Konjunktur bleibt robust – Industrie und Bauwirtschaft bestimmen die Dynamik
Wien (wifo) - Der Konjunkturaufschwung, der 2005 in Gang kam, hält heuer an. Nach einem Wirtschaftswachstum
von 3,1% im Jahr 2006 ist 2007 mit einem realen Anstieg des BIP von 3,2% zu rechnen. Während die Exportdynamik
leicht nachlässt, gewinnt die Investitionsnachfrage an Kraft und übernimmt die tragende Rolle im Aufschwung.
Der Konsum der privaten Haushalte nimmt heuer zwar zu, bleibt aber nach wie vor hinter seiner konjunkturtypischen
Entwicklung zurück. Das hohe Wirtschaftswachstum ermöglicht eine deutliche Ausweitung der Beschäftigung
und lässt die Arbeitslosigkeit weiter zurückgehen. Im Jahr 2008 dürfte es sich aufgrund des Nachlassens
der Konjunktur in den USA, der Stärke des Euro und des Anstiegs der langfristigen Zinssätze auf 2,5%
verlangsamen.
Auch im Mai deuteten die Ergebnisse des WIFO-Konjunkturtests unter den heimischen Unternehmen nicht auf eine Abschwächung
der überaus regen Konjunktur hin. Für heuer kann daher ein Wirtschaftswachstum von 3,2% erwartet werden.
Erst im kommenden Jahr werden sich die Verlangsamung in den USA, der Anstieg der langfristigen Zinssätze und
die Stärke des Euro auf die Wirtschaftsentwicklung in Österreich und der EU dämpfend auswirken.
Die größten Wachstumsimpulse gehen zurzeit nach wie vor vom Export und der anziehenden Investitionsnachfrage
aus. Davon profitieren besonders die Sachgütererzeugung und die Bauwirtschaft, im Dienstleistungsbereich vor
allem die Anbieter von unternehmensnahen Dienstleistungen (darunter der konjunkturempfindliche Arbeitskräfteverleih).
Laut Außenhandelsstatistik ist die Dynamik der Ausfuhr anhaltend hoch. Im I. Quartal erhöhte sich der
Wert der exportierten Waren gegenüber dem Vorjahr um rund 9%. Wie in der Vergangenheit dürfte sich die
Abschwächung der Konjunktur in den USA mit einiger Verzögerung auf die Wirtschaftsentwicklung in Europa
auswirken, sodass die Exportnachfrage im Laufe des Jahres 2007 abebben wird. Die anhaltend kräftige Binnenkonjunktur
im Euro-Raum wird jedoch die negativen Auswirkungen auf den österreichischen Außenhandel mindern. Die
heimische Exportwirtschaft wird sich entsprechend ihrem Marktwachstum entwickeln und die Warenausfuhr heuer real
um 8¾% steigern. 2008 wird sich das Wachstum auf 7¼% abschwächen.
Neben den Bauinvestitionen, welche bereits im Vorjahr deutlich expandierten, werden heuer auch die Investitionen
in Maschinen und Elektrogeräte erheblich steigen. Sowohl der WIFO-Investitionstest als auch der WIFO-Konjunkturtest
unter den Herstellern von Investitionsgütern deuten auf diese Entwicklung hin. Bislang enttäuschten lediglich
die Fahrzeuginvestitionen. Allerdings ist auch hier mit einer Zunahme der Dynamik im 2. Halbjahr zu rechnen. Das
WIFO erwartet heuer einen Anstieg der Ausrüstungsinvestitionen um 8% und im kommenden Jahr um 4½%.
Die Bauinvestitionen werden mit real +4½% nur wenig schwächer wachsen als im Vorjahr (+5¼%).
Auch 2008 wird die Baukonjunktur gut sein, die Investitionen sollten um 3¼% zunehmen.
Die privaten Konsumausgaben werden zwar mit real +2¼% stärker ausgeweitet als im Vorjahr, entwickeln
sich aber angesichts der guten Konjunktur nach wie vor sehr verhalten. Die Nachfrage stieg im I. Quartal nur sehr
schwach. Dieses Ergebnis spiegelt jedoch auch den wegen des milden Wetters merklich verringerten Energieverbrauch
für Heizung wider; dieser negative Effekt dürfte in den Folgeperioden ausgeglichen werden. Der Anstieg
der Haushaltsnettoeinkommen speist sich heuer vorrangig aus der Zunahme der Beschäftigung, während das
Arbeitseinkommen pro Kopf in realer Rechnung über den gesamten Prognosezeitraum stagniert. Der Beitrag der
Konsumnachfrage der privaten Haushalte zum Wirtschaftswachstum bleibt aus diesem Grund in diesem Aufschwung sehr
gering.
Von der Lohnentwicklung ist keinerlei inflationärer Kostendruck zu erwarten, und die daraus resultierende
Schwäche der Konsumnachfrage hält ihrerseits den Anstieg der Verbraucherpreise niedrig. Daher wird trotz
der guten Konjunktur und der Dauer des Aufschwungs die Inflationsrate in Österreich in beiden Jahren unter
2% bleiben. Darin liegt ein wesentlicher Unterschied zu vergangenen Konjunkturzyklen.
Wie im Vorjahr reagiert der Arbeitsmarkt auch heuer deutlich auf das Wirtschaftswachstum. Die Zahl der unselbständig
aktiv Beschäftigten wird 2007 um 60.000 (+1,9%) höher sein als im Vorjahr, gleichzeitig wird die Zahl
der Arbeitslosen um 15.000 reduziert. Dadurch sinkt die Arbeitslosenquote nach österreichischer Berechnungsmethode
auf 6,3%. 2008 hält diese günstige Entwicklung in vermindertem Tempo an, die Beschäftigtenzahl steigt
neuerlich um 25.000 (+0,8%). Durch die gleichzeitige Verringerung der Arbeitslosigkeit um 5.000 Personen sinkt
die Arbeitslosenquote auf 6,1%.
Nachdem der Finanzierungssaldo der öffentlichen Haushalte bereits im Vorjahr auf –1,1% des BIP gesunken ist,
ist heuer mit einem weiteren Rückgang zu rechnen. Für 2007 ist mit einem Fehlbetrag von 0,7% und für
2008 von 0,6% zu rechnen. Die Rückführung des Defizits resultiert aber ausschließlich aus der dank
der guten Konjunktur günstigen Entwicklung der Steuereinnahmen. Der vorliegenden Prognose liegt die Annahme
einer rigorosen Umsetzung der geplanten Sparmaßnahmen auf der Ausgabenseite zugrunde.
Quelle: WIFO
Autor: Marcus Scheiblecker |