OeNB-Direktor Ittner: „Banken müssen den demografischen Wandel
in ihre Strategien einbeziehen.“
Wien (oenb) - Anlässlich eines Vortrags beim Alpbacher Bankenseminar am 27.08. präsentierte
Direktor Mag. Andreas Ittner (Oesterreichische Nationalbank – Hauptabteilung für Finanzmarktstabilität
und Bankenaufsicht) die Ergebnisse der Analysen der OeNB zum Thema: „Ageing und seine Auswirkungen auf Banken und
Bankstrategien“.
Der demografische Wandel hat Auswirkungen auf das Bankgeschäft der Zukunft. Die größten Veränderungen
ergeben sich voraussichtlich durch starke Veränderungen der Nachfrage nach Bankdienstleistungen im Privatkundenbereich
sowie durch den Abwärtsdruck auf die Ertragslage der Banken. Die Banken passen bereits im Dialog mit der OeNB
ihre Strategien an, wodurch sich aus Sicht der OeNB kein unmittelbarer Handlungsbedarf für die Finanzmarktregulierung
ergibt.
Die OeNB-Analyse und Diskussion mit namhaften internationalen Banken zeigt:
Innovative Neugestaltung der Produktpalette und Vertriebswege der Banken notwendig
- Verschiebung der Nachfrage von traditionellen Bankprodukten hin zu Produkten der privaten Altersvorsorge:
Der heute schon bestehende Trend zu Investmentfonds und anderen kapitalmarktnahen Produkten auf Kosten
des Sparbuchs wird sich durch den Bevölkerungswandel und den polit-ökonomischen Druck auf das öffentliche
Pensionssystem noch verstärken. Kredite und Einlagen werden Teil des Leistungsspektrums bleiben, jedoch nicht
länger Kern der Kundenbeziehung sein. Im Angebot werden vermehrt integrierte Produkte und Dienstleistungen
(d. h. Lösungen zur Vermögensverwaltung, garantierte Produkte, Annuitäten), umfassende Beratungsleistungen
(z. B. zur Abwicklung von Erbschaften) und nichtfinanzielle Dienstleistungen (z. B. Kranken- und Pflegeversicherung)
enthalten sein.
- Stärkere Differenzierung der Vertriebswege – „Revival der Filialen“: Qualifizierte, persönliche
Beratung für komplexe Produkte in Kundennähe gewinnt stark an Bedeutung. Um Ressourcen für die Schaffung
neuer Vertriebskapazitäten zu schaffen, werden Banken standardisierte Bankdienstleistungen noch stärker
automatisiert anbieten. Im Zentrum der Kundenbeziehung steht die lebensbegleitende Betreuung in allen finanziellen
Angelegenheiten. Dies führt zu einem Umdenken in der Filialstrategie der Banken. Wurden Filialen in den letzten
Jahren vor allem als Kostenfaktor gesehen, so tritt jetzt ihre Rolle als Vertriebskanal und Beratungszentrum in
den Vordergrund.
Druck auf Rentabilität bewirkt verstärktes Kostenbewusstsein und Ausbau des Ertrags aus dem Provisions-
und Beteiligungsgeschäft
Die Rentabilität gerät von mehreren Seiten unter Druck: Durch erhöhten Wettbewerb der Banken mit
Versicherungen, Investmentfonds und anderen Finanzintermediären sinken die Margen. Die höhere Beratungsintensität
erfordert qualifiziertes Personal, wodurch die Personalkosten steigen können. Das erhöhte Kostenbewusstsein
der Banken führt zur verstärkter Standardisierung und Automatisierung traditioneller Bankdienstleistungen
(z. B. Zahlungsverkehr, Internet Banking). Die Verschiebung zu strukturierten Produkten bewirkt einen Anstieg des
Ertrags aus dem Provisionsgeschäft. Die Beteiligungen der österreichischen Banken an Pensionskassen und
Mitarbeitervorsorgekassen unterstützen den Ertrag aus dem Beteiligungsgeschäft. Insgesamt wird sich der
Trend von den Zinserträgen zu den zinsunabhängigen Erträgen verstärken.
Schlussfolgerungen für die Aufsicht
Neue Produkte können auch neue Risiken bergen: Produktinnovationen können zu höheren Reputationsrisiken
und zu operationalen Risiken führen. Angesichts des verschärften Drucks auf die Rentabilität könnte
der eine oder andere Marktteilnehmer versucht sein, erhöhte Risiken in Kauf zu nehmen.
OeNB-Direktor Ittner: „Um den aufgezeigten Entwicklungen gewachsen zu sein, bedarf es verstärkter Bemühungen
der Banken, Maßnahmen der Corporate Governance, der Compliance und des Risikomanagements aktiv zu leben.
Unter diesen Voraussetzungen ergibt sich kein unmittelbarer Handlungsbedarf für die Aufsicht.“
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