Grillitsch und Karas fordern Ausbau der Kinderbetreuung im ländlichen Raum
Wien (hilfswerk) - Nicht nur in den Städten, auch im ländlichen Raum gibt es einen erheblichen
Mangel an Kinderbetreuungsplätzen. Bauernbundpräsident Fritz Grillitsch und der Präsident des Österreichischen
Hilfswerks, Othmar Karas, forderten bei einer gemeinsamen Pressekonferenz, am 06.08. den Ausbau der Kinderbetreuung
im Ländlichen Raum.
Österreich weist große Lücken im Kinderbetreuungsbereich auf. Vor allem in den Altersgruppen 0
bis 3 Jahre, sowie bei Schulkindern gilt es noch viel aufzuholen. Das zeigt eine Studie des Europäischen Zentrums
für Wohlfahrtspolitik und Sozialforschung im Auftrag der Industriellenvereinigung, die den Status Quo 2005
erfasst hat. Die niedrigste Betreuungsquote weist Österreich bei den 0- bis 3-jährigen Kindern auf. Hier
liegt sie nur bei etwa 12%. Die höchste Betreuungsquote liegt bei 3- bis 5-jährigen Kindern mit einer
Betreuungsquote von 86% vor. Bei den 6- bis 14-jährigen Kindern liegt die Betreuungsquote bei 14%. Im OECD-Vergleich
liegt Österreich bei den Betreuungsquoten der unter 3-jährigen im unteren Drittel. Auf das Barcelona-Ziel
von 33% fehlen rund 50.000 Plätze.
"Die oft geforderte Vereinbarkeit von Familie und Beruf bleibt zu oft auf der Strecke, weil die enorme Nachfrage
nach Kinderbetreuungsplätzen nicht befriedigt wird", sagte Hilfswerk-Präsident Othmar Karas, "Insgesamt
werden rund 200.000 Kinder unter 15 Jahren mit einer voll erwerbstätigen Mutter nicht außerhäuslich
betreut."
Aber nicht nur rein quantitativ herrscht ein Mangel. Vor allem die Öffnungszeiten der Kinderbetreuungseinrichtungen
sind ein großes Problemfeld. Lediglich 42% der Kindertagesheime in Österreich halten bis mindestens
17:00 Uhr offen. Bei den Kindergärten sind dies sogar nur 25%. Die Öffnungszeiten und die Schließzeiten
in den Ferien stehen an erster Stelle bei der Kritik der Eltern an den Kinderbetreuungseinrichtungen.
Ein Modell, das sich wesentlich flexibler den modernen Ansprüchen anpasst, sind Tagesmütter und -väter,
die keine starren Öffnungszeiten kennen. "Das von der EU geförderte Pilotprojekt, Kinderbetreuung
am Bauernhof' war ein voller Erfolg", sagte Bauernbundpräsident Fritz Grillitsch, der jetzt auf eine
Fortsetzung und einen Ausbau drängt. Noch mehr Bäuerinnen und Bauern sollen als Tagesmütter und
-väter ausgebildet und gefördert werden. "Das Projekt hat gezeigt: Alle haben profitiert, die Kinder,
die Eltern, die Bauern und die Gemeinden, und da vor allem die kleineren, wo sich die Strukturverbesserung am stärksten
auswirkt.", so Grillitsch weiter.
Die Landwirtin Silvia Feichtiger, die als Tagesmutter im Rahmen des Projektes ausgebildet wurde, übt diesen
Beruf heute noch aus. Sie berichtete aus ihrer Erfahrung: "Die Kinder lieben die Natur, die Tiere und die
Erlebnisse wie in einer Großfamilie, die Eltern die flexible Betreuungsmöglichkeit. Für mich ist
es eine schöne Ergänzung meiner Arbeit und eine zusätzliche Erwerbsquelle."
"Nicht nur am Bauernhof ist die Kinderbetreuung durch Tagesmütter und -väter am besten geeignet,
Betreuungslücken intelligent zu schließen," ergänzte Hilfswerk-Präsident, "denn
diese Betreuungsform ist familiennah, flexibel und ressourcenschonend!" Schließlich fordert Karas auch
Gutscheine für Kinderbetreuung, die analog zu Essensgutscheinen von Arbeitgebern an Arbeitnehmern steuerbegünstigt
gegeben werden: "Damit würden alle Familien gleich viel profitieren - unabhängig vom Einkommen!"
