Getreideernte sinkt heuer um 2 % auf 2,6 Mio Tonnen  

erstellt am
06. 08. 07

Große regionale Unterschiede - Knappe Ernte lässt Weltmarktpreise steigen
Wien (bmlfuw/aiz) - "Österreich verzeichnet heuer eine kleine, aber feine Getreideernte. Mit einer Gesamtmenge von 2,6 Millionen Tonnen - ohne Mais - liegen wir zwar um 2 % unter dem Vorjahreswert und leicht unter dem langjährigen Schnitt, die Qualität ist aber ausgezeichnet", teilte der Vorsitzende des Fachbeirates Getreide in der Agrarmarkt Austria, Franz Stefan Hautzinger, in Wien mit. Lediglich bei der Braugerste würden die Qualitätswerte und notwendigen Mengen nicht erreicht.

Die EU-Getreideernte 2007 werde aufgrund von extremen Witterungseinflüssen mit voraussichtlich rund 250 Millionen Tonnen deutlich geringer ausfallen als erwartet. Die insgesamt knappe Versorgungslage auf dem internationalen Markt werde zu weiteren Preisanstiegen führen, berichtete der für die Marktbeobachtung zuständige AMA-Abteilungsleiter Christian Gessl. Die Verwendung von Getreide für Energiezwecke (Bioethanol) mache in der EU nicht einmal 2 % der Produktion aus und habe daher nur geringe Auswirkungen auf den Getreidepreis. Darüber hinaus werde erwartet, dass die EU die Flächenstilllegung aufhebt und damit zusätzliches Produktionspotenzial zur Verfügung stehe, so Gessl.

"Auffällig ist, dass die heurige Ernte in Österreich so früh wie noch nie abgeschlossen wurde. Während sich in den westlichen Anbaugebieten nach den extremen Frühjahrsbedingungen gerade noch rechtzeitig günstige Witterungsbedingungen einstellten, litten die Kulturen in den östlichen Regionen stark unter mangelnden Niederschlägen. Dem entsprechend unterschiedlich fielen die Durchschnittserträge aus", erläuterte Hautzinger.

Weizenqualitäten sehr gut
"Erste Ergebnisse bei Weizen zeigen, dass die für die Backeigenschaften wichtigen Kriterien wie Protein und Fallzahl im oberen Bereich liegen", berichtet AMA-Vorstandsmitglied Werner Weihs. Nach dem katastrophalen Roggenjahr 2006 mit einem Importbedarf von über 60.000 Tonnen könne heuer der Inlandsbedarf der Mühlen wieder gedeckt werden. Es sei davon auszugehen, "dass es im heurigen Jahr keine Vermarktungsprobleme geben wird, da sich der Markt zurzeit sehr aufnahmefähig zeigt". Bei Braugerste gebe es aber starke Einbußen - auch qualitativ, hier mache sich die Brauindustrie bereits Sorgen um den Rohstoff.

Nahrungsmittelproduktion steht für die Landwirtschaft an erster Stelle
"Die diesjährige österreichische Getreideernte wird insgesamt leicht zu vermarkten sein, weil die Qualität in vielen Bereichen sehr gut ist und im übrigen Europa auch keine Übermengen produziert werden. Dass derzeit die Erzeugerpreise schon stark gestiegen sind, war nach dem Preisdruck in vergangenen Jahren auch notwendig. Derzeit bekommen die Bauern für ihr Produkt wieder einen lukrativen Preis; reich werden sie aber damit nicht", unterstrich Hautzinger.

Auf die aktuelle Diskussion über die befürchtete "Explosion der Lebensmittelpreise" angesprochen, warnte Hautzinger vor einer Hysterie: Der Rohstoffanteil von Getreide beim Preis einer Semmel liege bei 2 %, bei Brot seien es ebenfalls nur 4 bis 5 %. Wenn also derzeit von enormen Erhöhungen der Konsumentenpreise die Rede sei, dann wohl kaum aufgrund der Rohstoffsituation. Die größten Kostenfaktoren seien hier Energie und Gehälter, stellte er klar. Grundsätzlich hielt Hautzinger fest, "dass die Nahrungsmittelproduktion für die Landwirtschaft an erster Stelle steht - erst danach kommen Futtermittel und Rohstoffe für Energie. Die Bauern werden weiterhin für volle Teller und für volle Tanks sowie für eine gepflegte Landschaft sorgen".

