Schienen-Control blickt auf erfolgreiches Eisenbahnjahr zurück  

erstellt am
30. 07. 07

7,1 % Zuwachs, Marktanteil im Güterverkehr weiter steigend
Wien (pk) - 2006 war ein gutes Eisenbahnjahr - in Österreich wie international, lautet die Kernaussage des ersten Berichts der Regulierungsbehörde SCK/SCG über ihre Tätigkeit und die Entwicklung der Eisenbahnen in Österreich. Mit einem Zuwachs von 7,1 % (Bruttotonnenkilometer) bleibt Österreich zwar hinter dem Rekordergebnis von 10,8 % in Deutschland zurück, andererseits starten Österreichs Bahnen von einem höheren Modal Split aus, das Wachstumspotential ist daher etwas geringer. Klar ist für die Verfasser des Berichts, dass derartige Wachstumsraten rasch sowohl infrastruktur- als auch fahrzeugseitig Kapazitätsgrenzen sichtbar machen, lange Zeit bezweifelte Ausbauprojekte zur Kapazitätssteigerung erhalten somit ihre Rechtfertigung.

Interessant aus der Sicht der Regulierungsbehörde ist vor allem, wie sich die Marktanteile jener Unternehmen entwickeln, die nicht aus der jeweiligen ehemaligen Staatsbahn hervorgegangen sind. Hier zeigt der Bericht für das Jahr 2006 eine beachtliche Dynamik, denn innerhalb eines Jahres ist der Marktanteil im Güterverkehr auf dem ÖBB-Netz von 5,9 % auf 7,7 % angestiegen. Dies sei zwar im Vergleich etwa zu Deutschland gering, entspreche aber immerhin einer relativen Steigerung von knapp einem Drittel, heißt es. Der Bericht hebt insbesondere hervor, dass vom Zuwachs 2006 40 % auf das Konto dieser Privatbahnen geht. Als bemerkenswert vermerkt er dabei den Umstand, dass zwei der großen "Privaten" teilweise im Eigentum der ehemaligen Staatsbahnen aus Italien und Deutschland stehen und mittlerweile mehr als ein Drittel des Brennertransits beherrschen.

Gleichzeitig erfolgt aber nach wie vor ein großer Teil des Verkehrs der traditionellen Privatbahnen mit eigener Infrastruktur auf Basis der Kooperation mit der jeweiligen ÖBB-Tochterfirma, vor allem im Personenverkehr, wo der Wettbewerb bislang kaum ausgeprägt ist, gibt der Bericht zu bedenken. Dennoch haben auch hier die Privatbahnen (hier allerdings auf eigener Infrastruktur) einen Marktanteil von rund 8 %.

Neuregelung der Sicherheitsstrukturen als große Herausforderung
2006 war ein ereignisreiches Eisenbahnjahr auch in rechtlicher Hinsicht, heißt es im Bericht im Abschnitt über die gesetzlichen Neuerungen. Mit der Eisenbahngesetznovelle 2006 wurde nicht nur das so genannte 2. Eisenbahnpaket der EU umgesetzt, sondern eine Reihe nationaler Regelungen modernisiert. Als Schwerpunkt nennt der Bericht aber die Neuregelung der Sicherheitsstrukturen, die insbesondere von allen Eisenbahnunternehmen die Einrichtung eines Sicherheitsmanagementsystems verlangt und die Verlagerung der Ausstellung der Sicherheitsbescheinigung vom Infrastrukturbetreiber ins Verkehrsministerium mit sich brachte. Gleichzeitig wurde die Führung von Fahrzeug- und Infrastrukturregistern der Schieneninfrastruktur- Dienstleistungsgesellschaft übertragen. Dies war infolge des Inkrafttretens des COTIF nötig, weil künftig Fahrzeuge nicht mehr in der Verantwortung der jeweiligen Staatsbahn verkehren werden und diese daher auch nicht mehr organisatorische Aufgaben wie Nummernvergabe und Registerführung wahrnehmen kann.

Schließlich wurde, wie der Bericht weiters hervorhebt, das Einstellungsverfahren für Eisenbahnen umgestaltet und insbesondere die Modalitäten der verpflichtenden Interessentensuche für einen Weiterbetrieb, aber auch der allfälligen Abtragungsverpflichtung klarer geregelt. Diese Bestimmungen treten allerdings erst Mitte 2008 in Kraft.

Europäische Entwicklungen: Noch Defizite bei der Liberalisierung
Breiten Raum widmet der Bericht auch den europäischen Entwicklungen auf dem Eisenbahnsektor und spricht dabei von einem "spannenden Jahr". In den Verhandlungen um die Verabschiedung des so genannten 3. Eisenbahnpakets gelang, wie die Verfasser rückblickend hervorheben, unter österreichischer Präsidentschaft ein politischer Durchbruch im Dauerstreitthema PSO-Verordnung, also bei der Frage, ob und wie künftig Nahverkehrsleistungen auszuschreiben sind.

