Kalina/Gaßner:
Neues Marktordnungsgesetz bringt mehr Gerechtigkeit
Wien (sk) - "Das neue Marktordnungsgesetz bringt mehr Gerechtigkeit und Fairness und ist ein
Erfolg für die kleinen Bauern", erklärte SPÖ-Bundesgeschäftsführer Josef Kalina am
03.07. in einer Pressekonferenz. Demonstrationen von ÖVP-Bauern während der Verhandlungen seien ein "Ausdruck
schlechten Gewissens auf Seiten der ÖVP", da dieser die kleinen Bauern in Scharen davonlaufen. Für
SPÖ-Agrarsprecher Kurt Gaßner ist das neue Gesetz "ein wesentlicher Schritt für mehr Gerechtigkeit
und gerechte Verteilung der Fördermittel im Agrarbereich".
Aus Sicht der SPÖ ist die erzielte Einigung sehr erfreulich, weil sie "mehr Gerechtigkeit für jene
bringt, die es schwer haben im Leben", so Kalina. Im bisherigen System sei ein Großteil der Bäuerinnen
und Bäuerinnen stark benachteiligt worden, da die ÖVP "nur die großen Tiere gefüttert
hat". Kalina belegte diese Aussage anhand konkreter Zahlen: So erhalten 3 Prozent der Betriebe 16 Prozent
der Fördermittel,
564 (Groß-)Betriebe erhalten beinahe gleich viel Fördermittel wie die 46.875 kleinen Betriebe. Dies
sei ein System, das grundsätzliche in Frage zu stellen ist, betonte der SPÖ-Bundesgeschäftsführer.
Eine Reihe von Betroffenen, die entgegen der Propaganda der ÖVP nicht von der SPÖ instrumentalisiert
worden sind, hätten daher aufgrund ihrer Unzufriedenheit mit diesem ungerechten Fördersystem den VfGH
angerufen und von diesem Recht bekommen, hielt Kalina fest. Nach diesem Urteil habe die SPÖ dann versucht,
ein "Stück Gerechtigkeit zu schaffen – was mit dem neuen Gesetz auch gelungen ist".
SPÖ-Landwirtschaftssprecher Kurt Gaßner nannte die wesentlichsten Verbesserungen, die die neue Marktordnung
für die kleinen Bauern bringt. Bei der Milchquote werden in Hinkunft alle Bauern bei der Verteilung der nationalen
Reserve berücksichtigt. Auch jene 38.000 Bauern, die 2003 leer ausgegangen sind, werden aliquote Anteile bei
der Vergabe der Milchquote erhalten. Weiters gibt es durch das neue Gesetz mehr Transparenz bei den Förderungen.
Spätestens ab 2009 müssen alle Agrarförderungen offen gelegt werden.
Ebenfalls mehr Gerechtigkeit gibt es bei der Mutterkuh- und Kalbinnenprämie, so Gaßner. Bisher wurden
die Prämien nur an jene Bauern ausgezahlt, die Mitglied im Zuchtverband waren. Nun wird diese Mitgliedschaft
im Zuchtverband ergänzt durch weitere Qualitätsnachweise. Damit haben erstmals auch Bauern Anspruch auf
Prämien, die nicht Mitglieder in den Zuchtverbänden sind. Verbesserungen gibt zudem es auch im Bereich
des Verbraucher- und Tierschutzes, die erstmals als wesentliche Ziele des MOG festgelegt worden sind.
Eine wesentliche Neuerung ist auch bei der Betriebsprämie zu vermelden, so Gaßner. Hier wird eine Kommission
eingesetzt, die bestehende Härtefälle überprüfen soll. Bisher sei von der ÖVP gesagt worden,
dass dies EU-Recht widerspreche. Dies sei aber nicht richtig, wie man aus Brüssel hört, so Gaßner.
"Unschärfen" gebe es noch, was die soziale und gerechte Gestaltung der Betriebsprämien betrifft.
Hier gebe es noch Verhandlungen mit der ÖVP, da diese das bisherige ungerechte Modell – Prämien erst
ab 12 Hektar – beibehalten will.
