München (idw) - Verkalkungen der Herzkranzgefäße sind eine
Hauptursache für Herz- Kreislauf-Erkrankungen. Je früher sie erkannt werden, desto besser die Heilungschance
der Patienten. Bislang ist die Diagnose der Verkalkungen jedoch aufwändig und für den Patienten belastend.
Wissenschaftler des Fraunhofer IGD haben nun in Zusammenarbeit mit Ärzten des Universitätsklinikums Frankfurt
ein neues Verfahren entwickelt, mit dem Arterien-Verkalkungen schneller und schonender diagnostiziert werden können.
Die von den Forschern entwickelte Software ermittelt die Verengungen automatisch aufgrund des CT-Bildes. Jetzt
wurde das Verfahren mit dem "JDI Best Paper Award 2006, 2nd" der Society of Imaging Informatics in Medicine
(SIIM) ausgezeichnet.
Kalkablagerungen in den Herzkranzgefäßen sind die Hauptursache für Herz-Kreislauf-Erkrankungen
wie etwa Herzinfarkte. Dabei kommt es zu verschiedenen Veränderungen der Arterienwand, die zu einer Verengung
der Arterie, einer sogenannten Stenose, führen. Eine rechtzeitige Diagnose solcher Verengungen kann Leben
retten. Um Stenosen festzustellen, wird dem Patienten bislang in einer sogenannten Koronarangiographie ein Kontrastmittel
über eine der Hauptschlagadern invasiv direkt ins Herz gespritzt. Dieses Kontrastmittel macht dann das Herz
und die Arterien in der Röntgenaufnahme für den Arzt gut sichtbar. Für den Patienten bedeutet die
Behandlung allerdings eine große Belastung.
Wesentlich schonender für den Patienten ist eine Aufnahme des Herzens mit einem Computertomographen (CT-Scanner),
da hier das Kontrastmittel in die Armvenen gespritzt werden kann und es sich selbst im Körper verteilt. Durch
die Verbesserung der Aufnahmetechniken und neu entwickelte CT-Scanner wurden hier in den letzten Jahren drastische
Verbesserungen in der Aufnahmequalität erzielt, so dass sie heute bereits teilweise zum Einsatz kommen.
Einen Schritt weiter gehen die Forscher des Fraunhofer-Institut für Graphische Datenverarbeitung. Sie haben
mit der Entwicklung des Cardio Analysis Tool nun eine Software geschaffen, die auf Basis der CT-Daten eine schnelle
und automatische Diagnose von Stenosen ermöglicht.
Software berechnet Arterienverengungen automatisch In einem ersten Schritt extrahiert ein speziell entwickelter
Segmentierungsalgorithmus die Arterie aus dem Gesamtbild. Dazu markiert der Arzt lediglich Anfangs- und Endpunkt
der Arterie im Bild sowie einen weiteren Punkt im Verlauf des Gefäßes. Daraufhin erfolgt die Segmentierung
automatisch. Im zweiten Schritt vermisst die Software die extrahierte Arterie, vergleicht deren lokalen Durchmesser
mit der Umgebung und findet so Unregelmäßigkeiten im Verlauf. Als Analyse-Ergebnis erhält der Arzt
ein dreidimensionales Bild der Arterie, in dem alle Verengungen und zusätzlich Verkalkungen markiert sind.
"Durch die von uns entwickelte Software wird dem Arzt die manuelle Suche nach Veränderungen erspart.
Stattdessen erhält er automatisch alle kritischen Stellen angezeigt und kann sich dann auf diese konzentrieren",
beschreibt Stefan Wesarg, Leiter des Projekts am Fraunhofer IGD, die Vorteile des neuen Verfahrens. Kritisch ist
dabei vor allem die Sensitivität der Diagnose. Das bedeutet, die Software muss wirklich alle Veränderungen
aufdecken.
Klinische Tests zeigen: hohe Qualität bei doppelter Geschwindigkeit Ob die Software bereits für den klinischen
Alltag geeignet ist, sollten zwei klinische Tests zeigen, die in Zusammenarbeit mit der Universitätsklinik
Frankfurt/Main durchgeführt wurden. Dabei haben die Wissenschaftler die Qualität des Systems im Vergleich
zur herkömmlichen Koronarangiographie sowie im Vergleich zur manuellen Analyse der CT-Daten untersucht. "Die
Tests haben bestätigt, dass die neuen Computertomographie-Geräte so hochwertige Bilder liefern, dass
sie problemlos für die Diagnose von Stenosen eingesetzt werden können. Der Vergleich zwischen manueller
und automatischer Analyse hat außerdem gezeigt, dass unsere Software Veränderungen ebenso gut aufdeckt,
wie ein Arzt. Allerdings konnte die automatische Diagnose mehr als doppelt so schnell durchgeführt werden,
wie die manuelle Untersuchung. Dabei kommt der Software zugute, dass sie absolut objektiv arbeitet, während
bei der manuellen Diagnose die subjektive Wahrnehmung und die Erfahrung des Arztes eine ausschlaggebende Rolle
spielen", beschreibt Wesarg die Testergebnisse. "Das bedeutet, die automatische Analyse von CT-Daten
hat zwei wichtige Vorteile im Gegensatz zur herkömmlichen Koronarangiograpie. Erstens ist sie für den
Patienten wesentlich schonender, da sie nicht-invasiv vorgenommen wird. Und zweitens bedeutet sie für den
Arzt eine deutliche Zeit- und damit Kostenersparnis", fasst der Fraunhofer-Wissenschaftler zusammen. Die Ergebnisse
dieser Studie wurden 2006 in der medizinischen Fachzeitschrift "European Radiology" veröffentlicht.
Auszeichnung von der Society of Imaging Informatics in Medicine (SIIM) Diese grundlegende Verbesserung der Diagnosemöglichkeiten
wird auch von der Society for Imaging Informatics in Medicine (SIIM) anerkannt. Sie zeichnete Stefan Wesarg und
seine Mitstreiter M. Fawad Khan von der Uniklinik Frankfurt sowie Evelyn A. Firle vom Fraunhofer IGD für die
dazu veröffentlichte Arbeit im Juni 2007 mit dem JDI Best Paper Award 2006, 2nd aus.
Aktuell sind die Wissenschaftler auf der Suche nach Industriepartnern, die die Software in ihre eigenen Systeme
integrieren und so eine schonendere und schnellere Diagnose ermöglichen. Gleichzeitig arbeiten sie daran,
zusätzliche Einsatzgebiete für die Software zu finden. |