Erklärung von Außenministerin Plassnik im Nationalrat zum EU-Gipfel
Wien (bmeia) - "Wir haben einen konkreten Fahrplan und einen klaren Arbeitsauftrag. Europa
segelt auf Kurs. Mit den Beschlüssen des EU-Gipfels haben wir die Basis gelegt: Es wird 2009 eine Europawahl
auf einer klaren Rechtsgrundlage geben. Das ist auch ein rot-weiß-roter Erfolg", betonte Außenministerin
Ursula Plassnik am Nachmittag des 06.07. im Nationalrat in ihrer Erklärung zum jüngsten Europäischen
Rat. Plassnik erinnerte daran, dass es der österreichische EU-Vorsitz war, der erstmals alle 27 in Klosterneuburg
vor einem Jahr wieder um einen Tisch versammelt und die Debatte über einen neuen Vertrag für die EU in
Gang gebracht hat. "Wir haben uns erfolgreich dafür eingesetzt, die inhaltlichen Neuerungen des Verfassungsvertrags
ungeschmälert zu erhalten. Das institutionelle Gefüge ist intakt. Dabei war uns die Zustimmung der österreichischen
Volksvertretung zum Verfassungsvertrag vom Mai 2005 eine klare Leitschiene."
"Beim Europäischen Rat hat die Union die in den letzten Monaten aufgebrochenen Spaltungen überwunden.
Die EU schöpft ihre Kraft aus der Einheit, nicht aus der Gespaltenheit. Mit dem Reformvertrag wird die EU
die Hände wieder frei bekommen, um sich auf das Wesentliche, auf die konkreten Erwartungen der Bürger
zu konzentrieren", so Plassnik weiter, die die Verdienste des deutschen EU-Vorsitzes - allen voran von Bundeskanzlerin
Merkel und Außenminister Steinmeier und ihren Teams - hervorhob.
Dieser Erfolg sei möglich geworden, da sich die EU als lernfähig erwiesen und zu einer neuen Nüchternheit
gefunden habe. "Der Ton ist heute weniger hochtrabend, von weniger Pathos begleitet. Wir haben auch die Verfassungsindizien
aus dem Vertragstext entfernt. Das ist gut so, denn wir wollen keinen europäischen Superstaat oder Bundesstaat
haben."
Die Lernfähigkeit der Europäischen Union zeige sich insbesondere auch in der "Fähigkeit des
Loslassen-Könnens". "Erstmals stellen wir klar, dass die Zuständigkeiten der Union wieder zurückgenommen
werden können. Die Übertragung von Kompetenzen auf die EU ist also keine Einbahnstraße Richtung
Brüssel mehr. Mit dem Reformprogramm wird auch die Subsidiaritätskontrolle durch die nationalen Parlamente
gegenüber der Europäischen Union wesentlich verbessert. Das ist gelebte Subsidiarität. Auch hier
sind rot-weiß-rote Fingerabdrücke klar erkennbar", erinnerte die Außenministerin an die Subsidiaritätsdebatte,
die unter österreichischem Vorsitz bei der Konferenz von St. Pölten angestoßen wurde.
In zentralen Zukunftsthemen würden der Union mit dem neuen Vertrag die notwendigen und zeitgemäßen
technischen Werkzeuge in die Hand geben. So werde es im Bereich der inneren Sicherheit leichter werden, Regeln
für die konkrete Zusammenarbeit der Polizei- und Justizbehörden zu schaffen. Der Prümer Vertrag,
der den Austausch von Fingerabdrücken, DNA- und KFZ-Daten verbessert, wird nun auf die gesamte EU ausgeweitet.
Auch in der Energiepolitik bringe der neue Vertrag bessere Instrumente und ermögliche damit in diesem sensiblen
Bereich ein gemeinsames Vorgehen und die Solidarität der Mitgliedstaaten.
Plassnik hob abschließend besonders die substantiellen Fortschritte in der Gemeinsamen Außenpolitik
hervor: "Der Reformvertrag wird auch das außenpolitische Werkzeug der Union verbessern und eine institutionelle
Flurbereinigung bringen. Gerade hier gibt es eine deutliche Erwartungshaltung unserer Partner, aber auch der Bürger
Europas, der wir entsprechen müssen", betonte die Außenministerin, die den Bogen zu den aktuellen
internationalen Herausforderungen schlug: "Der Nahe Osten und der Kosovo machen die Notwendigkeit einer einheitlichen
europäischen Außenpolitik deutlich sichtbar. Gerade im Kosovo steht die europäische Außenpolitik
und internationale Politik vor einer Bewährungsprobe. Es geht aber auch um einen Realitätstest für
Pristina und Belgrad. Wir brauchen eine zügige und nachhaltige Lösung dieser letzten Statusfrage am Balkan.
Es geht um die Stabilität und Zukunftsfähigkeit der gesamten Region. Die Region hat schon zu viel Zeit
verloren, gerade auch Serbien. Die Menschen brauchen Klarheit. Die kommenden Monate werden ein Gradmesser für
die Europafestigkeit der Region sein." |