Seit 1. Juli gibt es den neuen Opfernotruf. Unter 0800 112 112 gibt es
365 Tage im Jahr rund um die Uhr kostenlose und anonyme Beratung für Verbrechensopfer.
Wien (bmj) - Der Notruf, der auf Initiative von Justizministerin Maria Berger eingerichtet und von
der Opferorganisation "Weisser Ring" betrieben wird, bietet nicht nur juristische, sondern v.a. auch
psychologische Unterstützung für Opfer, wie die Justizministerin am 12.07. in einer Pressekonferenz betonte.
Berger präsentierte dabei die ersten Erfahrungen mit dem Notruf, sowie eine Plakatkampagne, die über
das Angebot informiert. Außerdem wurden die Ergebnisse einer Studie vorgestellt, die die Prozessbegleitung
evaluiert hat.
Opferschutz sei ihr, so die Justizministerin, ein wesentliches politisches Anliegen. "Opfer wollen gehört,
ernst genommen und anerkannt zu werden", betonte Berger. Dazu komme der Wunsch nach Unterstützung bei
der psychischen Bewältigung der Tat und beim Strafverfahren. Damit Opfer nicht erst als Vorbereitung auf den
Prozess, sondern schon vorher Hilfe bekommen, wurde der Opfernotruf neu eingerichtet. Seit zwei Wochen gibt es
unter der Telefonnummer juristische, aber vor allem auch psychologische und emotionale Hilfe. Dies sei eine wesentliche
Verbesserung zu frühren Notrufdiensten, unterstrich Berger.
Betrieben wird der Opfernotruf vom "Weissen Ring". Dessen Präsident Udo Jesionek informierte bei
der Pressekonferenz, dass derzeit zehn PsychologInnen und zwei AnwältInnen, die auch eine psychologische Ausbildung
haben, im telefonischen Beratungsdienst tätig sind. Dem Opfer-Notruf kommt v.a. auch eine wichtige Koordinierungsfunktion
zu: Gewaltopfer werden von dort an spezialisierte Einrichtungen wie Interventionsstellen gegen häusliche Gewalt
oder Kinderschutzzentren weitervermittelt.
In den zwei Wochen seit Bestehen des neuen Notrufs wurden täglich über 50 Gespräche registriert
(davor waren es durchschnittlich 30 Anrufe). Rund 50 Prozent der Anrufe kamen aus Wien, 35 Prozent von Mobiltelefonen,
7 Prozent aus Salzburg. In 90 Prozent der Fällen gehe es den Opfern darum, dass ihnen jemand zuhört,
berichtet Jesionek.
Um über den Opfernotruf breit zu informieren, hat Justizministerin Berger eine Kampagne gestartet. Rund 5.000
Plakate und 100.000 Flyer werden dort sichtbar sein, wo Opfer damit in Berührung kommen: In Polizeistationen,
Spitälern, bei Ärzten oder bei Gericht. Ziel sei, dass Opfer schon vor der ersten Einvernahme durch die
Polizei unterstützt werden und Prozessbegleitung in Anspruch nehmen können.
Denn oftmals werden Opfer erst relativ spät von der Prozessbegleitung informiert. Dies ist eines der Ergebnisse
einer Studie, in der die Prozessbegleitung im Auftrag des Justizministeriums evaluiert wurde. Seit 1.1.2006 gibt
es gesetzlichen Anspruch auf kostenlose Prozessbegleitung für Personen, die Opfer einer vorsätzlich begangenen
Gewalttat einer gefährlichen Drohung bzw. die in ihrer sexuellen Integrität verletzt wurden. Die Prozessbegleitung
wird vom Justizministerium beauftragt und finanziert und von spezialisierten Einrichtungen durchgeführt.
Von Oktober 2005 bis September 2006 wurden so mehr als 2.200 Gewaltopfer unterstützt, die Kosten dafür
betrugen 2,2 Mio. Euro. Ziel von Justizministerin Berger ist ein flächendeckendes Angebot. Deshalb wurden
dafür auch die Mittel erhöht. 2007 werden 3,5 Mio. Euro, 2008 4,5 Mio. Euro dafür aufgewendet.
Studienautorin Birgitt Haller vom Institut für Konfliktforschung berichtete, dass das Angebot der Prozessbegleitung
sehr gut angenommen wird und von den KlientInnen als sehr unterstützend und erleichternd empfunden wird. Leider
gebe es ein Stadt-Land-Gefälle; das Angebot sei großteils auf Wien konzentriert. In ländlichen
Regionen gebe es noch Defizite bei der Information und beim Angebot. Dies will auch Justizministerin Berger verbessern.
Laut Studienautorin Haller müsse außerdem die Exekutive vermittelt bekommen, dass sie eine zentrale
Rolle spielt, um Opfer möglichst früh über die Prozessbegleitung zu informieren. |