Dresdner Strömungsmechaniker hat den Bogen raus -
Dresden (idw) - Wenn am 1. September 225 Waldhörner der ältesten Metallblasinstrumenten-
manufaktur Deutschlands ein Jubiläumsständchen im Mainzer Stadtpark spielen werden, ist das gleichzeitig
auch ein Signal zum Umdenken. Roger Grundmann, Professor für angewandte Aerodynamik der TU Dresden, bläst
nämlich anschließend mit einem Festvortrag zum Angriff auf den altehrwürdigen Musikinstrumentenbau.
Schon zum zweiten Mal ist er dabei, ein Musikinstrument mit Erkenntnissen der Strömungsmechanik zu revolutionieren,
seine Spielbarkeit zu erleichtern und damit attraktiver gerade auch für jüngere Musikschüler zu
machen.
Unlängst hatte Roger Grundmann das Fagott, ein Holzblasinstrument, untersucht und probeweise den doppelten
S-Bogen des Anblasrohrs begradigt. Labormessungen bestätigten seine Vermutung: durch die verminderte Luftreibung
spielte sich das Instrument nun leichter: der Anblasdruck war geringer, die Töne stabiler, der unnachahmliche
Klang des Instruments blieb jedoch erhalten. Den strömungsmechanisch optimierten Anblas-Bogen des Instruments
nutzen inzwischen viele Anfänger, aber auch professionelle Orchestermusiker.
Eine ähnliche Idee steht auch bei der Veränderung der metallenen Ventilbögen des Waldhorns, das
mehr oder minder seit gut 200 Jahren unverändert als Ventilhorn gebaut wird, im Vordergrund. Die historische
Form der runden, verschlungenen Bögen ist einer rechteckigen Anordnung gewichen, die die ästhetisch strenge
Form der 'Maschine', also des eigentlichen Instrumentenkorpus', aufnimmt. Die kurzen Biegungen und die langen geraden
Strecken, die die Luft in diesen Bögen zurücklegen muss, verhindern ungewünschte Verwirbelungen
und vermindern so die Reibung. Der Effekt: das Instrument lässt sich mit den neuen Grundmann-Bögen leichter
spielen, ohne dass eine Klangveränderung hörbar wäre.
Europäische Instrumentenbauer sind, das hat Grundmann beobachtet, zwar eher zurückhaltend, was Änderungen
der teils jahrhundertealten Baupläne der Instrumente betrifft. Der Erfolg des Fagottbogens gibt Grundmann
jedoch recht - im Endeffekt ist es schließlich der Kunde, also der Instrumentalist, der über Wohl oder
Wehe der Neuerungen entscheidet. Und da ist sich der Wissenschaftler sicher: "Wir hören uns wieder". |