AK fordert verpflichtende Regeln
Viele Unternehmen ignorieren den Corporate Governance Kodex
Wien (ak) - Wie wichtig ist österreichischen Unternehmen gutes Benehmen an der Börse? Eine
aktuelle Studie der Arbeiterkammer zeigt, dass ein Drittel der Unternehmen den Corporate Governance Kodex ignorieren.
So veröffentlichen nur 14 Unternehmen individuelle Vorstandsbezüge, den öffentlichen Diskussionen
um Managergehälter zum Trotz. "Bei Managementfehlern und Unternehmenskrisen zahlen immer die Arbeitnehmerinnen
und Arbeitnehmer drauf! Wir brauchen statt dem zahnlosen, unverbindlichen Kodex klare gesetzliche Regeln zur besseren
Unternehmenskontrolle", fordert Heinz Leitsmüller, Studienautor und Leiter der AK Abteilung Betriebswirtschaft.
Der Kodex, der bereits vor fünf Jahren vorgestellt wurde, soll vor allem die Unternehmenskontrolle verbessern.
Wie die Studie der Arbeiterkammer zeigt, verpflichten sich erst 60 Prozent der börsenotierten Unternehmen
dem Kodex. "Das ist vor allem auf die seit 2004 geltende verpflichtende Erklärung für alle Prime-Market-Teilnehmer
zurückzuführen. Im Prime-Market konnten seither auch die meisten Unternehmen gewonnen werden", so
Leitsmüller: "In den anderen Segmenten wird der Kodex jedoch ignoriert. Ohne verbindliche Regelungen
kann hier keine Weiterentwicklung erreicht werden."
Auch Unternehmen, die sich dem Corporate Governance Kodex verpflichtet haben, halten sich nur teilweise an die
Empfehlungen. In den Geschäftsberichten sind immer wieder Abweichungen vom Kodex aufgelistet. Besonders Transparenz
nach außen ist noch immer sehr unbeliebt: Die Veröffentlichung von einzelnen Vorstandsgehältern
bleibt ein Tabuthema, nur 14 Unternehmen sind dieser Empfehlung nachgekommen. Und obwohl der Kodex die Unternehmen
zum nachhaltigen wirtschaften verpflichten soll, veröffentlichen nur knapp ein Dutzend Nachhaltigkeitsberichte.
Für Studienautor Leitsmüller ist der Corporate Governance Kodex ein Schritt in die richtige Richtung:
"Freiwilligkeit alleine ist jedoch zu wenig. Kaum jemand hält sich an bloße Empfehlungen. Wir verlangen
klare gesetzliche Regelungen. Außerdem ist Good Governance auch in anderen Bereichen wichtig, beispielsweise
bei Banken und Versicherungen. Hier müssen ebenfalls verpflichtende Regelungen gelten."
Die AK fordert:
- Die Weiterentwicklung der Corporate Governance auf gesetzlicher Ebene. Verbindliche Regelungen für Unternehmen
müssen geschaffen werden.
- Eine verpflichtende Entsprechungserklärung über die Einhaltung des Corporate Governance Kodex im
UGB bzw Gesellschaftsrecht und die Berichterstattung über die Einhaltung im Geschäftsbericht und auf
der Homepage.
- Maßnahmen zur Verbesserung der Akzeptanz des Kodex außerhalb des Prime Markets. Entsprechende Maßnahmen
muss der Kapitalmarktbeauftragte der Regierung entwickeln.
- Die Verbesserung der Transparenz nach außen, beispielsweise durch die Veröffentlichung der Einzelgehälter
der Vorstände und der Veröffentlichung der Eigentümerstruktur ab 5 Prozent.
- Die Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen Aufsichtsrat und Wirtschaftsprüfern.
- Die Ausweitung des Anwendungsbereichs des Kodex auf alle Unternehmen im Finanzsektor und Unternehmen mit öffentlicher
Bedeutung.
- Eine verpflichtende jährliche Evaluierung in Verbindung mit der Einhaltung des Kodex.
- Die Aufnahme von sozialen und ökologischen Aspekten in den Kodex und die Berichterstattung über die
gesellschaftliche Verantwortung, etwa im Rahmen von Nachhaltigkeitsberichten.
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Schenz über den Erfolg des Corporate Governance Kodex
Anmerkungen zur Corporate Governance Studie der Arbeiterkammer
Wien (bmf) - Zur von der der Arbeiterkammer präsentierten Corporate Governance Studie und die
in diesem Zusammenhang aufgestellten Forderungen der AK hält der Regierungsbeauftragte für den Kapitalmarkt
und Vorsitzende des österreichischen Arbeitskreises für Corporate Governance Richard Schenz folgendes
fest:
Mit dem Österreichischen Corporate Governance Kodex in der Fassung Juni 2007 verfügt der österreichische
Kapitalmarkt über ein modernes, leistungsfähiges, international herzeigbares Corporate Governance Regelwerk.
Der österreichische Kodex wird regelmäßig vor dem Hintergrund der nationalen und internationalen
Entwicklungen überprüft und angepasst. Insbesondere wurden die EU - Corporate Governance - Empfehlungen
vorbildlich und fristgerecht umgesetzt.
Eine Erklärung zum Österreichischen Corporate Governance Kodex ist seit August 2004 eine so genannte
Prime Market Folgepflicht. Wie beispielsweise bei der Londoner Börse ist damit eine Erklärungspflicht
zum Kodex in den Listing Rules der Wiener Börse verankert. Alle Unternehmen, die im Prime Market der Wiener
Börse notieren, müssen sich daher mit dem Österreichischen Corporate Kodex auseinandersetzen und
eine Erklärung über die Einhaltung oder Nicht-Einhaltung des Kodex im jährlichen Geschäftsbericht
abgeben.
