Ausländer füllen Kapitalpolster in Österreich – Ergebnisse der Direktinvestitionsbefragung
2005 der Oesterreichischen Nationalbank
Wien (oenb) - Nach den Ergebnissen der jüngsten Direktinvestitionsbefragung der OeNB belief
sich der Wert strategischer Firmenbeteiligungen von Österreichern im Ausland zum Jahreswechsel 2005/06 auf
55,5 Mrd Euro, das entspricht - gegenüber dem Jahr davor - einem Plus von 11,5%. Der Kapitalstock der passiven
Direktinvestitionsbestände nahm um +28,6% oder 13 Mrd Euro zu, womit der Bestand zu Jahresende 2005 einen
Buchwert von 58,9 Mrd Euro erreichte. Mit rund 430.000 „österreichischen Arbeitsplätzen im Ausland“ arbeiten
schon fast doppelt so viele Ausländer für österreichische Firmen wie Österreicher in unmittelbar
ausländisch beeinflussten Unternehmen (220.100).
Die Umfrage der OeNB zum Bestand aktiver und passiver Direktinvestitionen richtet sich alljährlich an etwa
3.500 Unternehmen und Private. Zum Stichtag 31.12.2005 belief sich der Wert strategischer Firmenbeteiligungen von
Österreichern im Ausland auf 55,5 Mrd Euro, das entspricht einem Plus von 11,5%. Die Zahl der ausländischen
Tochterunternehmen mit österreichschen Eigentümern stieg im Laufe des Jahres 2005 ebenfalls um mehr als
10% und erreichte 3.013. Dabei waren es vorwiegend die seit längerem im Ausland engagierten Investoren, die
ihren Aktionsradius erweitert haben. Die Zahl der heimischen Investoren stieg nur um 4,2% auf 1.048. Ein besonders
guter Indikator für die Beurteilung der realwirtschaftlichen Aktivitäten im Ausland sind die Beschäftigtenzahlen.
Zum Jahreswechsel 2005/06 arbeiteten über 430.000 Personen (anteilsgewichtet) im Ausland für Unternehmen,
die österreichische Anteilseigner haben. Das sind 16,5% mehr als ein Jahr zuvor.
Der Kapitalstock der passiven Direktinvestitionsbestände nahm 2005 um +28,6% zu. Ausgedrückt in Euro
handelte es sich um eine Zunahme um 13 Mrd Euro, womit der Bestand zu Jahresende 2005 einen Buchwert von 58,9 Mrd
Euro erreichte. Zum Teil handelte es sich bei diesen Zuwächsen um Bewertungsgewinne im Rahmen von Konzernrestrukturierungen,
zum Teil flossen finanzielle Mittel nach Österreich, um die Kapitaldecke bestehender Gesellschaften zu stärken;
nur relativ geringe Mittel wurden 2005 wirklich dafür verwendet, heimische Firmen zu übernehmen oder
gar neue Produktionsstätten zu errichten. Daher wuchsen auch andere Indikatoren deutlich schwächer: So
nahm die Zahl der ausländischen Investoren nur um 0,9% und die Zahl ausländisch beeinflusster Unternehmen
in Österreich auf 2.721 (+2,1%) zu. Die Zahl der Beschäftigten in ausländisch beeinflussten Unternehmen
war – wie schon im Vorjahr – rückläufig. Die Zahl von 220.100 Österreichern, die in einem unmittelbar
ausländisch beeinflussten Unternehmen arbeiten, erreicht nur noch wenig mehr als die Hälfte der „österreichischen
Arbeitsplätze im Ausland“.
Die nun vorliegenden Ergebnisse der Befragungsaktion zeigen wieder ein leichtes Überwiegen des Wertes der
Direktinvestitionen des Auslands in Österreich gegenüber den österreichischen Auslandsinvestitionen.
Erste Schätzungen für 2005 hatten ein Anhalten der seit 2003 beobachteten aktiven Direktinvestitionsposition
Österreichs ergeben, doch erschweren die internationale Dynamik bei Unternehmensübernahmen, laufende
Umstrukturierungen und damit verbundene Bewertungsänderungen zunehmend solche Prognosen.
Regionale Aspekte
2005 konnte Österreich seine Position als wichtiger Investor in Zentral- und Osteuropa deutlich ausbauen.
