Stuttgarter Physiker entschlüsseln das Geheimnis des Glasübergangs
Stuttgart (idw) - Forscher der Universität Stuttgart sind hinter das Geheimnis des Glasübergangs
gekommen, eine wichtige Voraussetzung für die Weiterentwicklung neuer Hochleistungsmaterialien.
Gläser sind Festkörper, in denen der flüssige Zustand eingefroren ist. Im Gegensatz zu kristallinen
Festkörpern besitzen Gläser keine geordnete atomare Struktur sondern sind amorph (gr.: strukturlos).
Wissenschaftlern am Institut für Theoretische und Angewandte Physik der Universität Stuttgart um Prof.
Hans-Eckhardt Schaefer ist es nun gelungen, einen wichtigen Beitrag zur Aufklärung der Mechanismen des Glasübergangs
in amorphen Metallen zu leisten, bei dem der Festkörper vom amorphen Zustand in den Zustand der unterkühlten
Schmelze übergeht.
Eine immer größer werdende Klasse von Metallen lässt sich in den amorphen Zustand bringen. Diese
nichtkristallinen, ungeordneten Strukturen weisen außergewöhnliche mechanische und magnetische Eigenschaften
sowie hohe Korrosionsbeständigkeit auf. Wegen der amorphen Struktur werden diese metallischen Materialien
auch metallische Gläser genannt. Der so genannte Glasübergang in diesen Festkörpern ist nun von
enormer Bedeutung für die Eigenschaften dieser Materialien, die beispielsweise in der Medizintechnik, modernen
Sportgeräten, oder aber auch als Hochleistungsstähle der Zukunft Anwendung finden. Der Glasübergang,
bei dem sich die mechanischen Materialeigenschaften rapide mit der Temperatur ändern, ist nach den neuen Untersuchungen
signifikant durch die Einführung freier atomarer Plätze (Leerstellen) bei höheren Temperaturen bestimmt,
die bei Absenkung der Temperatur wieder verschwinden. Diese neuartigen Erkenntnisse konnten durch hochpräzise
Messungen der Materialabmessungen bis in den Nanometerbereich gewonnen werden. Dazu kam die Methode der zeit-differenziellen
Dilatometrie (zeitabhängige Ausdehnungsmessung bei konstanter Temperatur nach schnellen Temperaturwechseln),
die in der Gruppe von Prof. Schaefer entwickelt wurde, zum Einsatz.
Die Ergebnisse sind ein wichtiger Schritt für das Verständnis amorpher Materialien wie Quarzglas, Polymere
oder biologische Eiweissmaterialien und sind von herausragender Bedeutung für die Festkörper- und Materialphysik.
Die Arbeit, die jetzt in der renommierten amerikanischen Fachzeitschrift Proceedings of the National Academy of
Sciences (PNAS, Bd 104 (2007) S. 12962) veröffentlicht wurde, entstand in Zusammenarbeit mit Kollegen der
University of Science and Technology, Beijing (China), der Technischen Universität Graz und der Universität
Ulm und wurde von der Max-Planck-Gesellschaft gefördert. |