Niederwieser:
SchülerInnen sollten wichtiger sein als innerparteiliche Loyalität
Positive Beispiele zur Neuen Mittelschule werden überzeugen
Wien (sk) - Es sei schade, dass die ÖVP-Landeshauptleute die innerparteiliche Loyalität
zur ÖVP-Spitze über die Interessen der SchülerInnen stellen, so SPÖ-Bildungssprecher Erwin
Niederwieser am 20.06. Anders sei es nicht zu erklären, dass etwa die Landeshauptmänner Pröll und
Pühringer den gestrigen Schulgipfel "geschwänzt" haben und sich der Diskussion über neue
Modelle der Mittelstufe nicht stellen wollen. Dabei hätten sich gerade Pröll und Pühringer vor kurzem
durchaus noch sehr offen gezeigt und ebenfalls Vorschläge gemacht, wie man von der frühen Trennung der
Kinder wegkommen kann, so der Bildungssprecher der SPÖ.
Offensichtlich brauche man in der ÖVP noch Zeit, um von den alten ideologischen Dogmen, "die längst
vom Leben überholt sind" (O-Ton Schützenhöfer) Abschied zu nehmen. Niederwieser ist aber überzeugt,
dass die Kraft des Faktischen wirken wird. "Ministerin Schmied bereitet die Modellregionen inhaltlich und
organisatorisch sorgfältig vor. Insofern ist die Kritik, die Modelle seien noch zu wenig konkret, unberechtigt.
Mit ihrer Vorgangsweise - Einbindung der Betroffenen durch Schulgipfel, sorgfältige Prüfung der Modellregionen
durch das Ministerium, Beratung und wissenschaftliche Begleitung durch Expertenkommission und BIFIE - schafft Schmied
die Grundlage, dass die Modellregionen zu einem Beispiel werden, wie Schule im 21. Jahrhundert aussehen soll."
Niederwieser ist jedenfalls überzeugt, dass auch die ÖVP über kurz oder lang erkennen wird, dass
man in der Schulpolitik neue Wege beschreiten muss - "einfach im Interesse der SchülerInnen und des Standorts
Österreich". |
Strobl: Schmied geht falschen Weg
Virtuelle Schuldebatte auf Bundesebene verunsichert Eltern, Lehrer und Schüler
Wien (övp-pd) - Enttäuscht zeigt sich der Vizepräsident des Wr. Stadtschulrates, Walter
Strobl, von Bundesministerin Schmied und ihrem Debattenbeitrag zur Gesamtschule. "Man zäumt ein Pferd
nicht von hinten auf. Schmied verkündet ihr Modell der Gesamtschule, die 'neue Mittelschule', kann es aber
selbst überhaupt nicht erklären, weil es ein solches Modell noch gar nicht gibt. Das ist politisches
Schattenboxen, das Eltern, Lehrer und Schüler bloß verunsichert. So darf man eine Schulreformdebatte
nicht führen", betont Strobl.
In Wien ginge man da, so Strobl, gemeinsam mit der SPÖ einen komplett anderen Weg. "Wir diskutieren zuerst
die inhaltlichen und qualitativen Fragen. So etwa alle gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, unter denen Schule
derzeit stattfindet. Das reicht von einer Analyse der sozialen Disparität, über Fragen der Effizienz
der schulischen Integrationsmaßnahmen, bis zu verbindlichen Leistungsstandards. Außerdem gibt es schon
jetzt ein gemeinsames Bekenntnis von ÖVP und SPÖ zur Leistungsdifferenzierung", bekräftigt
Strobl.
Am Ende dieser Diskussion, in voraussichtlich einem Jahr, werde man sich auch über schulorganisatorische Maßnahmen
und Modelle beraten. Dabei sei es noch vollkommen offen, wie mögliche Modelle dann aussehen und ob es zu einer
Einigung zwischen SPÖ und ÖVP kommen werde. "Ohne Eltern geht da sowieso nichts", betont Strobl.
"Ich bin da guten Mutes, dass das zumindest ein vernünftiger Weg ist." Verwundert hingegen zeigt
sich Strobl über die im Vergleich dazu geradezu virtuelle Diskussion auf Bundesebene.
Modell "Neue Mittelschule" schon 2003 gescheitert
Wenn Schmied außerdem ihrem nicht erklärbaren Gesamtschulmodell den Namen 'Neue Mittelschule'
gebe, so stehe auch das unter keinem guten Stern. Ein Modell mit diesem Namen, eine Art undifferenzierte Gesamtschule,
gab es als SPÖ-Schulversuch in Wien bis 2003. Dieser Schulversuch war auch innerhalb der SPÖ nicht unumstritten.
In einer Evaluationsstudie von Petri und Grogger wurde 2003 eindeutig nachgewiesen, dass der Schulversuch die Erwartungen
wie z.B. "dass schwächer befähigte Schüler in den leistungsheterogenen Klassen des Schulversuchs
mehr lernen als in der unteren Hauptschul-Leistungsgruppe", nicht bestätigen konnte. Daher wurde dieser
Versuch eingestellt. "Ministerin Schmied wäre gut beraten gewesen, hätte sie nicht einen Namen eines
bereits gescheiterten Modells genommen. Aber bei Schmieds virtueller Gesamtschuldebatte scheint nichts wirklich
durchdacht zu sein", schließt der Vizepräsident des Wiener Stadtschulrates. |