Nur jeder fünfte Allergiker geht zum Arzt – Gestochen! War´s Biene oder Wespe?
Linz (alk-abello) - Etwa 300.000 Österreicher teilen ihr Schicksal mit Britney Spears
und Antonio Banderas: ihr Körper reagiert allergisch auf das Gift von Bienen und Wespen. Ein entspanntes
Picknick im Grünen oder ein sommerlich-heißer Badetag kann für sie mit einem lebensbedrohlichen
Vorfall enden. Doch nur jeder fünfte Allergiker [1,2] lässt seine Allergie medizinisch beim Facharzt
abklären und nur jeder zwanzigste beginnt mit einer spezifischen Immuntherapie [1]. Der Rest ist sich der
Gefahr nicht bewusst und/oder weiß nicht über die gute Behandelbarkeit – eine Insektengiftallergie kann
oft bis zu 100% ausgeheilt werden – Bescheid.
Der milde Winter und die konstant warmen Temperaturen im Frühjahr sorgen dieses Jahr für eine frühe
Obsternte. Doch die Gaumenfreude ist getrübt, denn reife Früchte sind auch für Wespen besonders
schmackhafte Leckerbissen. „Je reicher die Ernte, desto besser geht’s auch den Wespen“, so der Zoologe Univ.-Prof.
Dr. Karl Crailsheim von der Universität Graz. Die Angst vor den heuer angeblich besonders angriffslustigen
Wespen kann der Experte jedoch nehmen: „Die Insekten sind bei höheren Temperaturen grundsätzlich aktiver.
Es gibt aber keine gesicherten Studien, dass das bisher sehr warme Wetter Auswirkungen auf das Verhalten der Wespen
hat. Sie sind heuer nicht aggressiver als in den vergangenen Jahren. Allerdings“, räumt Crailsheim ein, „gibt
es durch Importe fremder Königinnen immer mehr Bienenrassen, die angriffslustiger und nicht mehr ganz so sanftmütig
sind wie die in Österreich bisher gezüchtete Honigbiene.“ Vorsicht ist jedenfalls geboten.
Kleiner Stich mit schweren Folgen
Der Stich einer Wespe oder Biene ist – abgesehen vom Schmerz und der juckenden, geröteten Hautstelle
– harmlos. Doch rund 4% der Österreicher reagieren bereits auf kleinste Mengen des Insektengiftes mit Schwellungen,
Hautausschlag, Schwindel, Übelkeit bis hin zu schwerer Atemnot und im Extremfall mit einem Kreislaufschock.
Allerdings sucht nur jeder fünfte Allergiker nach einer allergischen Reaktion einen Arzt auf.
Der ideale Zeitpunkt die Diagnose beim Facharzt durchführen zu lassen, ist vier Wochen nach dem Stichereignis.
Unmittelbar nach dem Stich können die Testergebnisse falsch-negativ ausfallen. „Viele kommen – wenn überhaupt
– erst Jahre später. Zwar lässt sich eine Sensibilisierung mittels Haut- und Bluttest noch nach Jahren
erfolgreich nachweisen, doch die Patienten gehen mit jedem Sommer der vergeht, das Risiko eines weiteren Stiches
und somit einer schweren allergischen Reaktion ein“, warnt Univ.-Doz. Dr. Wolfgang Hemmer vom Wiener Allergie-Ambulatorium
Floridsdorf vor der gefährlichen Sorglosigkeit vieler Allergiker. Pro Jahr verlieren 10% der Allergiker ihre
Allergie spontan. Jedoch: „Sterben jährlich auch 2-3 Österreicher an den Folgen eines allergisch bedingten
Herz-Kreislauf-Versagens (med. anaphylaktischer Schock).
Biene oder Wespe?
Um rasch eine Therapie gegen das richtige Gift einleiten zu können, ist es wichtig zu wissen, wogegen sich
die allergische Reaktion genau richtet. Hemmer: „Trotz Ausnahmezustand sollte man darauf achten, ob Biene oder
Wespe zugestochen hat.“ Meist können die Patienten nicht unterscheiden, welches Insekt sie gestochen hat oder
es vergeht zu viel Zeit und die Erinnerung an den Stich verblasst.