Enge Versorgungsbilanz verursacht Preisanstieg
"Die Nachfrage nach landwirtschaftlichen Rohstoffen ist international rege, zumal auch europaweit große Ernteschwankungen und Produktionseinbußen in wichtigen Anbauregionen zu verzeichnen sind", ergänzte Gessl. Der weltweite Verbrauch von Getreide sei bereits im dritten Jahr in Folge größer als die Produktion. Der Getreidemarkt werde zunehmend von einem Angebotsmarkt zu einem Nachfragemarkt. Nachdem auch die Interventionsbestände in der Europäischen Union im abgelaufenen Wirtschaftsjahr von 14 Millionen auf 2 Millionen Tonnen geschrumpft seien, habe sich das Angebot zusätzlich verringert. Somit werde das Getreidepreisniveau auch mittelfristig höher als bisher bleiben.

EU-Getreideerzeugung von 250 Millionen Tonnen erwartet
Nach neuesten Schätzungen wird in der EU-27 im Wirtschaftsjahr 2007/2008 mit einer Getreideerzeugung von maximal 250 Millionen Tonnen gerechnet. Starke Niederschläge in Westeuropa, Hitze in Süd- und Südosteuropa führten bereits zu einer Verringerung von etwa 20 Millionen Tonnen gegenüber den letzten Schätzungen vom Juni 2007. In den kommenden Tagen könnten die Prognosen weiter nach unten revidiert werden.

Die Einfuhrmengen der EU bei Getreide werden laut Gessl 2007/2008 aller Voraussicht nach geringer ausfallen, da weniger Weizen und Mais importiert werden dürften. In Summe könnte sich die Importmenge gegenüber dem Vorjahr von 5,6 Millionen auf 3,2 Millionen Tonnen verringern. Somit ergibt sich in der EU in diesem Wirtschaftsjahr ein Gesamtangebot - unter Berücksichtigung von Lagerständen und Importen - von rund 327 Millionen Tonnen. Dem steht ein steigender Bedarf von 262,5 Millionen Tonnen gegenüber. Dieser Anstieg dürfte vor allem auf vermehrten Futterverbrauch zurückzuführen sein. Die Endbestände des Wirtschaftsjahres 2007/2008 werden sich aufgrund der zunehmenden Einsatzvielfalt von Getreide weiter vermindern.

"Interventionsankäufe sind angesichts der hohen Preise und der engen Versorgungs-Situation auszuschließen. Darüber hinaus hat die Europäische Kommission beschlossen, die Maisintervention stufenweise auslaufen zu lassen. Da Interventionsbestände nur mehr in sehr begrenztem Ausmaß zur Deckung des Bedarfes zur Verfügung stehen und die EU den Abbau des Außenschutzes weiter fortführt, wird sich die Preisentwicklung in Europa voll an die Weltmarktsituation anpassen", zeigte sich Gessl überzeugt. Frühjahrsfröste in den USA, Dürre in der Ukraine mit gleichzeitigem Exportstopp, Hitzeschäden in Rumänien und Russland sowie schlechtes Erntewetter in Westeuropa hätten bereits zu einer angespannten Situation und Preissprüngen am globalen Markt geführt.

Weltweite Getreideerzeugung derzeit auf 1.650 Millionen Tonnen geschätzt
Die weltweite Getreideerzeugung im Wirtschaftsjahr 2007/2008 wird nach aktuellen Berichten des International Grain Council (IGC) etwa 1.650 Millionen Tonnen betragen. Das wäre die höchste Produktion, die jemals erzielt wurde. Die Rekordproduktion beruht im Wesentlichen auf einer Rekordernte bei Mais (+8 %). Die Weltweizenernte wird auf 610 Millionen Tonnen geschätzt (+3,5 %). Der weltweite Verbrauch dürfte jedoch weiter zunehmen und wie in den Jahren zuvor die Produktion übersteigen. Die Endbestände könnten somit von 255 Millionen Tonnen im Jahr 2006/2007 heuer auf 236 Millionen Tonnen fallen.
 
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