Änderungen gibt es auch bei den Förderungen für ländliche Entwicklung. Bisher wurden die Vergaben
"vorbei am Parlament beschlossen", so Gaßner. Die dafür eigentlich eingesetzte Kommission
sei bisher "zahnlos gewesen, bekommt aber jetzt Zähne". Denn die ländliche Entwicklung werde
nun von einer paritätisch besetzten Kommission behandelt.. Zudem werde mittels eines Entschließungsantrages
geprüft, ob es ein eigenes Gesetz geben soll.
Ein Betroffener, der Milchbauer und Obmann der SPÖ-Bauern OÖ Franz Hochegger, bezeichnete es als wichtigstes
Anliegen, mehr Gerechtigkeit zu schaffen. Er verwies darauf, dass von der Milchquote bisher nur 12.000 Bauern profitiert
haben, 38.000 Bauern hätten nichts bekommen. Daher sei der Schritt zum VfGH die logische Konsequenz gewesen.
Kritik übte Hochegger an Landwirtschaftskammerpräsident Wlodkowski, der gemeint hatte, dass Parlament
sei nicht für Einzelfälle zuständig. "Das ist falsch, das Parlament ist für ALLE Bauern
da", unterstrich Hochegger.
Der Rechtsanwalt Josef Weixelbaum, der Betroffene vor dem VfGH vertreten hat, betonte, dass es bei den Klagen darum
gegangen sei, das Verfassungsrecht zu beachten und für Gerechtigkeit bei den Förderungen zu sorgen. "Wir
wollten nie Bauern Geld wegnehmen, sondern eine gerechte Verteilung der Fördermittel – im Sinne eines gesunden
Bauernstandes", so Weixelbaum.
Demonstration der ÖVP Ausdruck schlechten Gewissens
Für den SPÖ-Bundesgeschäftsführer ist es einmalig, dass die ÖVP während der Verhandlungen
Demonstranten auf die Straße schickte, die mit unwahren Argumenten gegen die SPÖ Stimmung machen. Aus
Sicht von Kalina sind diese Proteste "schlechter Stil". Vor allem sei die "gekünstelte Aufregung"
aber ein "Ausdruck schlechten Gewissens auf Seiten der ÖVP", da dieser die kleinen Bauern in Scharen
davonlaufen.
Dass die Kritik an der Agrarpolitik keineswegs parteipolitische Hintergründe hat, zeigen laut Kalina die zahlreichen
überparteilichen Initiativen, die gegen die bisherige Marktordnung protestiert haben. Der zitiert dabei aus
einem Offenen Brief der IG-Milch, die 6.500 Mitglieder zählt, an Bundeskanzler Alfred Gusenbauer. Darin heißt
es: "Mit großer Verwunderung nehmen wir die Protestaktionen des österreichischen Bauernbundes wahr.
Es ist uns ein wichtiges Anliegen, dass die ungerechte Verteilung der Gelder für den Agrarsektor geändert
wird." Und weiter. "Abschließend bedanken wir uns bei ihrer Partei für das große Interesse
und den Einsatz bezüglich einer guten Umsetzung der Marktordnung."
Weiters zitierte Kalina aus dem Mail eines südsteirischen Kürbisbauern und Mitglieds der "Überparteilichen
Initiative für eine gerechte Agrarreform": "Es geht einem der Hut hoch, wenn man liest, was der
Bauerbund an Lügen und Unwahrheiten an die Medien verbreitet. Das einzige Ziel ist nur das Beibehalten der
jetzigen, für eine gewisse Schicht finanziell sehr angenehmen Situationen." Auch eine oberösterreichische
Ackerbäuerin macht in einem Mail ihrer Empörung über die ÖVP Luft: "Die Bemühungen
der SPÖ für eine gerechte Aufteilung der Agrarsubventionen sind weder verlogen noch feig! Die Bemühungen
des Koalitionspartners SPÖ sind nur zustande gekommen, weil geschädigte Bauern, wie ich auch, sich in
ihrer Verzweiflung an die Grünen und an die SPÖ gewendet haben, nachdem die ÖVP-dominierten bäuerlichen
Vertreter und Kämmerer seit Verordnung und Durchführung dieses ungerechten Prämiensystems uns bisher
nur abschasselten."