Allergie-Impfung bietet fast 100%igen Schutz bei Insektengiftallergien
Um schwerwiegenden Folgen vorzubeugen, muss die Insektengiftallergie rechtzeitig therapiert werden. Die spezifische
Immuntherapie (Allergie-Impfung) stellt die einzige Möglichkeit dar, eine Bienen- und Wespengiftallergie mit
nachhaltigem Erfolg zu behandeln. Hemmer dazu: „Die spezifische Immuntherapie bringt Insektengiftallergikern einen
wirksamen Schutz vor neuerlichen lebensbedrohlichen Reaktionen und führt zu einer nachweisbaren Verbesserung
ihrer Lebensqualität. Dazu kommt das Gefühl der Sicherheit.“ Erfreulicherweise liegt die Erfolgsquote
bei Insektengiftallergien bei bis zu 100%. „Diese Erfolgrate ist sensationell. Kaum eine Medikation kann diesen
Wirkungsnachweis erbringen. Deshalb ist auch nicht nachvollziehbar, warum nicht alle Insektengiftallergiker diese
Chance nützen, obwohl sie jeden Sommer tagtäglich einer akuten Lebensgefahr ausgesetzt sind.“
Bei der spezifischen Immuntherapie (SIT) wird der Körper langsam an das Insektengift gewöhnt. Zu Beginn
bekommt der Patient einmal pro Woche ambulant eine geringe Dosis des Allergieauslösers in langsam steigenden
Mengen unter die Haut gespritzt. Als Alternative kann die Anfangsbehandlung auch im Rahmen eines stationären
Krankenhausaufenthalts innerhalb einer Woche durchgeführt werden. Die optimale Höchstdosis wird schließlich
einmal alle 4-6 Wochen injiziert. Nach drei Jahren liegt die Erfolgsquote üblicherweise zwischen 80% und 100%,
oft wird die Therapie noch zwei weitere Jahre fortgeführt. Die Wirkung hält viele Jahre an und wird ausdrücklich
auch für Kinder empfohlen. Die Erfolge der SIT konnten in einer kürzlich publizierten Studie mit 93 Patienten,
die mit der verkürzten Aufdosierphase behandelt wurden, erneut bestätigt werden [3]. Die Therapiekosten
der spezifischen Immuntherapie werden von den Krankenkassen übernommen.
Kein Ausflug ohne Notfallapotheke!
Wird man gestochen, heißt es für den Allergiker rasch handeln. Allergie-Experte Hemmer: „Wichtig
ist, Ruhe bewahren und den Stachel nicht umständlich herausziehen, sondern rasch durch Wegkratzen entfernen.“
Danach die verordneten Notfallmedikamente anwenden, zum Arzt gehen bzw. den Notarzt rufen.
Grundsätzlich sollte im Stichfall immer sofort ein Antiallergikum sowie ein Kortisonpräparat in Tablettenform
eingenommen werden. Bei kritischen Reaktionen ist der Einsatz von Adrenalin angezeigt, das es in Form eines hilfreichen
Autoinjektors für die Notfallapotheke gibt. Adrenalin wirkt Kreislauf stabilisierend und kann fatale Schockreaktionen
verhindern. Da diese Medikamente lebensrettend sein können, müssen sie für den Ernstfall immer griffbereit
sein und wegen ihrer begrenzten Haltbarkeit auch zeitgerecht erneuert werden“, rät Hemmer eindringlich.
Eine Broschüre über Insektengiftallergie sowie eine DVD über die Allergie-Impfung gibt’s kostenlos
bei ALK-Abelló, Tel. ++43 / (0)732 / 385372, E-Mail: office@at.alk-abello.com
[1] Bresser H, Sander C, Rakoski J, Insektenstichnotfälle in München 1992. Allergo
Journal Heft 7 (1995) 373-376
[2] Helbling A et al., Incidence of anaphylaxis with circulatory symptoms: a study over a 3-year period comprising
940,000 inhabitants of the Swiss Canton Bern. Clin Exp Allergy 34 (2004) 285–290
[3] Bier A, Virchow JC, Verträglichkeit und Wirksamkeit einer 3-tägigen Rush-Hyposensibilisierung bei
Bienen- und Wespengiftallergie. Allergologie 4, 2007, 125-128
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