Bergbauern wollen für mögliche Abschaffung der EU-Milchquoten gerüstet sein  

erstellt am
30. 08. 07

Eßl: Studie soll Auswirkungen und Alternativmaßnahmen klären
Wien (bmlfuw/aiz) - "Für die Bergbauern ist die Rinderhaltung und Milchproduktion das wichtigste Einkommensstandbein, sie halten daher das System der EU-Milchquoten weiterhin für notwendig. Die Kontingentierung hat nämlich in den vergangenen Jahrzehnten die Milcherzeugung in den Benachteiligten Gebieten erhalten.

Für den Fall, dass sich in der Union dafür keine Mehrheit findet und die Quoten ab 2014/15 abgeschafft werden, muss rechtzeitig dafür Vorsorge getroffen werden, dass sich dadurch die Rahmenbedingungen nicht dramatisch verschlechtern", forderte heute der Obmann der ARGE Bergbauernfragen in der Landwirtschaftskammer Österreich, Franz Eßl, vor Journalisten in Wien. Das Lebensministerium solle in einer Studie die Auswirkungen einer Milchproduktion ohne Quoten darstellen und mögliche alternative Unterstützungsmaßnahmen klären. So könnte etwa eine Milchkuhprämie für das Berggebiet eingeführt werden.

In Österreich erhalten knapp 102.000 Betriebe eine Bergbauern-Ausgleichzulage im Benachteiligten Gebiet. Der Grüne Bericht über das Jahr 2006 zeigt zwar für die Bergbauernbetriebe mit landwirtschaftlichen Einkünften von rund EUR 15.185,- je Arbeitskraft und Jahr eine positive Entwicklung, der Abstand zu den Nicht-Bergbauernbetrieben hat sich allerdings auf 20% vergrößert. Generell liegen die Einkommen der Landwirtschaft deutlich unter dem allgemeinen Einkommensniveau, das im Durchschnitt bei rund EUR 26.000,- und Jahr liegt. Die Milchproduktion ist laut statistischen Auswertungen nach wie vor das wirtschaftliche Rückgrat der Bergbauern. Rund zwei Drittel der österreichischen Milchkühe werden in den Berggebieten gehalten. Der weitaus größte Teil der Markterlöse dieser Betriebe ist der Rinderhaltung zuzuordnen.

Rechtzeitig Vorschläge auf EU-Ebene präsentieren
Bekanntlich zeichnet sich derzeit innerhalb der EU keine Mehrheit für die Aufrechterhaltung der Milchquotenregelung über das Jahr 2015 hinaus ab. "Das mögliche Auslaufen der Quoten verlangt auch in der Zukunft wirtschaftliche Rahmenbedingungen, die der Milchproduktion in den Berggebieten eine ökonomische Grundlage sichern. Die ARGE Bergbauernfragen fordert daher eine fundierte Analyse sowie darauf aufbauend eine intensive Auseinandersetzung über wirksame Instrumente zur Erhaltung der Milchproduktion in den Berggebieten", unterstrich Eßl. Dies könnte beispielsweise eine kräftige Unterstützung durch Vermarktungsmaßnahmen für Bergbauernprodukte beziehungsweise eine spezielle Grünlandprämie oder eine Milchkuhprämie für das Berggebiet sein. Diese Diskussion müsse auf nationaler und auf EU-Ebene ab sofort intensiv geführt werden, damit rechtzeitig konkrete Ergebnisse vorliegen.

Quotensystem hat für stabilen Markt gesorgt
Der Obmann warnte in diesem Zusammenhang davor, die Quotenfrage nur im aktuellen Licht zu sehen: Derzeit seien aufgrund der außergewöhnlichen Situation auf dem Weltmarkt (sinkende Milchproduktion aufgrund von Witterungsextremen und leere Interventionslager bei gleichzeitig steigender Nachfrage) höhere Preise am Milchmarkt festzustellen. Dies könne sich aber wieder ändern, wenn etwa Ozeanien als wichtigster Exporteur wieder über eine normale Erzeugung verfüge. Daher soll man nicht außer Acht lassen, dass die Quoten in den vergangenen Jahren für einen stabilen Markt gesorgt haben.

Bergbauernpolitische Schwerpunkte in der Ländlichen Entwicklung wichtig
Eßl wies auch auf die große Bedeutung des neuen Programms für die Ländliche Entwicklung in der Periode 2007 bis 2013 hin. Dieses enthalte wichtige spezifische Instrumente für die Berglandwirtschaft wie die Ausgleichszulage sowie die Maßnahmen aus dem Umweltprogramm (Offenhaltung der Kulturlandschaft und Prämien für die Bergmähder sowie die Alpungsprämien). Dank der Bemühungen von Bundesminister Josef Pröll und des ehemaligen Bundeskanzlers Wolfgang Schüssel gebe es hier mehr Mittel aus Brüssel als bisher, so der Obmann.

Nach dem derzeitigen Plan der EU-Kommission wird das österreichische Programm im September den zuständigen Ausschuss passieren, in dem die Mitgliedstaaten vertreten sind, in der Folge gibt es dann die formelle Entscheidung der Kommission und damit die endgültige Zusage für die Umsetzung. Die österreichischen Verhandlungen mit Brüssel waren in den vergangenen Monaten außerordentlich schwierig. Es mussten die neuen höheren und komplexeren Anforderungen im Umweltprogramm berücksichtigt werden, ebenso waren die generellen Schwerpunkte des Programms in eine neue Balance zu bringen, um den Regeln der EU zu entsprechen. Auch die bisherige Leader-Gemeinschaftsinitiative wird im Rahmen des Programms abgewickelt.

"Die österreichischen Vertreter haben sehr gute finanzielle Rahmenbedingungen für die Ländliche Entwicklung erkämpft. Nun gilt es zu beweisen, dass die einzelnen Maßnahmen auch praxisgerecht umgesetzt werden können. Es soll nicht verschwiegen werden, dass die Komplexität zugenommen hat und dies auch bei der Umsetzung in der Praxis zu beachten sein wird", stellte Eßl fest.

Bergbauern erhalten alpinen Lebens- und Erholungsraum für die Gesellschaft
"Die Bedeutung der Bergbauern geht weit über die Erzeugung von Lebensmitteln hinaus, sie erhalten mit der nachhaltigen Bewirtschaftung den alpinen Lebens- und Erholungsraum. Bergbauernpolitik ist daher nicht nur ein Teil der Agrarpolitik, sie ist von großer Tragweite für die Gesellschaft insgesamt", unterstrich der Obmann, der auch Präsident der LK Salzburg ist.

Die 1952 gegründete ARGE Bergbauernfragen will sich in den kommenden Monaten aktiv bei bergbauernpolitischen Weichenstellungen einbringen. Dies gilt neben der Ländlichen Entwicklung auch für den sogenannten Health-Check der Gemeinsamen Agrarpolitik. Auch die Abgrenzung der Sonstigen Benachteiligten Gebiete steht auf dem Prüfstand. Weiters soll die Produktion erneuerbarer Energie forciert und zu einem weiteren Einkommensstandbein aufgebaut werden.
 
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