Mikroskopische Obertöne einer Nano-Blattfeder zeigen, was auf Zellwänden geschieht
Linz (universität) - Je besser die Struktur einer Zellwand aufgelöst und je größer
sie abgebildet werden kann, desto besser können WissenschafterInnen verstehen, was sich auf den Zellmembranen
abspielt und welche Funktionen miteinander in Beziehung stehen. Die BiophysikerInnen der Universität Linz
können nun mit einer neuen Methode in der Atomkraftmikroskopie Zellmembranen im Nanometerbereich darstellen.
Wenn man mit einem Atomkraftmikroskop eine Zellwand "betrachtet", so wird dabei die Zellwand von einem
Sensor - einer winzigen Blattfeder, an deren Unterseite sich eine auf den Kopf gestellte Pyramide befindet - abgerastert.
Die Blattfeder wird beim Rastern durch ein Magnetfeld in Schwingung versetzt, wodurch die Probe nur punktweise
berührt und nicht beschädigt wird.
Beim Rastern über die Probe beeinflusst das Höhenprofil der Probe die Schwingungsamplitude der Blattfeder.
Über einen elektrischen Regelkreis erhält man somit das Höhenprofil der Probe, - soweit die herkömmliche
Methode.
Jene kürzlich von den BiophysikerInnen der JKU entwickelte Methode, macht sich ein Prinzip aus der Musik zu
nutze: Analog zur menschlichen Stimme, zu Blasinstrumenten oder einer gestrichenen Violinsaite schwingt die Blattfeder
des Atomkraftmikroskops während der Probenabrasterung nicht nur mit der Frequenz, mit der sie angetrieben
wird. Im Frequenzspektrum der Blattfeder tauchen wie bei den Instrumenten ganzzahlige Vielfache dieser Frequenz
auf, welche in der Musik als Obertöne oder Harmonische bezeichnet werden. Die Kombination all dieser Obertöne
definiert die "Klangfarbe" des jeweiligen Instruments und eben diese "Klangfarbe" ermöglicht
es dem Zuhörer, zwischen unterschiedlichen Instrumenten zu unterscheiden, auch wenn sie dieselbe Note mit
derselben Lautstärke spielen.
Im Falle der schwingenden Blattfeder ermöglicht dieser Mechanismus den WissenschafterInnen die Unterscheidung
von unterschiedlichen Wechselwirkungen und Materialzusammensetzungen.
In einem Experiment wurde gezeigt, dass diese Methode tatsächlich funktioniert: Die Obertöne wurden während
der Abrasterung einer Bakterienoberfläche und von Schnupfenviren aufgezeichnet. Die dabei erzielte Auflösung
von etwa einem halben Nanometer ist eine Größenordnung höher als bei der herkömmlichen Methode.
Die Anwendungsbereiche der neuen Methode sind sehr vielfältig: einerseits kann sie für Strukturaufklärungen
von biologischen Proben herangezogen werden, andererseits zur Bestimmung lokaler elastischer Parameter, und das
alles im Nano-Bereich.
Eine Kooperation mit der Curie Universität in Paris wurde bereits vereinbart.
Die von den BiophysikerInnen entwickelte neue Methode wird heute auch in den in Fachkreisen höchst renommierten
Physical Review Letters publiziert. |