Förderrichtlinien für die Pflege daheim  

erstellt am
19. 06. 07

 Buchinger legt Förderrichtlinien vor
Das dringlichste Problem in Pflege gelöst
Wien (sk) - Sozialminister Erwin Buchinger hat am 19.06. in einer Pressekonferenz seinen Entwurf für die Richtlinien zur Förderung der 24-Stunden-Betreuung vorgestellt. Dabei lobte er die in den letzten zwei Wochen erreichten Verbesserungen bei der Betreuung daheim und er betonte, dass die jetzige Neuregelung "ein Element, ein Baustein in der Bewältigung der Herausforderungen in der Pflege ist": damit werden nicht alle Probleme gelöst, aber das dringlichste, nämlich eines, für das es bisher keine legale Möglichkeit gab. Der Sozialminister hält in seinem Entwurf auch an den geplanten Einkommens- und Vermögensgrenzen für die Förderung fest.

Im Folgenden die zentralen Punkte der Förderrichtlinie:

  • Es muss eine Betreuung im Sinne des Hausbetreuungsgesetzes vorliegen.
  • Bei den Pflegestufen fünf bis sieben wird der Bedarf automatisch als gegeben angenommen.
  • Bei den Pflegestufen drei und vier wird der Bedarf von einem Facharzt festgestellt; das Kriterium ist hier die Notwendigkeit von "ständiger" Betreuung oder Beaufsichtigung - letzteres zielt vor allem auf die Einbeziehung von Demenzerkrankten, wie Buchinger erläuterte.
  • Die Förderung wird im kommenden Halbjahr zur Gänze vom Bund bestritten, der auch die Bezieher von Landespflegegeld einbezieht.
  • Die Förderung beträgt bei unselbstständigen Betreuungskräften auf Basis von zwei Beschäftigungsverhältnissen 800 Euro pro Monat, wenn nur eine Betreuungskraft angestellt wird 400 Euro. Bei selbstständigen Betreuungskräften sind es 225 Euro/Monat bzw. 112,50 Euro/Monat.
  • Die Einkommensgrenze für die Förderung liegt bei 2.500 Euro netto pro Monat und bezieht sich auf die pflegebedürftige Person; dazu kommen Freibeträge für unterhaltsberechtigte Angehörige.
  • Die Vermögensgrenze bleibt wie geplant bei 5.000 Euro; hier geht es um "Bargeld oder Geldeswert"; die Grundlage dafür ist die Erklärung der betroffenen Person, "keinesfalls wird es zu Schnüffeleien oder Sonstigem kommen", versicherte der Sozialminister, er vertraue hier auf die Erklärungen. Kontrollen werde es freilich dann geben, wenn es konkrete Informationen oder Anzeigen gebe.
  • Weiters wird es eine Härteklausel geben. Auch eine Qualitätssicherung in Form von Information und Beratung durch Pflegefachkräfte wird durchgeführt.

Der Sozialminister hat zu den Einwände gegen die Einkommens- und Vermögensgrenze erklärt, dass von Anfang an, also schon im Regierungsprogramm und in der gemeinsamen Punktation von ihm und Wirtschaftsminister Bartenstein soziale Kriterien vorgesehen waren und eine Regelung, die möglichst nahe an der für die Pflegeheime bleibt. Schließlich sei es auch der überwiegende Wunsch der Länder gewesen, diese Einkommens- und Vermögensgrenzen einzuziehen, betonte Buchinger. Die durchschnittliche Förderung via Sozialhilfe für die Pflegeheimbewohner liege unter 800 Euro, erklärte Buchinger.

Aber der Sozialminister hat auch versichert, dass bei der Evaluierung auf die Einkommensgrenze besonderes Augenmerk gelegt werden wird. Schon nach einem halben Jahr soll es einen Zwischenbericht geben. Im Behindertenbeirat sei, mit Ausnahme der Einkommensgrenzen, der Entwurf überwiegend begrüßt worden, berichtete Buchinger von der kurz zuvor zuende gegangen Sitzung.

Als Vorteil einer Richtlinie im Unterschied zu einem Gesetz hob der Sozialminister hervor, dass sie wesentlich elastischer zu handhaben sei, mithin ein größerer Spielraum bestehe, denn: "Es geht um das Wohl der zu Pflegenden." Freilich erwartet Buchinger nicht eine sehr zahlreiche Inanspruchnahme des neuen Betreuungsmodells, weil ja zugleich auch die Amnestie verlängert wurde. "Ich wäre froh über möglichst viele Förderfälle", betonte der Minister, weil damit legale und sozial abgesicherte Verhältnisse hergestellt werden.

