Nationalrat beschließt Marktordnungsgesetz 2007  

erstellt am
06. 07. 07

Entschließungsantrag gegen Komatrinken einstimmig angenommen
Wien (pk) - Agrarthemen standen am Schluss der Tagesordnung der 28. Sitzung des Nationalrats. Zunächst debattierten die Abgeordneten das im Vorfeld heftig diskutierte Marktordnungsgesetz 2007. Abgeordneter Dr. PIRKLHUBER (G) warf der Regierung vor, die Chance, ein neues Kapitel in der Verteilung der Agrarförderung aufzuschlagen, vertan zu haben, und vermisste vor allem auch mehr Transparenz und mehr öffentliche Kontrolle. Das Gesetz sei zudem ohne ausreichende Begutachtung eingebracht worden, es habe im Ausschuss keinerlei Erläuterungen der umfangreichen Abänderungen gegeben, die Forderung nach Diskussion in einem Unterausschuss habe man abgelehnt. Inhaltlich kritisierte Pirklhuber insbesondere, dass die Verteilung der 870 Mill. € an Agrarförderungen nach wie vor zu Gunsten der Großbetriebe und zu Lasten der kleinen Bauern gehe. Der Unmut des Redners traf auch die SPÖ, die, wie er sagte, einen Kniefall vor dem ÖVP-Bauernbund gemacht und einem schlechten Gesetz ihre Zustimmung gegeben habe.

Besonders bedauerlich sei, dass nicht versucht wurde, den kleinen Bauern wirklich zu helfen. Positiv erwähnte Pirklhuber, dass die Gentechnikfreiheit und der Tierschutz in die Zielbestimmungen aufgenommen wurden. Allerdings seien keine konkreten Maßnahmen damit verbunden. Dem Wein- und Forstgesetz werden die Grünen zustimmen, kündigte der G-Redner an. Zum Landwirtschaftsgesetz brachte er noch einen Abänderungsantrag ein, weil auch dort die Gentechnikfreiheit und der biologische Landbau federführend verankert werden sollten. Sein abschließendes Urteil zum Marktordnungsgesetz lautete, dass es sich aus verfassungsgesetzlicher Sicht um eine unzureichende Reparatur handle, dass die SPÖ einen Kniefall vor dem Bauernbund gemacht hat und dass es Ausdruck des Zynismus der ÖVP sei, dem das Schicksal von tausenden betroffenen Bäuerinnen und Bauern offensichtlich gleichgültig sei.

Abgeordneter GRILLITSCH (V) zeigte sich froh darüber, dass es gelungen sei, einen gemeinsamen Weg mit der SPÖ in der Frage der Marktordnung zu gehen, weil die Bauern Rechts- und Planungssicherheit brauchen. Diese Lösung sei im Sinne gerade der kleinen Bauern, hielt er seinem Vorredner entgegen, da nun die Handelbarkeit der Milchquoten wieder sichergestellt sei. Die Verhandler haben sich zudem darüber geeinigt, dass für jene, die keine Betriebsprämien lukrieren können, eine entsprechende Regelung (ab 4 Hektar) gilt, betonte Grillitsch.

Die ÖVP schaue nur bis zum Tellerrand, denn es sei ganz klar, dass der Handel mit Milchquoten im Jahr 2014 obsolet sein wird, zeigte Abgeordneter DI KLEMENT, MAS (F) auf. Er erinnerte daran, dass die SPÖ zunächst im Ministerrat dem Entwurf für ein Agrarrechtsänderungsgesetz zugestimmt hatte. Um sich politisch zu profilieren, hätten die Sozialdemokraten aber dann ihre Meinung geändert und Spielchen auf dem Rücken der Bauern betrieben. Diese Strategie sei aber fehlgeschlagen, denn die SPÖ habe keine einzige Forderung durchgebracht und daher völlig ihre Glaubwürdigkeit in landwirtschaftlichen Fragen verloren, urteilte Klement: die Formulierungen seien noch immer rechtlich bedenklich, die größten Agrarsubventionsempfänger werden weiterhin kräftig absahnen, das Betriebsprämienmodell wurde nicht vernünftig umgestaltet und von sozialer Gerechtigkeit sei auch nichts zu merken. Dieses Marktordnungsgesetz sei einziger Kniefall der SPÖ vor der ÖVP und dem Bauernbund, resümierte Klement.

Abgeordneter Mag. GASSNER (S) bedankte sich bei seinem Vorredner, der die Ziele der SPÖ bereits aufgezählt hat. Diese wurden auch überwiegend und in einem vernünftigen Kompromiss erreicht. Es wurde die Konformität gegenüber der Verfassung erzielt, es wurde Rechtssicherheit geschaffen und eine gerechte Lösung für alle Bauern gefunden. Außerdem habe man der ländlichen Entwicklung einen neuen Stellenwert eingeräumt. Er brachte noch einen S-V-Entschließungsantrag betreffend Rechtsbasis für die Programme zur Entwicklung des ländlichen Raums ein.

