüse zu zahlen. Allerdings soll es für
Tomaten eine Übergangsfrist von vier Jahren geben, in denen maximal die Hälfte der diesbezüglichen
Direktzahlungen gekoppelt bleiben darf. Für mehrjährige Kulturen verständigten sich die Agrarminister
auf eine fünfjährige Übergangsfrist. Im Jahr 2005 betrugen die EU-weiten Ausgaben für den Obst-
und Gemüsesektor knapp EUR 1,5 Mrd., wovon EUR 854,3 Mio. für Verarbeitungsbeihilfen - vor allem für
südliche Mitgliedstaaten - und EUR 634,5 Mio. für Beihilfen an Erzeugerorganisationen verwendet wurden.
Österreich erhielt keine Verarbeitungsbeihilfen.
Aktivierung der Zahlungsansprüche für Obst, Gemüse und Kartoffeln 2011
Ein wesentlicher Punkt ist auch, dass es künftig Zahlungsansprüche für alle Obst- und Gemüse-
sowie Speisekartoffel-Flächen geben wird, was auch Österreich betrifft. Der Vorschlag der Kommission
war in dieser Hinsicht ursprünglich nicht im Interesse des Lebensministeriums, da die Experten meinten, dass
die plötzliche Aktivierung im Widerspruch zu den Beschlüssen der GAP-Reform 2003 stehen würde und
zu Wettbewerbsverzerrungen führen könnte. Wegen der finanziellen Obergrenzen und der geringen Ausstattung
der nationalen Reserve setzte sich Pröll beim Rat folglich dafür ein, die Zahlungsansprüche für
Obst, Gemüse und Speisekartoffeln frühestens ab dem Jahr 2010 zu aktivieren. Der Rat einigte sich nun
darauf, dass die Aktivierung der Zahlungsansprüche erst am 01.01.2011 zu erfolgen hat. Bis dahin wird laut
Lebensministerium alles daran gesetzt, die nationalen Reserven anzusparen und aufzustocken, um genügend Geld
für die zusätzlichen Flächen - in Summe ca. 30.000 ha - zur Verfügung zu haben. Weiters ersuchte
Österreich die EU-Kommission, im Rahmen des "Health Checks" eine entsprechende Lösung auszuarbeiten,
die vor allem den finanziellen Aspekten Rechnung trägt.
Die Marktordnung für Obst und Gemüse sollte auch nach der Reform kaum mehr kosten als zuvor. Fischer
Boel ging mit zusätzlichen EUR 75 Mio. in der Schatulle in die Verhandlungen. Ob diese wirklich gebraucht
werden, hängt von der Häufigkeit der Krisen ab. |