Bozen (lpa) - Der Kreuzgang von Brixen brigt den wohl größten Bestand an gotischen Wandmalereien
in Südtirol. Immer wieder wurden die Kreuzgang-Fresken auch restauriert. Die jüngsten Restaurierungsarbeiten
werden unter Verwendung von Bariumhydroxid durchgeführt, wovon sich die Landesabteilung Denkmalpflege besondere
Haltbarkeit verspricht. Am 08.08. wurde Einblick in die Arbeiten gewährt.
Seit vergangenem Mai wurde an den Wandmalereien in der 14. und 15. Arkade des Brixner Domkreuzgangs gearbeitet.
Im Auftrag des Landes führte Restaurator Georg Gebhard aus Feldthurns, der die entsprechende Ausschreibung
gewonnen hatte, die Restaurierungsarbeiten durch. Dabei wurde erstmals in Südtirol die so genannte Barium-Methode
in größerem Ausmaß angewandt.
"Die Beobachtungen und Kontrollen der nächsten Jahre werden zeigen, ob die positiven Ergebnisse auch
nachhaltig wirken und die Schäden und deren Ursachen dauerhafter behoben werden konnten als bisher",
erklärte dazu bei der heutigen Vorstellung der Restaurierungsarbeiten die Direktorin im Amt für Bau-
und Kunstdenkmäler, Waltraud Kofler Engl. Die Kosten der Restaurierung bezifferte sie auf 32.000 Euro sowie
zusätzlich 685 Euro für chemische Analysen.
Die Notwendigkeit dieser Restaurierung hatte sich aus den laufenden Kontrollen der Malereien durch das Amt für
Bau- und Kunstdenkmäler ergeben. Diese hatten Schäden an den zwischen 1464 und 1473 entstandenen Malereien
der 14. und 15. Arkade nachgewiesen. Diese Wandmalereien aus der Werkstatt des „Leonhard von Brixen“ mit den Darstellungen
der sieben Freuden Mariens und alttestamentarischen Szenen waren zwar 1987 nach einem Wassereinbruch behandelt
worden, die getroffenen Maßnahmen hatten die Schadensursachen aber nicht dauerhaft beheben können. Ausblühende
Salze und eine Vergipsung des Putzes als Folge von Wassereinbrüchen hatten zu abbröckelnden Malpartien
und weißen Schleiern an der Oberfläche sowie zu Haftungsschäden des Malputzes geführt. So
entschied man sich nach einer Voruntersuchung durch die Bozner Restauratorin Lucia Saccani und auf der Grundlage
der chemischen Analysen der Salze sowie der verwendeten Pigmente und Bindemittel, die Fresken reinigen, die Übermalungen
abnehmen, die Sulfate umwandeln und die Malereien nach der sogenannten „Barium-Methode“ festigen zu lassen.
"Die Wandmalereien des Brixner Kreuzganges bedürfen auch in Zukunft einer laufenden Beobachtung",
waren sich heute Landeskonservator Helmut Stampfer und Stellvertreterin Kofler Engl einig, eine weitere Gesamtrestaurierung
solle möglichst weit in die Zukunft gerückt werden, da jeder Eingriff einen Substanzverlust mit sich
bringe.
Im Brixner Kreuzgang findet sich wohl der größte Bestand an gotischer Wandmalerei in Südtirol.
Der Kreuzgang war zunächst mit spätromanischen und frühgotischen Fresken geschmückt, nach seiner
Einwölbung um 1370 wurde er ein zweites Mal ausgemalt. Die Malereien in den 15 Arkaden sind nicht einheitlich
gestaltet und stammen aus der frühen Gotik (Beginn des 14. Jahrhunderts) bis zur Spätgotik (frühes
16. Jahrhundert).
Am Beispiel der Kreuzgang-Fresken - die mittlerweile drei Gesamtrestaurierungen hinter sich haben - lasse sich
die Geschichte der Restaurierung und der Denkmalpflege allgemein und speziell verfolgen, so die Leiterin des Landesamtes
für Baudenkmäler: "Der Umgang mit den Malereien, der Respekt vor dem Original und die unterschiedlichsten
dem Wissensstand der Zeit entsprechenden Konservierungsmethoden spiegeln die Haltung des Menschen gegenüber
dem kulturellen Erbe wider."
Bei der heutigen Vorstellung wurde Einblick in die Restaurierungsgeschichte der Fresken gegeben: Erste Ausbesserungsarbeiten
sind bereits für das Jahr 1477 bezeugt. Im Zuge des barocken Domneubaus und in der Zeit der Säkularisation
zu Beginn des 19. Jahrhunderts litt der Kreuzgang größere Schäden. 1842 wurden erste Restaurierungsarbeiten
eingeleitet, die aber erst nach Interventionen in Wien 1890 konkretere Form annahmen. Dabei kam es zu Diskussionen
über die Restaurierungsmethoden. "Letztlich wurde vieles ergänzt, übermalt, Konturen nachgezogen
und die Fresken durch eine Wachsimprägnierung aufgefrischt, was in der Folge große Schäden verursachte",
so Kofler Engl.
Zwischen 1955 und 1970 führte das staatliche Denkmalamt eine neuerliche Restaurierung durch, nahm die Wachsschichten
und Übermalungen ab, festigte und reinigte die Mal- und Putzschichten und beließ die Fehlstellen. Nach
erneuten Schäden in den 1980er Jahren ging man nach der Neueindeckung der Dächer, den Entfeuchtungsarbeiten
und einem Teilaustausch des Fußbodens 1987 die dritte Gesamtrestaurierung an. Dabei investierte die öffentliche
Hand (Abteilung Denkmalpflege/Amt für Bau- und Kunstdenkmäler) ca. 550.000 Euro allein im Bereich Wandmalereien.
Das nun in Brixen verwendete Bariumhydroxid wurde nach der Flutkatastrophe von Florenz 1966 als Festigungsmittel
und zur Gipsumwandlung im Bereich der Wandmalerei vom „Opificio delle Pietre Dure“ verstärkt untersucht und
eingesetzt. Bariumhydroxid allein reicht jedoch zur Umwandlung von Sulfat-Salzen insbesondere von Gips nicht aus.
Ein erster Reaktionsschritt muss daher durch eine Behandlung mit Ammoniumcarbonat erfolgen, das auch als Reinigungsmittel
wirkt. Dabei überführt das Ammoniumcarbonat den Gips (Calciumsulfat) in das leicht lösliche Ammoniumsulfat
und in Calciumcarbonat (Kalk). Kalk wird in den Putz eingelagert und bewirkt eine erste Festigung. Das leicht lösliche
Ammoniumsulfat muss nach mehreren Wochen durch Bariumhydroxidpackungen in das schwer lösliche Bariumsulfat
umgewandelt werden. Bariumsulfat hat ebenfalls eine festigende Wirkung, ist dem Kalk mineralogisch sehr ähnlich
und bewirkt zudem eine Vertiefung der Farben. Die Anwendung ist zwar nicht reversibel, behindert jedoch nachfolgende
Restaurierungsmaßnahmen nicht.
Im Fall der Kreuzgang-Restauration zog Restaurator Gebhard auch die Restauratorin Maria Rosa Lanfranchi vom „Opificio
delle Pietre Dure“ in Florenz als Fachberaterin bei. Auf Einladung des „Verbandes der Restauratoren - Konservatoren
Südtirols“ gab die Restauratorin kürzlich auch eine eintägige Einführung in die Theorie und
Praxis der Behandlung von Wandmalereien mit Bariumhydroxid. Durch die Initiative konnten eine Gruppe von Fachrestauratoren
in die Methode eingeführt werden. |