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Nestroys "Der Talisman" |
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Premiere am 15. September 2007 um 19 Uhr im Landestheater Salzburg Salzburg (landestheater) - "Der Talisman" wurde 1840 im Theater an der Wien uraufgeführt. Johann Nestroy (1801-1862) spielte den Titus. Das Stück beruht auf der Vaudeville-Komödie "Bonaventure", die Nestroy vermutlich durch die "Allgemeine Wiener Theaterzeitung" kannte. In der zweitklassigen französischen Vorlage sah Nestroy eine Chance, seine Kritik an der Oberflächlichkeit und Intoleranz einer Gesellschaft, die sich in der Liebe zum Geld und im Hass auf Andersartige einig ist, anzubringen. In seinen über 60 Stücken schuf er mit der Figur des Titus Feuerfuchs eine der menschlichsten und sympathischsten. Der muss ja auch niemanden betrügen - die Gesellschaft betrügt sich schon selbst. Den vazierenden Barbiergesellen Titus Feuerfuchs hat die Natur mit feuerrotem Haar beschenkt, ein Danaergeschenk freilich, da ihm eher eine Last. Wie auch seiner Schicksalsgenossin, der Gänsehüterin Salome Pockerl, die wie er ihr junges Leben am Rande der Gesellschaft führt. Vorurteile und Misstrauen zeigen sich auf Schritt und Tritt und wo immer Titus seine Dienste anbietet. Dabei mangelt es ihm keineswegs an Selbstbewusstsein und beherztem Auftreten, beispielsweise als Lebensretter eines Friseurs mit dem schönen Namen Marquis, der ihm sein beherztes Einschreiten mit einer Perücke dankt. Sie wird für ihn zum Talisman für seinen Aufstieg in die Welt der Besseren und Blaublütigen, sie bringt ihn aber auch auf den Boden der Tatsachen zurück, und die könnten in Form einer sich anbahnenden Erbschaft gar nicht so unerfreulich sein. Aber was letztlich zählt: nicht Geld und Haarfarbe, sondern die Liebe seiner Salome, der einzigen Person, die ihn bedingungslos und vorurteilsfrei nimmt, wie er ist. Hier ein persönliches Bekenntnis: Ich glaube, dass Zivilisation bedeutet, immer mehr Menschen in den engen Kreis der Familie aufzunehmen. Sozusagen immer mehr Menschen und Lebewesen als uns verwandt und daher schützenswert zu deklarieren. Unser tierisches Erbe können wir nur zähmen und zügeln, wenn wir es als solches erkennen. Im Tierreich wird anders sein mit dem Tod bestraft. Da wird die Herde zur grausamen Meute. Das Tierreich mit seinem Gruppen- oder Herdenverhalten wird oft die Bühnenaktion bestimmen. Zivilisation contra Animalität, das ist das Thema. Titus ist wie ein Chamäleon. Mit jeder Frisur wechselt er den Charakter, den Körper, die Stimme. Er ist handfester Gärtner, ein jagender Jäger, ein Wolfshund, ein blonder, esoterischer, haltloser, schwächlicher, sexloser potentieller Mörder. Aber auch ein potentieller Revoluzzer und ein potentieller Aufsteiger. Er sieht die Welt sehr klar, sieht seine Aktionen sehr klar. Sicher hat er mit allen drei Witwen Sex. So einen Tag hat er noch nie erlebt. Er ist ein Verwandter von Figaro. Eine echte Charakterfigur. Vom Intellekt her kann ihm keiner das Wasser reichen. Aber der Marquis ist auch ziemlich clever und tatkräftig - nur Titus ist handlungsfähiger als er. Auch er ein Emporkömmling, die gleiche Branche wie Titus. Dann gibt's bei den Männern noch zwei richtige Komödientypen: den strohdummen Bierversilberer Spund und Plutzerkern, der ein bisschen was vom Schwejk an sich hat. Und Nestroy hat auch wunderbar komische Frauentypen geschaffen: Alle sind Rivalinnen, nicht besonders gescheit, aber schlaue Strateginnen in Sachen Männerfang. Beverly Blankenship Posse mit Gesang in drei Akten von Johann Nepomuk Nestroy Musik von Adolf Müller Inszenierung: Beverly Blankenship Bühnenbild: John Lloyd Davies Kostüme: Susanne Hubrich Musikalische Beratung: Peter Ewaldt Aktuelle Couplet-Texte: Manfred Koch Titus Feuerfuchs, ein vazierender Barbiergeselle: Daniel Keberle Frau von Cypressenburg, Witwe: Susanna Szameit Emma, ihre Tochter: Melanie Kogler Constantia, ihre Kammerfrau, ebenfalls Witwe: Franziska Sörensen Flora Baumscheer, Gärtnerin, ebenfalls Witwe: Britta Bayer Plutzerkern, Gärtnergehilfe: Werner Friedl Monsieur Marquis, Friseur: Torsten Hermentin Spund, ein Bierversilberer: Gerhard Peilstein Salome Pockerl, Gänsehüterin: Elisabeth Nelhiebel Landjugend, Gärtnergehilfen, Bedienstete: Nora Backhaus, Claudia Gäbel, Elena Schmidt, Dennis Junge, Alexandre Pierre Akkordeon: Sigrid Gerlach-Waltenberger Informationen: http://www.salzburger-landestheater.at/ |
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