Nach langen Verhandlungen wurde nun endlich eine neue Marktordnung präsentiert, die eine Grundlage für die Verteilung der EU-Gelder bis 2013 darstellt, erklärte Abgeordnete ZWERSCHITZ (G). Sie bedauerte, dass wieder verabsäumt wurde, ein transparentes und gerechtes System auf die Beine zu stellen. So habe man etwa in einer Anfragebeantwortung erfahren, dass 50 % der Mittel für die einheitliche Betriebsprämie (insgesamt 670 Mill. €) an nur 9 % der Betriebe gehen. Außerdem sei der Fördersatz äußerst unterschiedlich, zeigte Zwerschitz auf, er schwanke zwischen 65 Cent und 5.000 € pro Hektar. Diese ungerechte Verteilung treffe vor allem ökologisch wirtschaftende Biobetriebe. In einem Abänderungsantrag trat sie dafür ein, dass die AMA verstärkte Absatzfördermaßnahmen für Bioprodukte unternimmt.

Er sei froh darüber, dass es nach dem ganzen Hick-Hack zwischen SPÖ und ÖVP nun eine Lösung und damit Rechtssicherheit für die Bauern gibt, erklärte Abgeordneter DOLINSCHEK (B). Nicht einverstanden sei er damit, dass dem Minister durch die Verordnungsmöglichkeit soviel Macht, z.B. auch im Bereich der ländlichen Entwicklung, eingeräumt werde. Positiv sei natürlich, dass beim Betriebsprämienmodell die Grenze von 12 Hektar auf 4 Hektar heruntergesetzt wurde; dadurch kämen wesentlich mehr Bauern in den Genuss der Förderungen.

Wenn man sich das "Bauernsterben" ansieht, dann könne man wohl kaum von einem erfolgreichen Weg in den letzten Jahren sprechen, entgegnete Abgeordneter Mag. Dr. HAIMBUCHNER (F) V-Mandatar Grillitsch. Was das Marktordnungsgesetz angeht, so ging er ebenso wie sein Fraktionskollege Klement auf jene Punkte ein, in denen sich die SPÖ nicht durchsetzen konnte: Die Marktordnung sei nicht zeitlich befristet, die ländliche Entwicklung werde in keinem eigenen Gesetz geregelt und auch der Bürokratiedschungel werde nicht gelichtet. Sodann ging er auf die Biodieselproduktion in Enns ein, wo importierter Raps, der zu Weltmarktpreisen eingekauft werde, verarbeitet wird; dies könne wohl kaum im Interesse der heimischen Bauern sein, kritisierte Haimbuchner.

Es sei richtig, dass dem heute zum Beschluss stehenden Marktordnungsgesetz ein sehr langer Prozess der politischen Diskussion vorangegangen sei, konstatierte eingangs Bundesminister DI PRÖLL. Damit herrsche nun Rechts- und Planungssicherheit für die österreichischen Bäuerinnen und Bauern und Mittel in der Höhe von 800 Mill. € können verteilt werden. Es gebe ganz klare Regelungen hinsichtlich der Handelbarkeit der Milchquoten, der Kalbinnenprämie, und der Kompression von Zahlungsansprüchen für den Grünland- und den Milchbereich. Aus seiner Sicht sei es auch klug, dass der Minister ausschließlich in technischen Fragen, wo rasch und unverzüglich zu handeln ist, eine Verordnungsermächtigung erhält. Was die Transparenz angeht, so könne dies nicht nur einseitig für die Bauern gefordert werden, stellte Pröll klar, diese Frage müsse umfassend diskutiert werden.

Österreich könne stolz auf seine agrarpolitische Performance sein, urteilte Abgeordneter AUER (V). Es gebe kein Land, das z.B. eine so starke Teilnahme am Umweltprogramm, eine so hohe Anzahl an Biobauern oder ein so mustergültiges Tierschutzgesetz aufweisen kann. Er sei auch froh, dass ein Kompromiss beim Marktordnungsgesetz erzielt werden konnte, gut Ding brauche eben Weile.

Abgeordneter WIMMER (S) sprach von einem fairen Kompromiss. Beim neuen Marktordnungsgesetz wurden drei wesentliche Weichenstellungen vorgenommen, die den Verbraucherschutz, den Tierschutz und die kleinen Bauern betreffen. Bei der Milchquote war es der SPÖ besonders wichtig, dass auch die kleinen Bauern bei der Verteilung der nationalen Reserve berücksichtigt werden. Außerdem sei die Gewährung der Kalbinnenprämie nun nicht mehr an eine Mitgliedschaft im Zuchtverband gebunden. Auch die Härtefallregelung bei der Betriebsprämie sei ein Schritt in die richtige Richtung.

