Knochenregulator macht Blutgefäße mürbe  

erstellt am
01. 08. 07

Innsbruckl (universität) - Im Rahmen der Bruneck-Studie haben Forscher um Prof. Stefan Kiechl und Prof. Johann Willeit von der Univ.-Klinik für Neurologie der Medizinischen Universität Innsbruck und Prof. Georg Schett von der Universität Erlangen gezeigt, dass ein für den Knochenbau wichtiges Protein Einfluss auf die Stabilität von Gefäßablagerungen hat und damit ein Risikofaktor für akute Gefäßerkrankungen wie Schlaganfall und Herzinfarkt ist. Die Ergebnisse wurden unlängst in der renommierten Fachzeitschrift Circulation veröffentlicht.

Das Protein RANK-Ligand (RANKL) war bisher vor allem für seine wesentliche Rolle bei der Regulation von Knochenum- und -abbau bekannt. Das Zytokin sorgt für die Entstehung, die Aktivierung und das Überleben von Osteoklasten. Sein Gegenspieler ist das Osteoprotegerin (OPG), das im gesunden Körper etwa in der ausgewogenen Menge produziert wird. Weniger bekannt ist, dass diese Proteine auch im Gefäßsystem vorkommen und dort bei verschiedenen schädigenden Prozessen von Bedeutung sind. So scheint RANKL bei der Kalzifizierung, der Ausbildung von Ablagerungen an den Gefäßwänden, eine Schlüsselrolle zu spielen. Dies gilt auch für die Ausschüttung von Metalloproteinasen und die Chemotaxis von Makrophagen. Für die Medizin interessant ist dies vor allem auch deshalb, weil im Bereich der Knochenerkrankungen der Einsatz von Antikörpern gegen RANKL bereits intensiv erforscht und in der Klinik erprobt wird. Große internationale Studien wecken hohe Erwartungen für die Behandlung von Osteoporose und Knochenmetastasen. "Ähnliche Therapieansätze könnten perspektivisch auch bei akuten Gefäßerkrankungen zur Erprobung kommen. Jedenfalls", betont Prof. Stefan Kiechl "ist davon auszugehen dass eine Anti-RANKL Therapie - sofern sie in die klinische Routine einziehen wird - kein vaskuläres Risiko in sich birgt."

Daten aus Südtirol liefern Anhaltspunkt
Die Forscher um Prof. Stefan Kiechl von der Innsbrucker Univ.-Klinik für Neurologie und Prof. Georg Schett von der Universität Erlangen haben die Konzentration von RANKL im Blut von Teilnehmern der Bruneck-Studie gemessen. Bei dieser Studie handelt es sich um eine seit 15 Jahren durchgeführte Langzeitbeobachtung von 1.000 gesunden Einwohnern der Stadt Bruneck in Südtirol, die auf die Erforschung der Ursachen von Herzinfarkt und Schlaganfall abzielt. Initiiert und geleitet wird diese Studie von Prof. Johann Willeit von der Univ.-Klinik für Neurologie. Das mit Hilfe neuer Assays gemessene Protein im Blut ist aktiv und mit jenem im Gefäßsystem und den Knochen identisch. "Wir wissen derzeit aber noch nicht genau, wie das Protein in das Blut kommt", sagt Prof. Kiechl. Die Daten aus der Bruneck-Studie zeigen aber, so der Neurologe, dass RANKL im Blut ein starker Prädiktor für die Entstehung von Gefäßerkrankungen ist und zwar vor allem für Erkrankungen, die auf einer Destabilisierung von Ablagerungen in den Gefäßen basieren, wie Schlaganfall, Herzinfarkt oder instabile Angina. Dies wird auch durch histologische Daten bestätigt, wo RANKL an den Bruchstellen der Ablagerungen besonders stark hochreguliert ist. Für andere kardiovaskuläre Erkrankungen, die nicht mit der Ablösung von Ablagerungen in Zusammenhang stehen, zeigen die Bruneck-Daten keinen Zusammenhang.


Vielversprechender Weg
Während die meisten der etablierten Risikofaktoren für Herzkreislauferkrankungen mit der Arteriosklerose in Verbindung stehen, gilt dies für RANKL nicht. Bei gleichem Entwicklungsstadium der Arteriosklerose zeigen Brunecker mit hoher RANKL-Konzentration im Blut jedoch ein deutlich erhöhtes Schlaganfall- und Herzinfarktrisiko. "Ein besseres Verständnis der Mechanismen die zum Aufbrechen von arteriosklerotischen Läsionen führen ist enorm wichtig, denn damit ließe sich eine wesentliche Lücke in der Behandlung von Gefäßerkrankungen schließen", betont Prof. Kiechl, "der Weg dahin ist freilich noch weit." Während die Progression der Arteriosklerose und Gefäßverschlüsse heute bereits gut therapiert werden können, steht die Medizin bei der akuten Stabilisierung von Gefäßablagerungen erst ganz am Anfang. Die Ergebnisse der Innsbrucker Forscher weisen einen vielversprechenden Weg.

Unterstützt wurden die Forscher durch den Jubiläumsfonds der Österreichischen Nationalbank, den Pustertaler Verein zur Prävention von Herz- und Hirngefäßerkrankungen, die Britische Herzstiftung sowie den FWF, der dem gebürtigen Innsbrucker und nunmehrigen Direktor der Medizinischen Klinik 3 in Erlangen, Prof. Georg Schett, im Jahr 2002 den START-Preis verliehen hatte.
 
zurück