Burgstaller ist bei der Verleihung des Österreichischen Staatspreises für Europäische
Literatur an Jorje Semprún
Salzburg (lk) - Bei der Verleihung des Österreichischen Staatspreises für Europäische
Literatur im Museum der Moderne auf dem Mönchsberg an Jorje Semprún betonte am 29.07. Landeshauptfrau
Mag. Gabi Burgstaller in ihrer Begrüßungsansprache einerseits die Verbundenheit des Preisträgers
mit Österreich durch die intensive Befassung mit der österreichischen Philosophie und Literatur, und
hob andererseits sein überzeugtes Europäertum hervor.
Jorje Semprún, der am 10. Dezember 1923 in Madrid geboren wurde, lebte seine Kindheits- und Jugendjahre
im französischen Exil. Ein Kapitel in seinem autobiographischen Buch "Unsre allzu kurzen Sommer",
trägt als Kapitelüberschrift den Satz "Ich habe mehr Erinnerungen als wäre ich tausend Jahre
alt". Der Autor habe seinen Schatz an Erinnerungen aus einem "heillosen 20. Jahrhundert" mit den
Mitteln der Literatur späteren Generationen überliefert. Er habe auf diese Weise das Grauen der Abgründe
der Zeitgeschichte authentisch vor Augen geführt. Er habe aber vor allem auch eine nicht bloß erträumte,
sondern erlebbar gemachte fundamentale Hoffnung vermittelt: Die Hoffnung auf Versöhnung als typisch europäische
Lehre aus jenem durchlebten, wie durchlittenen 20. Jahrhundert als Beispiel für die Welt, sagte Burgstaller.
In seinem umfangreichen literarischen Werk hat der Preisträger vor dem Hintergrund traumatischer Erfahrungen
mit dem Totalitarismus ein großartiges Zeugnis für die Bedeutung der Erinnerung abgelegt, die er selbst
als die "beste politische Waffe" gegen das Ewiggestrige bezeichnet. "Das literarisches Werk Semprúns
ist in diesem Sinne auch das Ergebnis eines leidenschaftlichen Anschreibens gegen die zerstörerische Kraft
der Angst, die den Gewaltherrschaften zu aller Zeit Nahrung gab und bis heute gibt", so Burgstaller. Semprún
spricht im Hinblick auf die Franco-Diktatur auch davon, dass das Vergessen zu lange gedauert und der Mut, über
alles zu reden, zu lange gefehlt habe. Damit habe er eine schmerzliche Erfahrung berührt, die auch in Österreich
nicht fremd ist, so die Landeshauptfrau.
Jorge Semprún musste mit 14 Jahren zu Beginn des spanischen Bürgerkrieges mit seiner Familie nach Paris
fliehen. Nach seinem Philosophiestudium an der Universität Sorbonne trat er 1941 der kommunistischen "Résistance-Bewegung"
bei. Zwei Jahre später wurde er von der deutschen Gestapo verhaftet und in das Konzentrationslager Buchenwald
deportiert. Nach seiner Rückkehr nach Paris, arbeitete er im Untergrund der Kommunistischen Partei im faschistischen
Spanien. Seit 1964, dem Jahr in dem er wegen der Abweichung von der Parteilinie aus der Kommunistischen Partei
ausgeschlossen wurde, ist er schriftstellerisch tätig. Von 1988 bis 1991 war er Kulturminister Spaniens. |