Auch Abgeordneter ESSL (V) betonte die Rechtssicherheit für die Bauern, die durch das heute zu beschließenden Marktordnungsgesetz garantiert werde. Wichtig sei, dass nun die Handelbarkeit der Milchprämien gegeben ist und dass mit der Kompression die Ausnutzung der Zahlungsansprüche auch bei Verlust von Pachtflächen gewährleistet ist.

Abgeordneter REHEIS (S) brachte zunächst einen S-Entschließungsantrag betreffend Konsumentenschutz, Prävention und Information über die Auswirkungen des Alkoholismus von Kindern und Jugendlichen ein. Was das Agrarrechtsänderungsgesetz betrifft, so sei es das Verdienst der SPÖ, dass auch die kleinen Bauern zu ihrem Recht kommen.

Abgeordneter SCHEIBNER (B) meldete sich zur Geschäftsbehandlung und gab zu bedenken, dass der nun eingebrachte Entschließungsantrag zum "Komatrinken" in keinem sachlichen Zusammenhang zur Debatte über die Marktordnung stehe, wie dies die Geschäftsordnung aber vorschreibe. Aus seiner Sicht könne daher der Antrag nicht zugelassen werden.

Abgeordneter GRILLITSCH (V) schloss sich der Meinung seines Vorredners nicht an und wies darauf hin, dass es im Entschließungsantrag nicht nur um den Tierschutz und die Marktordnung, sondern auch um das Weingesetz gehe.

In einer tatsächlichen Berichtigung stellte Abgeordneter DI KLEMENT (F) gegenüber S-Mandatar Reheis fest, dass er nicht gesagt habe, es sei ihm die Zeit zu schade, für die Landwirtschaft in Ausschüssen zu sitzen. Vielmehr habe er gesagt, dass eine effiziente Arbeit in den Ausschüssen gut vorbereitet werden müsse, und die war nicht gegeben.

Abgeordnete HÖLLERER (V) merkte an, was lange währe, werde endlich gut, mit dem vorliegenden Entwurf werde für die in der Landwirtschaft Tätigen Rechtssicherheit geschaffen, was zu begrüßen sei. Zudem befasste sich die Rednerin mit dem Weingesetz.

Präsident Dr. SPINDELEGGER hielt fest, dass ein inhaltlicher Zusammenhang des in Rede stehenden Antrags mit dem Verhandlungsgegenstand gegeben sei, weshalb er diesen Antrag zulasse.

Abgeordneter FAUL (S) zeigte sich erfreut über die auf diese Weise geschaffene Rechtssicherheit, weshalb er die Vorlage gerne unterstütze.

Abgeordneter FREUND (V) äußerte sich gleichfalls zufrieden mit der gegenständlichen Vorlage.

Auch Abgeordnete SCHÖNPASS (S) signalisierte Zufriedenheit und Zustimmung zu der Vorlage.

Abgeordneter SIEBER (V) beschäftigte sich mit der Milchquote und zeigte sich dankbar, dass es hier zu einer Lösung im Interesse der Milchbauern gekommen sei.

Zustimmung zur Vorlage kam schließlich auch von den Abgeordneten PRÄHAUSER (S), der vor allem auf den Aspekt der sozialen Ausgewogenheit hinwies, DI AUER und SCHULTES (beide V), die von einem vernünftigen Entwurf im Interesse der heimischen Bauern sprachen.

Abgeordneter ZANGER (F) gab zu Ende der Debatte noch die Empfehlung ab, sich hinsichtlich der Agrarpolitik besser zu akkordieren, um anschließend dem grünen Agrarsprecher zu raten, er möge seine Linie in seiner eigenen Fraktion durchsetzen.

Die Vorlage wurde ebenso mehrheitlich angenommen wie die beiden Entschließungsanträge der Regierungsparteien. Der Zusatz- und der Abänderungsantrag der Grünen blieben hingegen in der Minderheit.

G- Antrag für gesetzliche Verankerung der ländlichen Entwicklung
Abgeordneter DI PIRKLHUBER (G) sprach zur ländlichen Entwicklung und erläuterte dabei den Standpunkt seiner Fraktion zur zweiten Säule der Agrarpolitik. Auch hier brauche es entsprechende Rechtssicherheit, vor allem gelte dies für jene Landwirte, die biologischen Landbau betrieben, und beim Agrarumweltprogramm.

Abgeordneter DI KLEMENT (F) ersuchte die Vertreter der Regierungsparteien, sich dem Thema mit mehr Sachlichkeit zu nähern.

Der Bericht des Ausschusses wurde mehrheitlich zur Kenntnis genommen.

G- Antrag zur ländlichen Entwicklung
Abgeordneter DI PIRKLHUBER (G) sprach abermals zur ländlichen Entwicklung aus grüner Sicht und erinnerte daran, dass eine diesbezügliche Initiative seitens seiner Fraktion bereits in der vorigen GP gestartet worden sei. Er erläuterte die Ziele des Antrags seiner Fraktion und plädierte für dessen Annahme.

Der Bericht des Ausschusses wurde mehrheitlich zur Kenntnis genommen.
 
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