Alpach (bmj) - Unbemerkt von der Öffentlichkeit gibt es derzeit ein "hohes Ausmaß an Internationalisierung
der Justiz", stellte Justizministerin Maria Berger am 28.08. fest. Das zeigten die Rechtssprechung
von inzwischen schon sechs internationalen Strafgerichten, aber auch die Erfahrung, dass eine Verhaftung mit dem
europäischen Haftbefehl "fast ebenso problemlos wie in Österreich" über die Bühne
gehe.
Manchmal müsse Österreich deshalb sein Rechtssystem anpassen, sagte die Justizministerin. Noch in dieser
Legislaturperiode soll der Straftatbestand des "ausgedehnten oder systematischen Angriffs" hinsichtlich
Verbrechen gegen die Menschlichkeit umgesetzt werden. Dies werde voraussichtlich durch eine Ergänzung des
österreichischen Strafgesetzbuchs im Rahmen eines größeren Paketes, das auch einen Anti-Foltertatbestand
enthalten soll, geschehen. Auch für die Kronzeugenregelung wünscht sich die Ministerin eine umfassendere
Bestimmung, nachdenken müsse man, ob bei einem umfassenden Geständnis immer eine volle Hauptverhandlung
vor Gericht nötig sei. Länder, die das nicht verlangen, würden sich einiges ersparen. "Lernen"
könne Österreich auch vom Zeugenbetreuungsprogramm beim UN-Tribunal für Ex-Jugoslawien (ICTY).
Oft "exportiere" Österreich aber auch Recht, betont Berger: wenn etwa in den Nachbarländern
geholfen werde, Gerichte und ein Grundbuch aufzubauen oder die Strafprozessordnung zu modernisieren. Für Berger
ist dies "aktive Außenpolitik", Österreich "kann sich kaum retten vor Anfragen".
Sehr aktiv habe sich Österreich aber auch beim Aufbau des Internationalen Strafgerichtshofes (IStGH) und der
Sondertribunale engagiert. Derzeit arbeiten drei österreichische RichterInnen (Claudia Fenz / UN-Tribunal
für Kambodscha, Renate Winter / Sondertribunal für Sierra Leone und Frank Höpfel / Kriegsverbrechertribunal
für Ex-Jugoslawien) an internationalen Strafgerichtshöfen.
Aber auch internationale Haftbefehle seien keine Einbahnstraße, sondern ein "incoming and outgoing“
verwies Berger auf die Auslieferungsanträge aus Kasachstan für den Ex-Botschafter Rakhat Alijev (Aliyev),
und aus Kroatien für den früheren Vize-Verteidigungsminister Vladimir Zagorec. |