"Die alte Regierung hat vor diesem Problem jahrelang die Augen verschlossen, die neue hat das in nicht einmal sechs Monaten gelöst", fasste Buchinger zur Betreuung daheim zusammen. Als nächste Schritte plant er gemeinsam mit den Ländern und Gemeinden eine Harmonisierung der unterschiedlichen Regelungen bei Zugang und Förderung bei Pflege und Betreuung und beim Ausmaß der Angebote an stationärer, teilstationärer und mobiler Betreuung. Und es wird ein Vorschlag zu mittelfristigen Finanzierung erarbeitet. Buchinger hat dazu das Wifo mit einer Studie beauftragt.


 

 Huainigg: Enttäuschung über das Festhalten an Vermögensgrenze
ÖVP-Behindertensprecher: Sachliche Argumente des Bundesbehindertenbeirates wurden nicht gehört
Wien (övp-pk) - "Die Enttäuschung war den Vertretern der Menschen mit Behinderung nach der heutigen Sitzung des Bundesbehindertenbeirates ins Gesicht geschrieben", sagte der Sprecher des ÖVP-Parlamentsklubs für Menschen mit Behinderung, Abg. Dr. Franz-Joseph Huainigg. Bundesminister Buchinger werde an der in der Richtlinie zur 24-Stunden-Betreuung vorgesehenen Vermögensgrenze von 5.000 Euro für die öffentliche Förderung festhalten. "Ich finde es sehr bedauerlich, dass der Minister für die sachlichen Argumente der Betroffenen nicht zugänglich war und keine Veränderungen an der Richtlinie vornehmen will", sagte Huainigg.

"Es kann nicht sein, dass pflegebedürftige Menschen vorher ein ‚Sozialfall' sein müssen, bevor sie in den Genuss einer monatlichen Förderung kommen", sagte Huainigg. Buchinger lasse in seiner Argumentation völlig außer Acht, dass im Falle der Heimbetreuung die öffentliche Hand die Absicherung des Lebensunterhaltes zur Gänze übernehme, "während Menschen, die zu Hause gepflegt und betreut werden, sich privat und selbstständig absichern müssen". Die in der Richtlinie festgelegte Vermögensgrenze als Maßstab für öffentliche Förderungen sei daher viel zu niedrig und müsse nochmals überdacht werden, forderte der ÖVP-Behindertensprecher.

"Wir müssen doch sehen, dass bei der Betreuung zu Hause jetzt schon sehr viele Leute auf ihre Ersparnisse zurückgreifen, um sich diese Betreuung überhaupt leisten zu können. Und das wird auch nach der Legalisierung der 24-Stunden-Betreuung der Fall sein, erstens weil es teuer wird und zweitens, weil die öffentliche Förderung nicht ausreicht, um damit alle Kosten zu bestreiten", sagte Huainigg und wies auf noch ein weiteres Faktum hin: "Für Menschen mit Behinderung im erwerbsfähigen Alter ist das ein "kick out" Kriterium aus dem Arbeitsmarkt. Wer geht dann noch arbeiten, wenn das Einkommen und das Ersparte gleich einmal herangezogen werden, um die nötige Betreuung zu finanzieren. Das Modell der persönlichen Assistenz ist für diese Personengruppe weitaus sinnvoller", sagte Huainigg.

Die Bundesregierung habe sich auf Anregung von Finanzminister Molterer darauf verständigt, die Amnestieregelung bis zum Ende des Jahres zu verlängern. Huainigg: "Diese Zeit müssen wir nutzen, um gemeinsam mit den Gebietskörperschaften ein Finanzierungskonzept zu erarbeiten, das Betroffene in diesen vielfach schweren Situationen auch unterstützt und nicht in die Armut treibt." Diese Zeit sei auch zu nutzen, um das Pflege- und Betreuungssystem in Österreich generell zu überarbeiten. "Wir brauchen mehr Flexibilität und eine breitere Palette an Angeboten, wie z.B. Tagesbetreuungsangebote, neue Wohnformen aber auch einen deutlichen Ausbau und eine Ausweitung der mobilen Dienste. Warum werden diese nur bis zu maximal drei Stunden am Tag gefördert und das noch dazu in den Bundesländern sehr unterschiedlich? Auch an diesen Rädern müssen wir drehen, damit das Gesamtsystem funktioniert", sagte Huainigg.

Wie im Regierungsübereinkommen festgeschrieben, müsse am Ende des Tages sichergestellt sein, dass es eine echte Wahlfreiheit gibt: zwischen der Pflege und Betreuung daheim und jener in einem Heim, so der ÖVP-Behindertensprecher abschließend.

