Innsbruckl (universität) - Im Rahmen der Bruneck-Studie haben Forscher um Prof. Stefan Kiechl und Prof.
Johann Willeit von der Univ.-Klinik für Neurologie der Medizinischen Universität Innsbruck und Prof.
Georg Schett von der Universität Erlangen gezeigt, dass ein für den Knochenbau wichtiges Protein Einfluss
auf die Stabilität von Gefäßablagerungen hat und damit ein Risikofaktor für akute Gefäßerkrankungen
wie Schlaganfall und Herzinfarkt ist. Die Ergebnisse wurden unlängst in der renommierten Fachzeitschrift Circulation
veröffentlicht.
Das Protein RANK-Ligand (RANKL) war bisher vor allem für seine wesentliche Rolle bei der Regulation von Knochenum-
und -abbau bekannt. Das Zytokin sorgt für die Entstehung, die Aktivierung und das Überleben von Osteoklasten.
Sein Gegenspieler ist das Osteoprotegerin (OPG), das im gesunden Körper etwa in der ausgewogenen Menge produziert
wird. Weniger bekannt ist, dass diese Proteine auch im Gefäßsystem vorkommen und dort bei verschiedenen
schädigenden Prozessen von Bedeutung sind. So scheint RANKL bei der Kalzifizierung, der Ausbildung von Ablagerungen
an den Gefäßwänden, eine Schlüsselrolle zu spielen. Dies gilt auch für die Ausschüttung
von Metalloproteinasen und die Chemotaxis von Makrophagen. Für die Medizin interessant ist dies vor allem
auch deshalb, weil im Bereich der Knochenerkrankungen der Einsatz von Antikörpern gegen RANKL bereits intensiv
erforscht und in der Klinik erprobt wird. Große internationale Studien wecken hohe Erwartungen für die
Behandlung von Osteoporose und Knochenmetastasen. "Ähnliche Therapieansätze könnten perspektivisch
auch bei akuten Gefäßerkrankungen zur Erprobung kommen. Jedenfalls", betont Prof. Stefan Kiechl
"ist davon auszugehen dass eine Anti-RANKL Therapie - sofern sie in die klinische Routine einziehen wird -
kein vaskuläres Risiko in sich birgt."
Daten aus Südtirol liefern Anhaltspunkt
Die Forscher um Prof. Stefan Kiechl von der Innsbrucker Univ.-Klinik für Neurologie und Prof. Georg
Schett von der Universität Erlangen haben die Konzentration von RANKL im Blut von Teilnehmern der Bruneck-Studie
gemessen. Bei dieser Studie handelt es sich um eine seit 15 Jahren durchgeführte Langzeitbeobachtung von 1.000
gesunden Einwohnern der Stadt Bruneck in Südtirol, die auf die Erforschung der Ursachen von Herzinfarkt und
Schlaganfall abzielt. Initiiert und geleitet wird diese Studie von Prof. Johann Willeit von der Univ.-Klinik für
Neurologie. Das mit Hilfe neuer Assays gemessene Protein im Blut ist aktiv und mit jenem im Gefäßsystem
und den Knochen identisch. "Wir wissen derzeit aber noch nicht genau, wie das Protein in das Blut kommt",
sagt Prof. Kiechl. Die Daten aus der Bruneck-Studie zeigen aber, so der Neurologe, dass RANKL im Blut ein starker
Prädiktor für die Entstehung von Gefäßerkrankungen ist und zwar vor allem für Erkrankungen,
die auf einer Destabilisierung von Ablagerungen in den Gefäßen basieren, wie Schlaganfall, Herzinfarkt
oder instabile Angina. Dies wird auch durch histologische Daten bestätigt, wo RANKL an den Bruchstellen der
Ablagerungen besonders stark hochreguliert ist. Für andere kardiovaskuläre Erkrankungen, die nicht mit
der Ablösung von Ablagerungen in Zusammenhang stehen, zeigen die Bruneck-Daten keinen Zusammenhang.
Vielversprechender Weg
Während die meisten der etablierten Risikofaktoren für Herzkreislauferkrankungen mit der Arteriosklerose
in Verbindung stehen, gilt dies für RANKL nicht. Bei gleichem Entwicklungsstadium der Arteriosklerose zeigen
Brunecker mit hoher RANKL-Konzentration im Blut jedoch ein deutlich erhöhtes Schlaganfall- und Herzinfarktrisiko.
"Ein besseres Verständnis der Mechanismen die zum Aufbrechen von arteriosklerotischen Läsionen führen
ist enorm wichtig, denn damit ließe sich eine wesentliche Lücke in der Behandlung von Gefäßerkrankungen
schließen", betont Prof. Kiechl, "der Weg dahin ist freilich noch weit." Während die
Progression der Arteriosklerose und Gefäßverschlüsse heute bereits gut therapiert werden können,
steht die Medizin bei der akuten Stabilisierung von Gefäßablagerungen erst ganz am Anfang. Die Ergebnisse
der Innsbrucker Forscher weisen einen vielversprechenden Weg.
Unterstützt wurden die Forscher durch den Jubiläumsfonds der Österreichischen Nationalbank, den
Pustertaler Verein zur Prävention von Herz- und Hirngefäßerkrankungen, die Britische Herzstiftung
sowie den FWF, der dem gebürtigen Innsbrucker und nunmehrigen Direktor der Medizinischen Klinik 3 in Erlangen,
Prof. Georg Schett, im Jahr 2002 den START-Preis verliehen hatte. |