Kapitalmarktbeauftragter Schenz. "Es ist richtig, dass daher vor allem bei den Prime Market Unternehmen eine
ausgezeichnete Einhaltung des Kodex feststellbar ist und in den anderen Marktsegmenten der Wiener Börse noch
Verbesserungsbedarf besteht. Ich möchte, aber ausdrücklich darauf hinweisen, dass die Prime Market -
Unternehmen rund 97% der Marktkapitalisierung der Wiener Börse darstellen. Dort wo die überwiegende Mehrheit
der Anleger investiert ist, wird der Kodex sehr gut eingehalten."
Wie schon bei der vergangenen Arbeiterkammer-Studien gewinnt man den Eindruck, dass die AK das im österreichischen
Kodex zentrale Comply or Explain - Prinzip ignoriert. Schenz: "Ich möchte daher nochmals betonen, dass
ein wesentliches Ziel des Kodex die Transparenz ist. Es verhalten sich auch jene Unternehmen kodexkonform, die
zwar nicht alle Regeln einhalten, aber begründet erklären, warum eine Abweichung erfolgt."
Mit dieser Studie als auch mit den bisherigen Corporate Governance Studien wird seitens der AK immer nur neuen
gesetzlichen Regelungen das Wort geredet. Tatsache ist, dass wir in Österreich, insbesondere nach dem Gesellschaftsrechtsänderungsgesetz
2005, mit dem eine Reihe von Kodexregeln in das Gesetz übernommen wurden, bereits ein sehr hohes Niveau an
gesetzlich fixierten Corporate Governance Regeln haben. Tatsache ist weiters, dass in ganz Europa auf flexible
Selbstregulierung durch Kodizes und Soft Law zur Stärkung der Corporate Governance gesetzt wird. Mit einer
von der AK geforderten starren gesetzlichen Überregulierung ist die weitere positive Entwicklung am österreichischen
Kapitalmarkt, die so wichtig für mehr Wachstum und Beschäftigung ist, gefährdet.
"Insgesamt hat sich der Österreichische Corporate Governance Kodex in den vergangenen fünf Jahren
als wirksames Instrument zur Förderung des Anlegervertrauens bewährt" hält Kapitalmarktbeauftragter
Schenz abschließend fest. |
Fichtinger: Arbeiterkammer versteht Corporate Governance noch immer
nicht
AK kennt anscheinend auch die europäischen Trends nicht
Wien (aktienforum) - Die heute vorgestellte Studie der Arbeiterkammer über die Einhaltung des
Österreichischen Corporate Governance Kodex beruht auf einem grundsätzlichen Missverständnis der
Grundsätze der Corporate Governance. Die Forderungen der Studie gehen von einer Unkenntnis der europäischen
Trends aus.
"Die Aussagen der AK über die Einhaltung des Österreichischen Corporate Governance Kodex sind ein
Schlag ins Gesicht aller heimischen Unternehmen, die seit Jahren an der Verbesserung ihrer Corporate Governance
hart und erfolgreich gearbeitet haben" so Mag. Markus Fichtinger, Geschäftsführer des Aktienforums,
in einer ersten Reaktion auf die Studie der AK "Die praktische Anwendung des Kodex an der Wiener Börse
2007". Die Forderung nach einer stärkeren gesetzlichen Verbindlichkeit des Kodex ignoriert den Grundgedanken
der Freiwilligkeit und die europäischen Trends in diesem Bereich. Das "Comply or Explain"-Prinzip
ist die Grundlage des europäischen und damit auch des österreichischen kodexbasierten Ansatzes einer
modernen Unternehmensführung und -kontrolle. Es ermöglicht eine flexiblere und effizientere Regulierung
als gesetzliche Bestimmungen. Dies wurde mehrmals durch die Europäische Kommission und das Europäische
Corporate Governance Forum bestätigt. Ein österreichischer Sonderweg mit noch stärkeren gesetzlichen
Regulierungen ist daher weder notwendig noch zweckmäßig.
Ebenso sind die meisten Forderungen der AK bereits erfüllt oder in Umsetzung: Eine gesetzlich verpflichtende
Entsprechungserklärung wird durch die Umsetzung einer EU-Richtlinie ebenso vorbereitet, wie die weitere Verbesserung
der Zusammenarbeit zwischen Aufsichtsrat und Abschlussprüfer (8. EU-Richtlinie). Die Veröffentlichung
der Aktionärsstruktur ist seit einigen Jahren geregelt. Auch der Kodex gilt grundsätzlich für alle
AGs. Diese können sich daher jederzeit daran orientieren.
"Die AK sei darin erinnert, dass die schlechteste Corporate Governance in nicht-börsenotierten Unternehmen
zu suchen und zu finden ist. Die Beispiele BAWAG oder Konsum belegen dies leider eindrucksvoll. Die heimischen
börsenotierten Unternehmen wissen durch ihren täglichen Kontakt mit Investoren und Anlegern, wie wichtig
gute Corporate Governance ist. Die hervorragende Kursentwicklung an der Wiener Börse in den letzten Jahren
ist der Beweis dafür, dass die Investoren dieses Bekenntnis auch ohne gesetzlichen Zwang anerkennen und honorieren",
so Fichtinger abschließend. |