 

 Kickl: Nicht endendwollendes Chaos bei Pflege
Vermögensgrenze bei Pflegeunterstützung lässt Betroffene im Regen stehen - Buchinger auf verlorenem Posten
Wien (fpd) - "Dass SPÖ-Sozialminister Erwin Buchinger nun doch eine Anhebung der Vermögensgrenze für die Förderung der 24-Stunden-Pflege von den derzeit geplanten 5.000 auf 7.500 Euro erwägt, macht das Kraut auch nicht mehr fett", erklärte FPÖ-Generalsekretär NAbg. Herbert Kickl am 19.06. Die notwendige Betreuung und Hilfe werde dadurch für die Pflegebedürftigen so oder so auf keinen Fall sichergestellt. Wie könne ein älterer oder kranker Mensch ein selbstbestimmtes, bedürfnisorientiertes Leben führen, wenn sie oder er für einen Zuschuss zur 24-Stunden-Pflege allfälliges Vermögen bis zu einem Restbetrag von 5.000 oder 7.500 Euro verwerten müsse. Es sei skandalös, dass die Menschen zuerst ihre Ersparnisse aufbrauchen müssten, bevor der Staat, an den sie ein Leben lang brav ihre Steuern abgeführt hätten, gnadenhalber tätig werde, so Kickl.

Für ein wirklich bedarfsdeckendes Pflegegeld sei eine jährliche Wertanpassung desselben unabdingbar. Außerdem müsse der Anspruch auf Pflege endlich in der Verfassung verankert werden. Buchinger und auch die ÖVP würden stattdessen mit ihrem Modell die Pflegeproblematik weiter prolongieren. Schon das neue Hausbetreuungsgesetz sei im Grunde Pfusch gewesen. Nun mache man die Pflege bis auf eine kleine privilegierte Gruppe auch unleistbar, kritisierte Kickl scharf. Die Österreicher hätten die Streitereien darüber bald endgültig satt, so Kickl weiter.

Die rot-schwarze Regierung bereite nun offensichtlich mit dem neuen "Pflegemodell" eine Kollektivstrafe für all jene vor, die in den vergangenen Jahrzehnten etwas für diesen Staat geleistet hätten. In der Ausländerpolitik gebe man das Geld dagegen mit vollen Händen aus. "Das ist der beste Weg hin zu noch mehr Sozialfällen und eine Armutsfalle für viele pflegebedürftige Menschen in Österreich. Und neuerlich wird der, der mit seinen Kindern schon einen großen Beitrag zur Sicherung unseres Sozialstaates geleistet hat, bestraft", schloss Kickl.

 

 Westenthaler: Herr Sozialminister treten sie ab
Schluss mit dieser kalten Arroganz der Mächtigen
Wien (bzö) - Angesichts des derzeitigen Pflegechaos fordert das BZÖ den Rücktritt von Sozialminister Erwin Buchinger. "Buchinger ist auf allen Linien gescheitert. Gerade bei der Finanzierung und bei der Vermögensgrenze zeigt sich das deutlich. Es ist zutiefst unsozial pflegebedürftige Menschen mit der Vermögensgrenze zu vom Staat abhängigen Sozialfällen zu machen", so Westenthaler. Der BZÖ-Chef präsentierte den Brief eines 23-jährigen pflegebedürftigen Rollstuhlfahrers aus Graz der schreibt: "Hier stelle ich mich vor allem als selbst Betroffener die Frage, wie ich mir mit meinen 23 Jahren jemals eine Existenz aufbauen oder vielleicht sogar Mal eine Familie gründen soll, wenn mir schon vorher die Existenzgrundlage genommen wird und mir dann schließlich nicht Mal mehr etwas bleibt um meine Betreuung oder den Alltag zu finanzieren. Schließlich ist es so, dass ich mir schon jetzt den Alltag aufgrund von GIS-Gebühren und diversen Selbstbehalten nicht allein finanzieren kann und auf Fremde Hilfe und meine Eltern angewiesen bin".

Westenthaler betonte, dass sich sogar Bundeskanzler Gusenbauer von seinem Sozialminister bei der Vermögensgrenze verabschiede. "Das BZÖ sagt weg mit der Vermögensgrenze, denn Pflege muss uns etwas wert sein. Her Buchinger treten sie ab und machen sie Platz für einen neuen Sozialminister mit Herz und Kompetenz. Es muss Schluss sein mit dieser kalten Arroganz der Mächtigen. Das ist keine soziale Kälte mehr, sondern ein riesiger Eisberg", so Westenthaler abschließend.
     

Wir übernehmen hier Stellungnahmen aller im Parlament
vertretenen Parteien – sofern vorhanden! Die Redaktion

 
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