München (idw) - Magnetische Nanopartikel erlauben gezielte Atemwegstherapie Bei Atemwegserkrankungen
wie Asthma und Mukoviszidose kommen häufig Medikamente zum Einsatz, die inhaliert werden können. Bei
anderen Lungenleiden ist aber nicht das gesamte Organ betroffen, so dass die gezielte Behandlung nur der erkrankten
Areale therapeutisch sinnvoller und wohl mit weniger Nebenwirkungen verbunden wäre. Dies scheint jetzt möglich
dank einer neuen Aerosolapplikationsmethode, die ein Forscherteam um Dr. Carsten Rudolph, Dr. von Haunersches Kinderspital
des Klinikums der Universität München, entwickelt hat. Wie in der online-Ausgabe des Fachmagazins "Nature
Nanotechnology" berichtet, werden dabei Aerosoltröpfchen mit Eisenoxidnanopartikeln genutzt. In Computersimulationen
und bei Tests an Mäusen konnten diese Nanomagnetosole mit Hilfe eines äußeren magnetischen Feldes
zielgerichtet an den gewünschten Wirkort in der Lunge dirigiert werden. "Wir vermuten, dass diese Technik
in Zukunft sehr hilfreich für Patienten sein kann", so Rudolph. "Ein Einsatz ist unter anderem denkbar
bei lokalen bakteriellen Infektionen und bei Tumoren."
Inhalierte Partikel werden von der eingeatmeten Luft getragen und lagern sich dann in der Lunge ab. Vor einiger
Zeit schon wurde gezeigt, dass dieser Vorgang durch ein magnetisches Feld beeinflusst werden kann. Dessen Kräfte
reichen allerdings nicht aus, um die Bewegung einzelner Nanopartikel aus Eisenoxid, kurz SPIONs von englisch "superparamagnetic
iron oxide nanoparticles", zu steuern. Erfolgreich waren die Forscher um Rudolph aber, als sie eine Vielzahl
der Teilchen je in einem Aerosoltröpfchen zusammenführten. Sie berechneten in einem stark vereinfachten
Modell die Bewegungsrichtung dieser Nanomagnetosole und den Luftfluss in den Atemwegen von Mäusen. In den
Simulationen zeigte sich, dass sich ohne äußere Einflüsse nur etwa vier Prozent der Tröpfchen
an einer vorgegebenen Stelle ablagerten. Wenn allerdings ein Magnetfeld angelegt wurde, waren es bis zu 16 Prozent.
Tests an Mäusen bestätigten dies: Lungenareale im Magnetfeld zeigten eine deutlich erhöhte Akkumulation
der Tröpfchen als davon nicht beeinflusste Bereiche.
Nanomagnetosole können in ihrem Inneren andere Substanzen aufnehmen und sind damit möglicherweise als
Vehikel für Medikamente - auch verschiedene Wirkstoffe auf einmal - geeignet. Dazu kommt, dass SPIONs schon
seit Jahren in bildgebenden Verfahren, etwa der Kernspintomographie, ohne negative Begleiterscheinungen eingesetzt
werden. "Nature Nanotechnology" hat der Veröffentlichung einen begleitenden Kommentar zur Seite
gestellt. Darin hebt der nicht an der Studie beteiligte Autor hervor, dass der neue Ansatz besonders vielversprechend
im Kampf gegen Lungenkrebs sein könnte. Denn die bei dieser Erkrankung eingesetzten Medikamente lagern sich
bei einer herkömmlichen Inhalationstherapie gleichermaßen an Tumoren wie an gesundes Lungengewebe an,
das sie allerdings schädigen können. Eine gezielte Verabreichung der Wirkstoffe in den betroffenen Bereichen
sei deshalb sehr viel effektiver. Und auch vonnöten: Lungenkrebs ist eine der häufigsten Krebsarten -
mit einer der geringsten Überlebensraten. Obwohl die Forschung an den Nanomagnetosolen noch in den Kinderschuhen
stecke, hält sie der Autor für sehr interessant und eine Vielfalt an Einsatzmöglichkeiten für
denkbar.
Publikationen: "Targeted delivery of magnetic aerosol droplets to the lung", Petra Dames, Bernhard Gleich,
Andreas Flemmer, Kerstin Hajek, Nicole Seidl, Frank Wiekhorst, Dietmar Eberbeck, Iris Bittmann, Christian Bergemann,
Thomas Weyh, Lutz Trahms, Joseph Rosenecker and Carsten Rudolph, Nature Nanotechnology, online edition, 22. Juli
2007
"Magnetic nanoparticles hit the target", Alidad Amirfazli, Nature Nanotechnology, online edition, 22.
Juli 2007 |