"Durch das Verhalten der SPÖ in den Verhandlungen über das neue Marktordnungsgesetz wurde kein einziger
Bauer und keine einzige Bäuerin geschädigt. Im Gegenteil: Es ist also die glatte Unwahrheit uns vorzuwerfen,
dass dadurch irgendjemand einen erheblichen Nachteil hätte", betonte auch SPÖ-Agrarsprecher Kurt
Gaßner. Nachteile hätten allerdings sehr viele Bauern durch die bisherige Agrarpolitik, die durchaus
ungerecht und unfair war. "Die SPÖ ist wirklich nicht daran schuld, dass dieses Gesetz jetzt auf Veranlassung
des Verfassungsgerichtshofes geändert werden muss. Das ist nicht eine Fehlleistung der Sozialdemokratie gewesen,
sondern dafür sind sehr wohl die letzten ÖVP-Landwirtschaftsminister verantwortlich", betonte Gaßner.
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Pirklhuber: SPÖ geht bei Marktordnungsgesetz vor Bauernbund in die Knie
Wien (grüne) - "Die SPÖ geht beim Agrarmarktordnungsgesetz vor dem Bauernbund in die
Knie. Sie hat zwar einige allgemeine Formulierungen zum Thema KonsumentInnenschutz, Tierschutz und Gentechnikfreiheit
in die Zielbestimmungen des Marktordnungsgesetzes hineinverhandelt, allerdings bleiben diese völlig zahnlos,
da die dafür nötigen Umsetzungsschritte gemäß Artikel 69 der EU-Verordnung 1782/2003 in keiner
Weise genutzt werden", kritisiert Wolfgang Pirklhuber, Landwirtschaftssprecher der Grünen nach einer
ersten Prüfung der eingelangten Vorschläge.
"Für die konkreten Anliegen der überparteilichen Initiative für eine gerechte Agrarreform,
die hunderte Beispiele von Härte- und Sonderfällen dokumentiert hatte, wurde nur wenig erreicht",
kommentiert Pirklhuber die von der SPÖ lancierten Verhandlungserfolge für die Kleinbauern. "Weder
ist ein zukünftiger Umstieg auf ein gerechtes Fördermodell mit regional einheitlichen Flächenprämien
für Acker- und Grünland im Rahmen des EU-Health-Check der Agrarpolitik vorgesehen, noch werden alle Härtefälle
endlich erledigt, wie anfangs von der SPÖ immer gefordert", zeigt sich Pirklhuber enttäuscht.
"Der uns vorliegende Abänderungsantrag zur Regierungsvorlage des Marktordnungsgesetzes sieht sogar eine
Stärkung der Verordnungskompetenz des Landwirtschaftsministers vor. Damit wird der Kritik des Verfassungsgerichtshofs
nicht wirklich Rechnung getragen", argumentiert Pirklhuber. - Der Verfassungsgerichtshof hatte bei der Aufhebung
der Tierprämienverordnung, der Milchgarantiemengen-Verordnung und bei der Prüfung der Betriebsprämien-Verordnung
darauf hingewiesen, dass bei jenen Fällen, bei denen das EU-Recht mehrere Umsetzungsmöglichkeiten vorsieht
eine Verordnung rechtlich nicht ausreicht und der Gesetzgeber (das Parlament) für diese Belange zuständig
wäre.
"Die im Gesetz gewählte Formulierung, dass Bundesminister Pröll eine Veordnungskompetenz bei 'Regelungen
der gemeinschaftlichen Marktordnung' habe, die 'bestimmt, bestimmbar und begrenzt' sind" wurde bereits 2006
vom Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes, damals noch unter Bundeskanzler Schüssel als unzureichend kritisiert,
informiert Pirklhuber. |