Innovative Halbleiterstrukturen verbessern Energieeffizienz erheblich
München (infineon) - Forscher von Infineon haben am 13.06. in Japan erstmals Details einer neuen
Transistorarchitektur vorgestellt, die viele Hindernisse zu noch kleineren, leistungsfähigeren elektronischen
Schaltungen und Geräten aus dem Weg räumt. Zehnmal kleinere Ruheströme und rund 50 Prozent weniger
Energiebedarf zum Schalten als bei heutigen 65 nm großen Transistoren sind die herausragenden Eigenschaften
der neuen Multi-Gate-Feldeffekt-Technologie, die aus den Bemühungen von Infineon zur Verbesserung der Energieeffizienz
entstanden ist. Die Infineon-Forscher haben als erste weltweit Transistoren mit dreidimensional geformten Gate-Anschluss
und gleichzeitig integriertem Gate-Dielektrikum mit hoher Dielektrizitätskonstante und Metall-Elektrode in
hoch-komplexen digitalen Schaltkreisen präsentiert und Rekorde in drei Disziplinen aufgestellt: Schaltgeschwindigkeit,
Ruhestrom und Effizienz beim Schaltvorgang. Von den über 700 Forschern aus der ganzen Welt, die sich bei der
international wichtigsten Konferenz für Halbleitertechnologie, dem VLSI Technology Symposium im japanischen
Kyoto trafen, wurde der Infineon-Vortrag unter allen 90 Vorträgen als Beleg für Spitzentechnologie aus
Europa hoch geschätzt.
Entwickler hochintegrierter Schaltungen, die nicht selten einige Millionen Komponenten auf der Fläche eines
Stecknadelkopfes unterbringen müssen, stehen vor vielen Herausforderungen: Sie müssen die Funktionalität
ihrer Produkte erhöhen, die Abmessungen auf ein Minimum reduzieren und gleichzeitig den Energiebedarf so niedrig
wie möglich halten. Forderungen, die sich technisch widersprechen, denn kleinere Transistorabmessungen und
höhere Arbeitsfrequenzen verlangen mehr Strom. Und höhere Ströme würden sogar dann fließen,
wenn die Schaltung im „Stand-by-Betrieb“ eigentlich nicht aktiv ist; dann machen sich die Ruheströme bemerkbar,
die schon so manche Batterie über Nacht leer laufen ließ. Die Lösung der genannten Herausforderungen
haben nun Infineon-Forscher dem Fachpublikum in Japan erläutert.
Die Multi-Gate-Feldeffekt-Transistor ist im Gegensatz zur heute verbreiteten planaren (flachen, in einer Ebene)
Standard-Technologie dreidimensional modelliert.
Infineon hat die neue Transistorarchitektur in 65-nm-Strukturgröße jetzt als weltweit erste mit einer
komplexen Schaltung aus über 23.000 Transistoren getestet. Alle wichtigen Komponenten einer modernen Elektronikschaltung
inklusive statischer Speicherzellen wurden dabei berücksichtigt. Mit der kürzesten jemals gemessenen
Schaltzeit in dieser Architektur – für Fachleute: 13,9 Pikosekunden – wurde noch ein Rekord aufgestellt, der
den alten um 40 Prozent überbietet. Selbst Licht kann in dieser kurzen Zeit nur knapp vier Millimeter zurücklegen.
„Im Vergleich zu heutigen Schaltungen haben wir um den Faktor 10 kleinere Ruheströme gemessen. Das verdoppelt
die Energieeffizienz und Batterielaufzeit mobiler Geräte“, freute sich Prof. Dr. Hermann Eul, Mitglied des
Infineon-Vorstands und Leiter des Geschäftsbereichs Communication Solutions über die neuesten Ergebnisse.
„Diese Ergebnisse bestärken uns darin, dass wir Multi-Gate-Transistoren kombiniert mit unserem Anwendungs-Know-How
in Produkte mit größtem Nutzen einbringen können, bei denen niedriger Stromverbrauch und niedrige
Kosten im Vordergrund stehen. Die neue Architektur wird beispielsweise dafür sorgen, dass sich Anwender ihre
Videos auf portablen Geräten auch zu Ende ansehen können.“
Im aktiven Multimedia-Bereich (Games, Videos) steigt die Leistungsaufnahme sehr schnell an, um die erforderliche
Geschwindigkeit zur Datenverarbeitung zu garantieren. Das kann in einigen Fällen schon in weniger als einer
Stunde zu leeren Batterien und enttäuschten Gesichtern führen. Aber auch im Stand-by-Betrieb kann die
Leistungsaufnahme in einem aktuellen Mobiltelefon auf das Dreifache ansteigen, wenn sich zum Beispiel die Umgebungstemperatur
des Gerätes – etwa in der Autohalterung – stark erhöht. Die neue Architektur von Infineon schiebt hier
einen Riegel vor und verbessert die Energieeffizienz drastisch: während des aktiven Betriebs würden die
Batterien doppelt so lange halten. Während der Stand-by-Phase würde der digital arbeitende Basisbandprozessor
sogar um den Faktor zehn weniger Leistung aufnehmen.
Um Transistoren sicher ein- und ausschalten zu können und den Energiebedarf auf das absolut Notwendige zu
reduzieren, geht Infineon neue Wege: Die seit 50 Jahren übliche flache (planare) Anordnung der Transistor-Elemente
wird zu einem dreidimensionalen Gebilde geformt. Der steuernde Kontakt des Transistors umschließt den stromführenden
Siliziumkanal nun von mehreren Seiten („Multi-Gate“) und bietet somit eine um den Faktor zwei größere
Angriffsfläche, um den Transistor wesentlich effizienter auszuschalten.
Das Herstellungsverfahren wird von Infineon im Rahmen seiner Beteiligung am europäischen Forschungszentrum
IMEC (Interuniversity Micro Electronics Center, Leuven, Belgien) weiter erforscht und könnte nach der Strukturgröße
32 nm als Basistechnologie für die Serienfertigung zum Einsatz kommen. |