Fischer Boel ortet brauchbaren Schritt nach vorne
Wien (bmlfuw/aiz) - Die WTO-Verhandlungen haben nun scheinbar doch eine Chance auf Fortsetzung. Das
neue Papier des WTO-Agrarausschuss-Vorsitzenden Crawford Falconer findet sehr viel mehr Zustimmung als seine bisherigen
Vorlagen. Zudem sollen erstmals auch Entwicklungs- und Schwellenländer ihre Märkte öffnen.
Die Kompromisse der WTO für die Landwirtschaft und für Industriegüter seien ein brauchbarer Schritt
nach vorne, lobte die EU-Kommission den Text am 17.07. in Brüssel. EU-Agrarkommissarin Mariann Fischer Boel
zeigt sich bereit, das Falconer-Papier als Arbeitsgrundlage zu akzeptieren - immer unter dem Vorbehalt, dass auch
die EU-Mitgliedstaaten mitmachen. Eine ähnlich wohlwollende Reaktion ist aus Washington zu vernehmen. Nur
Indien und Brasilien zögern, da sie zum ersten Mal in der Doha-Runde beim Marktzugang richtig gefordert werden.
Sie sollen ihre Zölle für Industiergüter so sehr abbauen, dass wirklich zusätzliche Importe
ins Land gelangen würden.
Im Kompromisstext wird von der EU eine Zollkürzung von 66 bis 73% für die hoch geschützten Landwirtschaftserzeugnisse
gefordert. Es wird vermutet, dass sich EU-Agrarkommissar Peter Mandelson auf dem gescheiterten G-4-Treffen in Potsdam
im Juni dazu bereit gezeigt hat, bis 70% zu gehen. Außerdem gesteht Falconer Ausnahmen für 4 bis 6%
an sensiblen Produkten zu. Die EU hatte hier 8% gefordert. Der Außenschutz von Milch, Rindfleisch und Zucker
würde also nicht allzu sehr in Frage gestellt, meinen Beobachter. Dafür macht die WTO mehr Druck bei
Obst und Gemüse, für das es in der EU weniger hohe Einfuhrzölle gibt. Neben den bekannten Kritikern
allzu großer Zugeständnisse bei den WTO-Verhandlungen - wie Frankreich und Österreich - wird der
Falconer-Kompromiss deshalb möglicherweise auch in südlichen EU-Mitgliedstaaten auf Ablehnung stoßen.
In den kommenden Wochen sollen sich die WTO-Mitgliedstaaten in Genf äußern. WTO-Generaldirekt Pascal
Lamy mahnte eine Klärung der Eckpunkte bis Jahresende an, weil in den kommenden Jahren der Wahlkampf in den
USA und in Indien den Fortgang der Doha-Runde erschweren dürfte. |