Prammer: Vertrauen der BürgerInnen ist die Basis guten Regierens  

erstellt am
25. 06. 07

IPU-Tagung zum Thema "neues Regieren" im Parlament
Wien (pk) - Das Wachstum der Weltbevölkerung macht es im 21. Jahrhundert notwendig, dass Regierungen, Parlamente und gesellschaftliche Kräfte auf der Basis gegenseitigen Verständnisses und Vertrauens weltweit zum Wohle aller Menschen zusammenarbeiten. "Wir brauchen Good Governance weltweit", sagte Nationalratspräsidentin Barbara Prammer in ihrer Rede zur Eröffnung einer Tagung der Interparlamentarischen Union im Parlament. Das Thema der ganztägigen Diskussionsveranstaltung lautet "Transparenz und Verantwortlichkeit als Mittel zur Wiederherstellung des Vertrauens in die politischen Institutionen" und steht im Zusammenhang mit dem 7. Weltforum über Neues Regieren vom 26. bis zum 29. Juni 2007 in Wien ("7. Global Forum on Reinventing Government"). Zu den prominenten Teilnehmern zählen die Vizepräsidentin des IPU-Exekutivausschusses Margareth Mensah-Williams und der Direktor für öffentliche Wirtschaft und Verwaltung im UN-Department für Wirtschaft und soziale Angelegenheiten, Guido Bertucci.

Präsidentin Prammer erklärte den internationalen Fachausdruck Good Governance als Interaktion von Staat, Gesellschaft und privatem Sektor bei allen Entscheidungen, die die Bürger betreffen. Good Governance setze das Vertrauen der Menschen in die Regierungen sowie zwischen den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Akteuren in den reichen Ländern ebenso wie in den Entwicklungsländern voraus. Dieses Vertrauen müssen wir entwickeln und stärken, "um zum gemeinsamen Vorteil miteinander kooperieren zu können", sagte die Nationalratspräsidentin. Als Hauptproblem auf dem Weg zu Good Governance weltweit sah sie die Erosion des Vertrauens der Menschen in die Fähigkeiten der Regierungen, wirtschaftliche Stabilität, Beschäftigung und soziale Fürsorge zu sichern. Der Grund dafür seien Schwächen in den sozioökonomischen Strukturen, aber auch Ineffizienz in demokratische Einrichtungen und beim parlamentarischen Procedere. "Es gilt Vertrauen zu gewinnen, denn das ist die Basis guten Regierens zum Wohle aller Menschen" hielt Prammer fest.

Ob es gelingt, Vertrauen in die Regierungen aufzubauen, werde etwa darüber entscheiden, ob die Weltgemeinschaft bei der Suche nach Frieden und Wohlstand erfolgreich sein könne, ob es gelinge, die Menschenrechte zu wahren und die Millenniumsziele der Vereinten Nationen für Entwicklung und Überwindung der Armut zu erreichen. "Dieses Vertrauen gewinnen Regierungen, wenn sie die Menschen am politischen Prozess teilnehmen lassen, den sozialen Zusammenhang stärken und ihre Führung transparent, verantwortlich und effizient ausüben", zeigte sich Präsidentin Prammer überzeugt.

Bei der Frage, welche Rolle die Parlamente auf dem Weg zu Good Governance, bei der Stärkung des Vertrauens der Menschen in die Regierungen und in die demokratischen Institutionen zukomme, erinnerte die Präsidentin die gewählten Repräsentanten an ihre Verantwortung für die Bedürfnis ihrer Wähler, inklusive für Randgruppen und arme Menschen. "Unser Ziel als Parlamentarier ist es, Strategien zu entwickeln, um eine Gesellschaft mit glaubwürdiger Führung zu schaffen, wo der Wohlstand von allen Bürgern geteilt wird", sagte Prammer.

Die ehemalige Frauenministerin bekundete besonderes Interesse an der Budgetkontrolle als Mittel zur Herstellung von Gerechtigkeit zwischen den Geschlechtern. Wie jede politische Maßnahme habe auch die Budgetpolitik geschlechtsspezifische Auswirkungen. Schon im Jahr 1928 habe die österreichische Abgeordnete Gabriele Proft darauf aufmerksam gemacht, wie knapp der Anteil der Frauen an den Budgetmitteln sei, obwohl Frauen so viel für die Gesellschaft leisteten. Damals sei Profts Appell ungehört verhallt, und die unterschiedlichen Wirkungen angeblich "geschlechtsneutral erstellter" Staatshaushalte auf die Geschlechter seien bis vor kurzem unbeachtet geblieben, klagte die Nationalratspräsidentin. Für sie gehe es darum, die Auswirkungen der Budgetpolitik auf die Geschlechter sichtbar zu machen. "Das braucht Transparenz – denn es genügt nicht nur zu wissen, wie viel Geld wofür ausgegeben wird. Wir wollen auch wissen, welche Auswirkungen die einzelnen Ausgaben haben und wer davon profitiert."

Es sei an der Zeit, erste Initiativen zur Wahrnehmung von "gender aspects" in der österreichischen Budgetpolitik weiter zu entwickeln und mit Leben zu erfüllen, verlangte Prammer. Denn trotz geschlechterbezogener Anmerkungen zu den Bundesbudgets seit 2004 zeige sich, dass viele politische Bereiche noch kein klares Verständnis vom Zweck und Bedeutung des Gender Budgeting besäßen. Für den kommenden Herbst kündigte die Nationalratspräsidentin daher die Herausgabe von Richtlinien für das Gender Budgeting an. Was beim Doppelbudget 2007/08 nicht umgesetzt worden sei, weil der Zeitdruck die Oberhand behalten habe, solle beim Haushalt für 2009 realisiert werden: Das nächste Bundesbudget soll im Bewusstsein der geschlechtsspezifischen Wirkungen von Haushaltsentscheidungen erstellt werden. Das österreichische Parlament müsse sich seiner Vorbildfunktion bewusst sein und dafür sorgen, dass "das von ihm zu verantwortende Budgets in einer zeitgemäßen Form der Anforderung geschlechtsspezifischer Transparenz entsprechen", schloss Prammer.

Im weiteren Verlauf der Tagung sprachen UN-Direktor Guido Bertucci und die Vizepräsidentin des IPU-Exekutivausschusses Margareth Mensah-Williams. Am Vormittag diskutieren die Tagungsteilnehmer anhand eines Referats von Professor David Beetham (Leeds) über Voraussetzungen und Mechanismen der Regierungsverantwortlichkeit im 21. Jahrhundert.

Am Nachmittag steht ein Vortrag von Peter Lilienfeld (Untersekretär der Nationalversammlung Südafrikas) über die parlamentarische Kontrolle der Sicherheitspolitik und eine Evaluierung parlamentarischer Kontrollfunktionen auf dem Programm; das diesbezügliche Referat wird die IPU-Programmmanagerin Ingeborg Schwarz halten.
 
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