Noch nicht gelöst werden konnten hingegen Fragen der Personenverkehrsliberalisierung und der Fahrgastrechte. Gleichzeitig kümmerte sich die Europäische Kommission aber auch darum, ob und wie ernsthaft die schon lange in Kraft befindlichen Bestimmungen des so genannten 1. Eisenbahnpakets umgesetzt wurden. Dieses sah vor, diskriminierungsrelevante Infrastrukturaufgaben unabhängig zu organisieren, aber auch die Entschuldung der Staatsbahnen anlässlich dieser vorgegebenen Reform sowie die Einrichtung von Regulierungsbehörden wie der Schienen Control Kommission bzw. GmbH. Das Ergebnis belegt zwar durchaus Erfolge der Liberalisierung wie etwa den langerwarteten Turnaround bei den Beförderungsleitungen in den stärker liberalisierten Ländern, zeigte aber in zahlreichen Ländern auch massive Defizite auf. Deshalb wurde für die Zukunft eine vertiefte Analyse des Standes der Reformen anhand eines ebenfalls veröffentlichten Kriterienkataloges und gegebenenfalls Nachbesserungen angekündigt. Ebenfalls für Aufregung in der Eisenbahnwelt sorgte die Neufassung des Weißbuchs, das trotz Dementis vielfach als Abkehr vom Grundsatz, den Verkehrsträger Bahn erstrangig zu fördern, verstanden wurde.

SCK geht "österreichischen Weg der Bahnregulierung"
Als ereignisreich qualifiziert der Bericht das Jahr 2006 für die Regulierungsbehörde Schienen Control Kommission/ SCK. So wurden ihr mit der Eisenbahngesetznovelle 2006 wichtige zusätzliche Aufgaben wie insbesondere die Entscheidung über Fragen des Netzzugangs auf verzweigten Anschlussbahnen übertragen. Diese hatten in der Vergangenheit zu einem Großteil der Beschwerden geführt. Künftig sollten die Probleme nach Einschätzung des Berichtes hier leichter und gerechter lösbar sein, wiewohl dies mit einem wesentlich größeren Arbeitsaufwand für die Regulierungsstelle aber auch mancher Anschlussbahn verbunden ist. Im Übrigen wurden routinemäßig sämtliche Schiennetznutzungsbedingungen aller österreichschen Infrastrukturbetreiber eingehenden Prüfungen auf allfällige Diskriminierungspotentiale unterzogen und in einigen Fällen Änderungen veranlasst. Auch Infrastrukturnutzungsverträge und andere Vereinbarungen mussten nach Prüfung durch die SCK geändert bzw. ergänzt werden. Alle diese Schritte erfolgten, wie der Bericht betont, allerdings im bewährten Stil des "österreichischen Wegs der Bahnregulierung", das heißt, dass dem konsensorientierten Gespräch der Vorrang vor formalrechtlichen Schritten eingeräumt wurde. Unnötige Reibungsverluste zu Lasten des Systems Bahn konnten somit dank der Kooperationsbereitschaft der Beteiligten vermieden werden.

Schließlich wurde eine Anzahl von Grundsatzfragen ohne konkreten Anlass im Rahmen der Wettbewerbsaufsicht eingehenden Untersuchungen unterzogen. So wurden beispielsweise die Auswirkungen der Tarifstrukturen des Infrastrukturbenützungsentgelts der einzelnen Netzbetreiber, auch im Vergleich mit dem Ausland, analysiert. Dabei wurde insbesondere offenbar, dass Österreichs Infrastruktur im Nebenbahnbereich relativ teuer, auf gut ausgebauten Strecken hingegen relativ billig zur Verfügung gestellt wird und insgesamt im Vergleich zu westeuropäischen Bahnen relativ teuer, im Vergleich zu Osteuropa hingegen preisgünstig liegt. Aber auch z.B. die Tatsache, dass die frühere Staatsbahn gebrauchte Lokomotiven lieber der Verschrottung zuführt, als sie an andere Eisenbahnunternehmen mit Gewinn zu verkaufen, war und ist Thema von Beratungen der Regulierungsbehörde.

Neue Aufgaben für die Schienen Control GmbH
2006 war ein Jahr vieler neuer Aufgaben für die Schienen Control GmbH, den organisatorischen Arm der Eisenbahnregulierung in Österreich.. So gibt es nun bei der Schienen Control GmbH - wie bei den verwandten Regulierungsbehörden RTR und e-control schon seit Jahren - eine Schlichtungsstelle, die im Fall von Kundenbeschwerden, die vom jeweiligen Eisenbahnunternehmen nicht befriedigend gelöst wurden, angerufen werden kann und die entsprechend den Richtlinien dann eine Lösung des Problems vermittelt bzw. dies zumindest versucht. Künftig ist das Fahrplankoordinierungsverfahren, in dem allfällige Konflikte zwischen Eisenbahnunternehmen um Zugtrassen beim Infrastrukturbetreiber behandelt werden, von der SCG zu beobachten. Die Aufgabe der Marktbeobachtung schließlich wurde klarer gefasst und vor allem mit Kompetenzen zur Einhebung statistischer Daten ergänzt. Das ermöglichte es erstmals seit der Zeit, als das Verkehrsministerium selbst eine amtliche Eisenbahnstatistik erstellte, wieder auf gesicherter Basis allgemeine Daten der Eisenbahnunternehmen zu sammeln. Der Bericht unterstreicht schließlich auch, dass es der SCG als Unternehmen 2006 sogar gelungen ist, entsprechend den Empfehlungen des Rechnungshofes, den Aufwand gegenüber dem Vorjahr um mehr als 5 % zu senken.
 
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