Weltweit einzige mobile Atomuhr in Innsbruck
Innsbruck (universität) - Moderne technologische Anwendungen verlangen immer genauere Messungen
der Zeit. Gegenwärtig definieren Atomuhren auf Basis von Radiofrequenzmessungen die Dauer einer Sekunde, bald
könnten diese aber durch optische Uhren abgelöst werden. In den vergangenen Tagen holten die Experimentalphysiker
der Universität Innsbruck die weltweit einzige mobile Atomuhr nach Tirol, um in ihrem Labor einen Standard
zu schaffen, mit dessen Hilfe sie auch die Grundlagen für die Entwicklung optischer Uhren erforschen wollen.
Die modernsten Cäsiumatomuhren zeigen heute eine Abweichung von nur einer Sekunde in 300 Millionen Jahren.
Doch für manche technologische Anwendungen ist auch diese Diskrepanz noch zu groß. So benutzen zum Beispiel
Satellitennavigationssysteme wie GPS oder das geplante europäische Navigationssystem Galileo Atomuhren in
Satelliten, um durch diese extrem genaue Zeitmessung die Positionierungsgenauigkeit zu erhöhen. Die Wissenschaftler
arbeiten deshalb weltweit an noch präziseren Uhren, die sie mit Frequenzen im optischen Spektralbereich verwirklichen
wollen. Diese optischen Uhren sollen noch einmal um den Faktor 1.000 genauer sein als die gängigen Atomuhren.
Um solche Entwicklungen vorantreiben zu können, müssen freilich jene Instrumente exakt geeicht sein,
mit denen die Grundlagen für die zukünftige Zeitmessung erforscht werden.
Exakte Eichung mit der Atomuhr
Zu diesem Zweck haben die Quantenphysiker um Univ.-Prof. Dr. Rainer Blatt vom Institut für Experi¬mentalphysik
der Universität Innsbruck die weltweit einzige mobile Cäsiumatomuhr aus Paris nach Innsbruck geholt.
Philippe Laurent, Daniele Rovera und Michel Abgrall vom Observatoire de Paris (LNE-SYRTE) haben das hochsensible
Messgerät nach Österreich begleitet und im Labor in Innsbruck aufgebaut. Die französischen Wissenschaftler
verglichen gemeinsam mit den Forschern um Mag. Michael Chwalla aus dem Team von Prof. Blatt die Radiofrequenz der
Atomuhr über einen so genannten Frequenzkammgenerator mit den Wellenlängen jenes Laserlichts, das im
Innsbrucker Labor für die quantenmechanischen Experimente verwendet wird, und konnten so einen hochgenauen
Standard für weitere Messungen in Innsbruck etablieren.
Spezialität Zeitmessung
„Es gibt kaum eine primäre Atomuhr – das sind die Referenzuhren, die unsere Zeit definieren – auf
dieser Welt, die ich noch nicht gesehen habe“, erzählt Prof. Blatt, der seit vielen Jahren auf dem Gebiet
der Präzisionsspektroskopie, d.h. der exakten Messung von elektromagnetischen Wellen, forscht. „Die Entwicklung
von optischen Uhren ist derzeit international ein heißes Thema. Wir wollen einen wichtigen Beitrag dazu leisten“,
betont Rainer Blatt. Erst im vergangenen Jahr hatte Dr. Christian Roos aus seiner Arbeitsgruppe die Ergebnisse
eines Experiments, in dem quantenmechanisch verschränkte Atome für genauere Zeitmessungen verwendet worden
waren, in der Zeitschrift Nature veröffentlicht.
Durchgeführt werden all diese Experimente am Institut für Experimentalphysik der Universität Innsbruck
und am Institut für Quantenoptik und Quanteninformation der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
(ÖAW). Unterstützt werden die Wissenschaftler dabei unter anderem vom Österreichischen Wissenschaftsfonds
(FWF) und der Europäischen Union. |