Die Forderungen im Detail
Bei der Debatte um Kinderbetreuung und die Schaffung zusätzlicher Betreuungsplätze darf nicht
nur an institutionelle Angebote gedacht werden. Gerade im ländlichen Raum kommen flexiblen Angeboten wie Tagesmüttern
entscheidende Rolle zu.
Im Bereich der Kleinkindbetreuung sollte die Tagesmutter als vollwertige Alternative zu Einrichtungen wie Kinderkrippen
ähnliche Unterstützung von der öffentlichen Hand erfahren wie diese. Ähnliches gilt für
Nachmittagsbetreuung in Kindergärten und Schulen.
Gerade im Hinblick auf die Erfordernisse im ländlichen Raum sollte das Modell der Tagesmütter genützt
werden, um die Betreuungsmöglichkeiten im Hinblick auf die Bedürfnisse der Eltern auszuweiten (z.B. hinsichtlich
der Betreuungszeiten).
Das Erwerbsmodell der Tagesmütter in Kombination mit der Betreuung der eigenen Kinder soll bei der Neugestaltung
des Kindergeldes besonders Berücksichtigung finden (Freigrenzen etc.)
Neben der traditionellen Form der Tagesmutter mit der Betreuung in den eigenen vier Wänden soll das Modell
der mobilen Tagesmutter (mobile Mamis) flächendeckend ausgebaut werden.
Da viele Tagesmütter diesen Beruf temporär in der Phase der Betreuungsbedürftigkeit ihrer eigenen
Kinder ausüben, bedarf es Unterstützung seitens des Arbeitsmarktservices für den (Wieder-)Einstieg
in das ursprünglich gewählte Berufsfeld.
Die betriebliche Förderung von Kinderbetreuung soll auf das Modell der Tagesmütter insoweit ausgeweitet
werden, als analog zu den Essensgutscheinen auch Kinderbetreuungsgutscheine steuerlich gefördert werden sollen.
Das Österreichische Hilfswerk ist mit seinen Landesverbänden und dem Hilfswerk Austria einer der größten
österreichischen Anbieter sozialer Dienstleistungen. Im Bereich Tagesmütter ist das Hilfswerk die größte
Organisation in Österreich. 9.122 Kinder werden von 1.283 Tagesmüttern und -vätern betreut, weitere
4.514 Kinder sind in Kinderbetreuungs-einrichtungen des Hilfswerks gut aufgehoben. Das Hilfswerk beschäftigt
7.754 MitarbeiterInnen. Die Gesamtleistung des Hilfswerks (Umsatz) beträgt 160,29 Millionen Euro. |
Stadlbauer: Ausbau der öffentlichen Kinderbetreuung hat Priorität
Wien (sk) - "Bei der Regierungsklausur in Eisenstadt wurde ein sehr gutes Angebot an die Länder
entwickelt. Priorität hat der Ausbau der öffentlichen Kinderbetreuung", betonte Bundesfrauengeschäftsführerin
und Nationalratsabgeordnete Bettina Stadlbauer am 06.08. in Reaktion auf die Aussagen von Bauernbundpräsident
Fritz Grillitsch und dem Präsidenten des Österreichischen Hilfswerks Othmar Karas, die in Zukunft mehr
die Tagesmütter fördern wollen.
Zu dem ÖVP-Vorschlag der Gutscheine für Kindergärten betonte Stadlbauer, dass es eine bestehende
weit bessere Vereinbarung gebe, nämlich fix 45 Mio. Euro Bundesförderung für den dringend nötigen
Ausbau er Betreuungsplätze und Verhandlungen mit den Bundesländern bezüglich zusätzlichen Landesförderungen.
"Denn was nützt den Eltern ein Gutschein, wenn es keinen Betreuungsplatz gibt?", so Stadlbauer,
die daran erinnerte, dass der Focus des Ausbaus bei den unter Dreijährigen liegen werde und die Förderhöhe
von klar nachvollziehbaren Qualitätskriterien abhängig ist.
Es sei nun wichtig, rasch in Verhandlungen mit den Ländern zu treten und zielorientiert zu arbeiten. Sowohl
der Bedarf an Kinderbetreuung stehe fest, wie auch die Prioritäten. "Jetzt geht es um eine rasche Umsetzung",
meinte Stadlbauer abschließend. |