Zahlenmäßig gab es den größten Zuwachs an neuen Beteiligungen in der Tschechischen Republik
(+33), in Rumänien (+27) und Deutschland (+25). Wertmäßig wuchs das Unternehmensvermögen am
stärksten in Rumänien (+1,3 Mrd Euro) und – quasi ex-aequo – in Kroatien (+940 Mio Euro), den Niederlanden
(+940 Mio) und in der Schweiz (+930 Mio). Den stärksten Beschäftigungszuwachs gab es in der Ukraine (+16.600
Beschäftigte unter österreichischem Einfluss), deutlich vor der Tschechischen Republik, Deutschland und
Spanien mit einem Plus von jeweils mehr als 5.000 Beschäftigten. Die bedeutendsten Einzelinvestitionen des
Jahres 2005 war der Kauf der ukrainischen AVAL-Bank durch Raiffeisen, der Einstieg von Mobilkom und EVN in Bulgarien
und der Erwerb von Anteilen der Schweizer Oerlikon Corporation durch die Victory Industriebeteiligung AG. Desinvestitionen
betrafen in erster Linie karibische Offshore Staaten, wo einige multinationale Konzerne über ihre österreichischen
Holdings Beteiligungen im Wert von einigen Milliarden Euro aufgelöst haben.
Nicht zuletzt dadurch wuchs der Anteil der Transformationsländer Mittel-, Süd- und Osteuropas (einschließlich
der neuen Mitgliedsländer) auf nunmehr 44% des Investitionsvolumens; Gemessen an der Zahl der Beteiligungen
beläuft sich der Anteil dieser Region schon seit längerem auf etwas mehr als die Hälfte, bei den
Beschäftigten ist der Anteil infolge der stärkeren Rationalisierungsmaßnahmen sogar leicht auf
70% gesunken.
Das Geschehen bei den passiven Direktinvestitionen war auch 2005 von bedeutenden Akteuren aus wenigen Ländern
bestimmt: Auf Deutschland entfielen mit 5,2 Mrd Euro 40% des Zuwachses an ausländischem Direktinvestitionskapital.
Aus weiteren vier Ländern, nämlich den Niederlanden, den Vereinigten Staaten, Südafrika und der
Schweiz kamen jeweils mehr als 1 bis 2 Mrd Euro; zusammen decken diese fünf Länder über 90% des
Kapitalzuwachses ab.
Betrachtet man die Anzahl der Beteiligungen, so gab es jeweils mehr als 10 neue Beteiligungen aus den USA, aus
Russland und aus dem Vereinigten Königreich, während die Zahl der gemeldeten Beteiligungen aus Deutschland
um 18 auf 1.419 zurückgegangen ist. Der ausgewiesene Beschäftigungsrückgang ist vor allem eine Folge
der Restrukturierung im Siemens Konzern, wodurch anstelle der operativen Gesellschaft nur mehr eine Holdinggesellschaft
unmittelbar in ausländischem Eigentum steht. Nach wie vor entfällt aber mehr als die Hälfte (115.700)
auf Beschäftigte in deutschen Tochterunternehmen. Zweitwichtigster ausländischer Arbeitgeber sind Schweizer
Unternehmen mit 27.200 Arbeitsplätzen, gefolgt von den USA mit 16.700 Beschäftigten.
Branchenaspekte
Österreichs Direktinvestoren bedienen sich verstärkt ausländischer Holdings, wenn sie im
Ausland investieren, was zu einem Plus von 2,9 Mrd Euro in diesem Bereich führte. Annähernd eben so groß
war die Ausweitung der Investitionen in Handelsunternehmen im Ausland (+2,2 Mrd Euro). Weitere erhebliche Steigerungen
gab es im Nachrichtensektor, wo sich der Bestand mit +600 Mio Euro gegenüber dem Jahr davor verdoppelt hat,
sowie in der Chemieindustrie (+1,1 Mrd Euro). Wertmäßig gesunken sind die Beteiligungen an Banken und
Versicherungen bzw. im Bergbau (incl. Erdölgewinnung). Dennoch sind die Beschäftigtenzahlen gerade im
Finanzwesen besonders stark gestiegen. Mit 104.400 Personen beschäftigt die heimische Finanzbranche bereits
annähernd gleich viele Menschen im Ausland wie im Inland (110.000).
Die Ausweitung passiver Direktinvestitionen schlug sich hauptsächlich in einer wachsenden Bedeutung der Holdinggesellschaften
nieder; +7,1 Mrd Euro sind deutlich mehr als die Hälfte der Gesamtzunahme. Ausweitungen des Direktinvestitionsbestandes
gab es zudem im Handel, im Verkehrs- und Nachrichtenwesen sowie in der Nahrungs- und Genussmittelindustrie. |